Neue Rechtslage (Portugal): Gewährleistungsrechte beim Kauf

Gewährleistungsrechte beim Kauf

Mit 1.1.2022 gelten in Portugal neue Gewährleistungsrechte beim Kauf von beweglichen und unbeweglichen Sachen. Die neue Rechtslage findet Anwendung auf Verbrauchsgüterkäufe. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau fasst das Wichtigste in zwei Beiträgen zusammen. Im ersten geht es um den Kauf von beweglichen Sachen.

 

A. Verbrauchsgüterkauf

Bei einem Verbrauchsgüterkauf ist der Käufer ein Verbraucher. Verbraucher ist jede natürliche Person, die nicht in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit die Sache kauft. Beispiel: Miguel kauft ein Paar Sportschuhe in Faro, die er zum Joggen verwendet. Verkäufer muss ein Unternehmer sein. Unternehmer ist jede natürliche oder juristische Person, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit die Sache verkauft. Beispiel: Verkäufer der Sportschuhe im genannten Beispiel ist die Sapatos Desportivos Lda., die ein Schuhgeschäft betreibt.

B. Kauf von beweglichen Sachen

1. Vorliegen einer Vertragswidrigkeit (Mangel)
Das neue Gewährleistungsrecht beim Kauf von beweglichen Sachen regelt die Ansprüche des Käufers (Verbrauchers) bei Mängeln an der Sache. Der Verbraucher muss dabei beweisen, dass ein Mangel vorliegt. Das Gesetz unterscheidet zwischen subjektiven und objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit. Waren entsprechen dem Kaufvertrag, wenn sie a) hinsichtlich der Beschreibung, der Art, der Menge und der Qualität den Anforderungen entsprechen, die sich aus dem Kaufvertrag ergeben; b) sich für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck eignen; c) wie im Kaufvertrag bestimmt mit sämtlichem Zubehör und Anleitungen geliefert werden und d) wie im Kaufvertrag bestimmt, Aktualisierungen erhalten. Zusätzlich müssen die Waren e) für die Zwecke geeignet sein, für die Waren der gleichen Art i.d.R. gebraucht werden; f) soweit anwendbar, der Qualität und der Beschreibung einer Probe oder eines Musters entsprechen; g) soweit anwendbar, mit solchem Zubehör einschließlich Verpackung, Montage- oder Installationsanleitungen und anderen Anleitungen geliefert werden, deren Erhalt der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann und h) hinsichtlich ihrer Menge, Qualität und sonstigen Merkmale dem entsprechen, was bei Waren der gleichen Art üblich ist und was der Verbraucher in Anbetracht der Art der Waren und unter Berücksichtigung öffentlicher Erklärungen, die vom Verkäufer insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden, vernünftigerweise erwarten kann. Der Mangelbegriff wurde zum Schutz des Verbrauchers weit gefasst.

2. Haftung des Verkäufers bei beweglichen Sachen
Der Verkäufer (Unternehmer) haftet dem Verbraucher für jede Vertragswidrigkeit, die zum Zeitpunkt der Lieferung der Waren besteht und innerhalb von drei Jahren (bisher zwei Jahre) nach diesem Zeitpunkt offenbar wird. Ist Gegenstand des Kaufes eine gebrauchte Sache, können die Vertragsparteien vereinbaren, dass die genannte Gewährleistungsfrist von drei Jahren auf 18 Monate reduziert wird. Die genannte Frist von drei Jahren wird durch die Mitteilung des Verbrauchers gegenüber dem Verkäufer, dass ein Mangel vorliegt bis zur Beseitigung des Mangels ausgesetzt. Bei Vertragswidrigkeiten, die innerhalb von zwei Jahren nach Lieferung der Waren offenbar werden, wird vermutet, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden haben, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Waren oder der Art der Vertragswidrigkeit unvereinbar. Wurde eine Reduzierung der Frist bei gebrauchten Sachen auf 18 Monate vereinbart, beträgt die Frist für die Vermutungsregel ein Jahr. Wird demnach ein Mangel innerhalb von zwei Jahren (bzw. 18 Monaten) festgestellt, muss der Verbraucher nicht beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe der Sache vorlag.

3. Abhilfen bei Vertragswidrigkeit
Bei Vertragswidrigkeit ist der Verbraucher berechtigt, entweder a) die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes der Waren zu verlangen (Reparatur oder Ersatzlieferung) oder eine b) anteilige Minderung des Preises zu erhalten oder c) den Vertrag zu beenden. Der Verbraucher ist jedoch grundsätzlich verpflichtet, zunächst die Reparatur oder Ersatzlieferung zu verlangen, d. h. diese beiden Abhilfen haben Vorrang. Anders als im deutschen Recht war dieser sog. Vorrang der Nacherfüllung dem portugiesischen Recht bisher fremd, da der Verbraucher vor dem 1.1.2022 noch frei wählen konnte, ob er etwa die Reparatur der Sache verlangt oder direkt vom Vertrag zurücktritt. Sollte die Vertragswidrigkeit allerdings innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab der Übergabe der Sache auftreten, kann der Verbraucher auch nach der neuen Rechtslage sofort eine Ersatzlieferung verlangen oder den Vertrag beenden.

Der Verbraucher kann ausnahmsweise nicht frei zwischen Reparatur oder Ersatzlieferung wählen, sollte die gewählte Abhilfe unmöglich sein oder dem Verkäufer im Vergleich zu der anderen Abhilfemöglichkeit unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen. Ferner kann der Verkäufer ausnahmsweise die Reparatur und auch die Ersatzlieferung verweigern, wenn ihm beide Abhilfen unmöglich sind oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würden. Der Verbraucher kann in diesem Falle den Preis mindern oder den Vertrag beenden (Rücktritt). Außerdem stehen dem Verbraucher diese beiden letztgenannten Abhilfen zu, wenn a) der Verkäufer die Reparatur oder die Ersatzlieferung nicht oder nicht gesetzeskonform vorgenommen hat, b) eine Vertragswidrigkeit auftritt, obwohl der Verkäufer versucht hat, den vertragsgemäßen Zustand der Waren herzustellen, c) die Vertragswidrigkeit derart schwerwiegend ist, dass eine sofortige Preisminderung oder eine Beendigung des Kaufvertrages gerechtfertigt ist oder d) der Verkäufer erklärt hat oder nach den Umständen offensichtlich ist, dass er den vertragsgemäßen Zustand der Waren nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder nicht unerhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher herstellen wird. Der Verbraucher hat hingegen keinen Anspruch auf die Beendigung des Vertrages, wenn die Vertragswidrigkeit nur geringfügig ist. Die Beweislast dafür, ob es sich um eine geringfügige Vertragswidrigkeit handelt, trägt der Verkäufer. Der Verbraucher ist berechtigt, die Zahlung eines ausstehenden Teils des Preises oder eines Teils davon so lange zurückzuhalten, bis der Verkäufer seine Verpflichtungen erfüllt hat. Dem Verbraucher steht auch dann ein Anspruch auf Reduzierung des Kaufpreises oder auf Beendigung des Vertrages zu, sollte die Sache infolge ihres vertragswidrigen Zustandes ohne sein Verschulden untergegangen sein.

Die vier genannten Ansprüche des Verbrauchers (Abhilfen) verfallen nach dem Ablauf von zwei Jahren nachdem der Verbraucher dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit mitgeteilt hat. Allerdings wird die genannte Zweijahresfrist in folgenden Situationen ausgesetzt: a) vom Zeitpunkt der Bereitstellung der Sache durch den Verbraucher zwecks Reparatur oder Ersatzlieferung durch den Verkäufer bis zur Beseitigung des Mangels und Zurverfügungstellung der Sache zugunsten des Verbrauchers; b) während des Zeitraumes des Versuches einer außergerichtlichen Beilegung des Rechtsstreits, wobei dieser Zeitraum mit dem Eintritt einer der folgenden Ereignisse beginnt: I) vereinbart wird, dass die Streitigkeit einer Mediation oder einer sonstigen Form der außergerichtlichen Konfliktlösung unterworfen wird; II) der Versuch der außergerichtlichen Konfliktlösung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens beschlossen wird, III) vereinbart wird, dass die Parteien verpflichtet sind, eine außergerichtliche Konfliktlösung in Anspruch zu nehmen.

Für die Zwecke der Reparatur oder Ersatzlieferung hat der Verbraucher dem Verkäufer die Sache zur Verfügung zu stellen. Die damit einhergehenden Kosten trägt allerdings der Verkäufer. Die Reparatur oder Ersatzlieferung der Sache hat wie folgt zu erfolgen: a) unentgeltlich, b) innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Verkäufer über die Vertragswidrigkeit unterrichtet hat, und c) ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher, wobei die Art der Waren sowie der Zweck zu berücksichtigen sind. Die Frist für die Reparatur oder Ersatzlieferung darf nicht 30 Tage überschreiten. Nur ausnahmsweise steht dem Verkäufer eine längere Frist zu, wenn er nachweist, dass die Reparatur oder die Ersatzlieferung aufgrund der Eigenschaften des Mangels oder sonstiger Umstände nicht innerhalb 30 Tage vorgenommen werden kann. Im Falle einer Reparatur profitiert die reparierte Sache von einer zusätzlichen Gewährleistungsfrist von sechs Monaten für jede Reparatur, bis zu insgesamt vier Reparaturen. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Verbraucher bei der Übergabe der reparierten Sache darüber zu informieren. Erfordert die Nachbesserung die Entfernung von Waren, die entsprechend ihrer Art und ihrem Zweck montiert oder installiert wurden, bevor die Vertragswidrigkeit offenbar wurde, so umfasst die Pflicht zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung die Entfernung der nicht vertragsgemäßen Waren und die Montage oder Installierung der Ersatzwaren oder der nachgebesserten Waren oder die Übernahme der Kosten dieser Entfernung und Montage oder Installierung. Bei einer Ersatzlieferung beginnt eine neue Gewährleistungsfrist, als handele es sich um den ersten Kauf. Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, für die normale Verwendung der ersetzten Waren in der Zeit vor ihrer Ersetzung zu zahlen.

Macht der Verbraucher eine Preisminderung gelten, so bemisst sich diese nach dem Verhältnis, in dem der verminderte Wert der vom Verbraucher entgegengenommenen Waren zu dem Wert steht, den die Waren gehabt hätten, wenn sie vertragsgemäß gewesen wären.

Übt der Verbraucher sein Recht auf Beendigung des Vertrages aus, so muss er seinen Entschluss durch eine Erklärung an den Verkäufer zum Ausdruck bringen. Bezieht sich die Vertragswidrigkeit nur auf einen Teil gelieferter Waren und besteht ein Grund für die Beendigung des Kaufvertrages, so kann der Verbraucher den Kaufvertrag in Bezug auf diese Waren beenden sowie in Bezug auf andere Waren, die er zusammen mit Ersteren erworben hat, sofern vom Verbraucher nicht vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er akzeptiert, die vertragsgemäßen Waren zu behalten. Beendet der Verbraucher den Kaufvertrag insgesamt oder in Bezug auf einen Teil der gelieferten Waren, gilt folgendes: a) der Verbraucher hat dem Verkäufer die Waren auf dessen Kosten zurückzugeben, und b) der Verkäufer hat dem Verbraucher den gezahlten Preis zu erstatten, sobald er die Waren erhält oder der Verbraucher einen Nachweis erbringt, dass er die Waren zurückgesandt hat. Der Verkäufer ist verpflichtet, die Erstattung des Kaufpreises über die gleiche Zahlungsmodalität vorzunehmen, die der Verbraucher beim Kauf verwendet hat, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren einen anderen Zahlungsweg, solange dem Verbraucher durch die Erstattung keine Kosten entstehen. Der Verkäufer ist außerdem verpflichtet, dem Verbraucher innerhalb von 14 Tagen ab der Mitteilung über die Vertragsbeendigung alle Zahlungen zu erstatten, einschließlich der Kosten der Übergabe der Sache. Unbeschadet dessen und vorbehaltlich der Situationen, in denen der Verkäufer verpflichtet ist, die Sache abzuholen, kann der Verkäufer die Erstattung der genannten Zahlungen verweigern, solange ihm die Sachen nicht zurückgegeben wurden bzw. der Verbraucher den Nachweis der Versendung nicht erbracht hat. Sollte die Sache eingebaut worden sein, ist der Verkäufer verpflichtet, den Ausbau auf eigene Kosten zu veranlassen.

Wichtig ist auch, dass der Hersteller der Waren (dabei muss es sich nicht um den Verkäufer handeln) verpflichtet ist, dem Verbraucher Ersatzteile, die für eine Reparatur der Ware notwendig sind, über einen Zeitraum von zehn Jahren ab der Einfuhr des letzten Warenstücks auf den Markt bereitzustellen. Dabei ist der Verkäufer verpflichtet, den Verbraucher über die Existenz und über den Zeitraum der Verfügbarkeit von Ersatzteilen zum Zeitpunkt des Kaufes der Ware zu informieren.

Nach oben scrollen