Internationales Erbrecht: Portugal-Deutschland

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JANUAR 2010: Internationales Erbrecht: Portugal-Deutschland. Für eine richtige Nachlassplanung, die dem Willen des Erblassers entspricht und für die nach dem Ableben des Erblassers sich anschließende Nachlassabwicklung ist die Kenntnis des geltenden Erbrechts von maßgeblicher Bedeutung. Da es in Europa kein einheitliches Erbrecht gibt, ist bei deutsch-portugiesischen Erbfällen die Kenntnis sowohl des deutschen als auch des portugiesischen Erbrechts unentbehrlich. Rechtsanwalt Dr. Rathenau, der bereits mehrere Vorträge zum Erbrecht gehalten hat, fasst das Wichtigste zusammen.

Die Erstellung eines Testaments, die gesetzliche Erbfolge, die Ausschlagung der Erbschaft, der Erbverzicht, der Umfang des Nachlasses, die Art des Erwerbers des Nachlasses, die Haf-tung für Nachlassverbindlichkeiten, die Rechte und die Pflichten der Miterben, das Pflicht-teilsrecht und andere Kernbereiche des Erbrechts bestimmen sich nach dem Recht des Staa-tes, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hatte. Deshalb findet deutsches Erbrecht in Portugal Anwendung, wenn der Erblasser Deutscher zum Zeit-punkt seines Todes war. Das deutsche Erbrecht unterscheidet sich wesentlich vom portugie-sischen Erbrecht. In der Praxis kommt es daher immer wieder zu fehlerhaften Grundbuchein-tragungenim Rahmen der Nachlassabwicklung. Von den portugiesischen Behörden, Notaren und Gerichten kann selbstverständlich nicht verlangt werden, dasssie das deutsche Erbrecht kennen. Deshalb müssen sie vom anderslautenden deutschen Erbrecht überzeugt werden. Sowohl der deutsche Erblasser als auch der Erbe von in Portugal belegenemVermögen sollte einen sachkundigen Berater konsultieren.Das gilt natürlich auch für u.a. Österreicher und Schweizer, da deren nationales Erbrecht in Portugal zur Anwendung kommt.Für den Erblasser, der in Portugal Vermögenswertebesitzt, sind folgende Schritte für eine wirksame Nachlassplanung relevant:

  • a) Vermögensverzeichnis: Der erste Schritt besteht in der Aufstellung eines Vermögensver-zeichnisses der in Portugal belegenen Vermögenswerte (Immobiliarvermögen, Bankkonten, Kraftfahrzeuge etc.).

  • b) Überprüfung des Grundbuches: Prüfung, ob der Erblasser im portugiesischen Grundbuch ordnungsgemäß als Eigentümer eingetragen ist. InZweifelsfällen sollte ein entsprechender Auszug aus dem Eigentumsregister angefordert und der ursprüngliche Kaufvertrag anwaltwww.anwaltlich überprüft werden. Deutsche Ehegatten werden in Portugal wiederholt hinsichtlich der Auswirkung ihres ehelichen Güterrechts nicht oder falsch beraten. Deutsche Ehegatten, die keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, leben im deutschen gesetzlichen Güterstand. Dieser Güterstand heißt „Güterstand der Zugewinngemeinschaft“. Anders als im portugiesi-schen gesetzlichen Güterstand („Regime de Comunhãode Adquiridos“) erwirbt nur derjenige Ehegatte Eigentum an der jeweiligen Immobilie, der den Kaufvertrag unterschreibt. Hat z.B. nur der Ehemannden Kaufvertrag vor dem Notar unterschrieben, hat nur er Eigentum erworben. Daran ändert sich auch nichts, falls die Ehefraufälschlich als Miteigentümerinin das portugiesische Grundbuch eingetragen wurde. Auch dann erwirbt nur der unterzeichnende Ehemann Eigentum, wenn die Ehegatten im Kaufvertrag (und im Grundbuch) als in der portugiesischen Gütergemeinschaft lebend („Regime da Comunhão Geral“) bezeichnet werden. Vielmehr muss dann das Grundbuch berichtigt werden.

  • c) Schenkung unter Lebenden? Da in Portugal zurzeitkeine Schenkungsteuer zwischen Ehe-gatten, faktische Lebensgemeinschaften und nahe Verwandten erhoben wird (siehe ESA 09/2009), stellt sich die Frage, ob nicht bereits zu Lebzeiten des Erblassers eine Übertragung von in Portugal belegenen Vermögenswerten sinnvoll ist. Nicht nur aus steuerrechtlicher Sicht, sondern auch aus Gründen der Rechtssicherheit ist in vielen Fällen eine Schenkung ratsam, anstatt das Vermögen zuvererben. Der Schenker kann sich das lebenslange Nutzungsrecht an der Immobilie durchdie Einräumung eines Nießbrauchrechts sichern.

  • d) Vollmachten: Regelmäßig empfiehlt sich die Einräumung von notariellen Vollmachten zu Gunsten von Vertrauenspersonen, die zum Beispiel auch in Fällen schwerer Krankheit des Erblassers für diesen Vermögensverfügungen vornehmen können. In Betracht kommt auchdie Einräumung von Bankvollmachten für Vertrauenspersonen. Bei Eheleuten ist die Eröffnung von „Oder“-Konten mit alleiniger Verfügungsbefugnis eines jeden Ehegatten empfehlenswert.

  • e) Prüfung der Erbsituation: Überprüfung, ob ein Testament errichtet werden sollte. Durch die Errichtung eines Testaments können rechtsgeschäftliche Anordnungen über das Vermögen getroffen werden, die erst mit dem Tod des Verfügenden wirksam werden. In der Regel empfiehlt sich die Errichtung eines Testaments in Portugal. Dies gilt auch, wenn bereits ein deutsches Testament existiert. Wiederholt kommt es nämlich zu Problemenmit der Auslegung vondeutschen Testamenten, da portugiesische Behörden deutsches Recht nicht kennen. Portugiesische Testamente werden zur Sicherheit im zentralen Nachlassregister in Lissabon und beim Notar registriert. Dies schafft Rechtssicherheit in Bezug auf das Vermögen in Portugal. Obwohl das portugiesische Recht gemeinschaftliche Testamentevon Ehegatten verbietet, ist deren Errichtung in Portugal, z.B. in Form eines „Berliner Testaments“,möglich und wirksam, wenn die Eheleute die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Dann findet nämlich das deutsche Recht auf das Testament, sowohl hinsichtlich seiner Form als auch seines Inhalts, Anwendung. Wichtig ist auch, dass ein deutscher Erblasser den Ehegatten oder Verwandte enterben kann, obwohl das portugiesische Recht eine Enterbung naher Verwandter nicht zulässt. Von Bedeutung ist außerdem, dass bei deutschen Erblassernein Pflichtteilsanspruch nur in der Zahlung von Geld bestehen kann, während das portugiesische Erbrecht ein sogenanntes Noterbrecht vorsieht.

  • f) Vermächtnis? Bei Nachlassvermögen sowohl in Deutschland als auch in Portugal kann sich für das portugiesische VermögeneinVermächtnis empfehlen, d.h. die Zuwendung eines oder mehrerer in Portugal belegene Gegenstände (etwa ein Apartmentoder eine Briefmar-kensammlung) an eine bestimmte Person. Dies kann dann unabhängig von der für das Ver-mögen in Deutschland angeordneten Erbfolge geschehen.Da der Tod eines Menschen in rechtlicher Hinsicht besonders dann erhebliche Probleme aufwirft, wenn mehrere Rechtsordnungen -wie es z.B. bei deutsch-portugiesischen Erbfällen der Fall ist -ist inZweifelsfällen stets zu raten, einen sachkundigen Berater hinzuzuziehen.
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