Ende 2019 lebten laut Auslandschweizerstatistik 4541 Schweizer und Schweizerinnen in Portugal, Tendenz steigend. Der Experte im Erbrecht, Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert, wie ein Schweizer in Portugal vorsorgen kann und was zu beachten ist.
1. Gibt es für in Portugal lebende Schweizer eine Wahlmöglichkeit zwischen portugiesischem und Schweizer Erbrecht?
Ja. Auf den Nachlass von Schweizern, die zum Zeitpunkt ihres Todes ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal haben, ist grundsätzlich das portugiesische Erbrecht anwendbar. Dies kann der Schweizer Erblasser jedoch durch eine Rechtswahl zugunsten des Schweizer Erbrechts im Rahmen seiner wirksamen letztwilligen Verfügung abwenden und so dafür sorgen, dass sein Nachlass dem Schweizer Erbrecht unterfällt.
2. Wie bemisst sich der Umfang des Nachlasses in beiden Rechtsordnungen?
Der Nachlass besteht sowohl im portugiesischen als auch im Schweizer Erbrecht aus der Gesamtheit der Vermögenswerte (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers. Ergo haften Erben für die Schulden des Erblassers und die Erfüllung der im Testament angeordneten Vermächtnisse. Während im portugiesischem Recht die Erbenhaftung auf den Wert des Nachlasses begrenzt ist, haftet der Erbe im Schweizer Recht hingegen grundsätzlich unbeschränkt, also mit dem eigenen Vermögen, für die zum Erbe gehörende Verbindlichkeiten. Dieser Unterschied kann bei verschuldeten Nachlässen ein Grund sein, das portugiesische Erbrecht zur Geltung kommen zu lassen, um zu vermeiden, dass die Erben persönlich für die Verbindlichkeiten haften.