Scheidungsrecht in Portugal

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FEBRUAR 2010: Scheidungsrecht in Portugal. Seit dem 1. Januar 2002 werden einvernehmliche Scheidungen zwischen Ehegatten in Portugal nicht mehr vor Gericht ausgetragen. Das portugiesische Scheidungsverfahren ist im euro-päischen Vergleich kostengünstig und unbürokratisch. Da auch Deutsche und andere EU-Staatsangehörige dieses Verfahren in Anspruch nehmen können, spricht Rechtsanwalt Dr. Rathenau von einem „Scheidungsparadies“.

Deutschland kann als ein „Registrierungsparadies für Lebenspartnerschaften“ bezeichnet werden, in dem ausländische gleichgeschlechtliche Paare ohne Inlandsbezug „heiraten“ können. Hingegen können sich Deutsche in Portugal, ohne dass beide Ehegatten in Portugal ansässig sein müssen, einvernehmlich scheiden lassen. Die einvernehmliche Scheidung in Portugal ist vergleichsweise kostengünstig und unbürokratisch. Sie wird vom Standesamt ausgesprochen. Die portugiesische Scheidungsurkunde wird außerdem in Deutschland und in allen anderen EU-Mitgliedstaaten automatisch anerkannt, d.h. in Deutschland wird nicht (nochmals) überprüft, ob die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen. Wer sich in Portugal scheiden lässt, gilt somit in allen anderen EU-Mitgliedstaaten als rechtmäßig geschieden.

Das Standesamt ist in Portugal auch dann für das einvernehmliche Scheidungsverfahren zuständig, wenn Kinder vorhanden sind. Sind minderjährige Kinder aus der Ehe hervorgegangen, steht der Staatsanwaltschaft jedoch ein Mitspracherecht zu. Der Staatsanwaltschaft obliegt die Genehmigung der Vereinbarung der Eltern über das Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht in Bezug auf das jeweilige minderjährige Kind. Dabei nimmt die Staatsanwaltschaft die Interessen des Kindes wahr, in dem sie darauf achtet, dass die Eltern keine dem Kind nachteiligen Regelungen treffen.
Die Intervention des Gerichts ist nur ausnahmsweise erforderlich. Letzteres ist zum einen der Fall, wenn ein Ehegatte den Scheidungsantrag bei Gericht (anstatt beim Standesamt) eingereicht hat und es im Rahmen des Gerichtsverfahrens zu einem Einvernehmen zwischen den Ehegatten kommt. Zum anderen ist das Gericht anzurufen, wenn die Staatsanwaltschaft die Vereinbarung der Eltern über die Sorge des Kindes nicht genehmigt und die Eltern den Gegenvorschlag der Staatsanwaltschaft zurückweisen.

Der Antrag auf einvernehmliche Scheidung ist vor dem Standesamt am Wohnsitz der Ehegatten oder vor einem anderen Standesamt, den die Eheleute gemeinsam bestimmen können, einzureichen. Der Antrag muss von den Ehegatten unterzeichnet werden. Von Bedeutung ist, dass die Ehegatten sich anwaltlich vertreten lassen können, falls sie sich im Ausland befinden. In Portugal kann man sich nämlich sowohl bei der Eingehung der Ehe (sog. Handschuhehe) als auch bei der Scheidung der Ehe anwaltlich vertreten lassen. Für die Scheidung von deutschen Ehegatten ist die Vorlage eines Gutachtens zum deutschen Recht notwendig. Besitzen die Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit, muss das portugiesische Standesamt deutsche Scheidungsrecht anwenden. Nach deutschem Recht liegen die Scheidungsvoraussetzungen bereits vor, wenn die Ehegatten seit über einem Jahr faktisch getrennt leben und beide erklä-ren, dass sie sich scheiden lassen möchten. Vorzulegen ist außerdem eine internationale Hei-ratsurkunde, da ohne eine wirksame Ehe auch keine Scheidung ausgesprochen werden kann. Sollte ein Ehevertrag (Gütertrennung oder Gütergemeinschaft) existieren, ist auch dieser vorzulegen.

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens vor dem portugiesischen Standesamt können einvernehmliche Unterhaltszahlungen zwischen den Ehegatten fixiert werden. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung (Zugewinnausgleich u.a.) sollte jedoch bei ausländischen, insbesondere deutschen Ehegatten, dringend im Vorfeld der Scheidung einvernehmlich geregelt werden. In Portugal gibt es unterschiedliche Wege, das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen gerecht auf beide Eheleute zu verteilen. Insbesondere kommen Schenkungen zwischen den Ehegatten in Betracht. Zurzeit gibt es in Portugal nämlich keine Schenkungssteuer zwischen Ehegatten (s. ESA 09/2009). Wichtig ist hier, dass deutsche Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft miteinander verheiratet sind, sich gegenseitig Immobilien oder andere Vermögensgegenstände verschenken können.

Nach Eingang des Scheidungsantrages mitsamt den dazugehörigen Unterlagen, lädt der Standesbeamte die Ehegatten zu einem Gütertermin ein. Stellt der Standesbeamte fest, dass die Ehegatten die Ehe nicht fortsetzen möchten, spricht er die Scheidung aus. Sind jedoch minderjährige Kinder vorhanden, wird die Scheidung erst nach der Genehmigung der Sorgerechtsvereinbarung der Eltern durch die Staatsanwaltschaft ausgesprochen. Die Staatsanwaltschaft muss sich innerhalb einer Frist von 30 Tagen zu dem Sorgerechtsvorschlag der Eltern äußern. Sind die Eltern mit etwaigen Änderungsvorschlägen der Staatsanwaltschaft im Interesse des Kindeswohles nicht einverstanden, leitet das Standesamt das Sorgerechtsverfahren an das Gericht weiter. Das Gericht hat dann über das Sorgerecht im Interesse des Kindeswohles zu entscheiden.

Wie Anfangs erwähnt, müssen die Ehegatten bei minderjährigen Kindern der Staatsanwaltschaft einen Vorschlag über Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrecht unterbreiten. Beispiel: 1. Das Sorgerecht über das Kind übt die Kindesmutter aus, bei der das Kind wohnt (Sorgerecht); 2. Jedes zweite Wochenende verbleibt das Kind beim Kindesvater, der es Freitags um 18:00 Uhr von der Schule abholt und Montags bei Schulbeginn zur Schule bringt (Umgang); 3. Der Kindesvater zahlt auf das Konto der Kindesmutter (…) monatlich € 500 als Kindesunterhalt ein (Unterhalt).

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