Steuernummer und Steuervertreter nach portugiesischem Recht

Artikel zum Download    ESA-Artikel

APRIL 2010: Steuernummer und Steuervertreter nach portugiesischem Recht.
Seit 1979 gibt es in Portugal eine einheitliche Steuernummer (número de identificação fiscal). Jedermann, der eine steuerrelevante Handlung in Portugal vornimmt, ist verpflichtet, eine Steuernummer zu besitzen. Rechtsanwalt Dr. Rathenau berichtet aus der Anwaltspraxis und über die Klage, welche die Europäische Kommission gegen die Republik Portugal erhoben hat.
Für jede steuerrelevante Handlung (z.B. Kauf einer Immobilie, Aufnahme einer Tätigkeit) muss eine Steuernummer in Portugal beantragt werden. Die Steuernummer gehört neben dem Perso-nenstand und Personalausweis zu den wichtigsten Identifikationsdaten in der portugiesischen Notar- und Behördenpraxis. Während z.B. das Geburtsdatum in öffentlichen Urkunden fehlen darf, ist die Angabe der Steuernummer Pflicht. Eine juristische Person, etwa eine portugiesische GmbH, muss ebenso vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Identifikationsnummer beantragen, die gleichzeitig Steuernummer und Registernummer des Handelsregisters ist.

Im Jahr 1999 wurde die Erteilung von Steuernummern an natürliche Personen informatisiert, d.h. seit dem wird sie mittels eines Computerprogramms vergeben. Außerdem erhielten die Inhaber einer Steuernummer einen Steuerausweis in Form einer Scheckkarte. Mittlerweile wurde die Ausgabe von Scheckkarten weitgehend eingestellt. Die Steuernummer ist lebenslang gültig und bleibt über den Tod hinaus erhalten.

Der Antrag auf Erteilung einer Steuernummer wird bei einem Finanzamt gestellt. Zuständig ist jedes Finanzamt, unabhängig vom Wohnsitz des Antragstellers. Wie anfangs erwähnt, benötigt jeder, der in Portugal beruflich tätig wird oder potentiell steuerpflichtig ist, eine Steuernummer. Dies betrifft auch Personen, die regulär im Ausland leben. Man kann hier von „Residenten“ und „Nichtresidenten“ im Sinne des Steuerrechts sprechen. Steuerrechtlich „Resident“ ist jemand, der sich in Portugal über 183 Tage im Jahr faktisch aufhält. Sowohl nach dem Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und Portugal als auch gemäß dem por-tugiesischen Einkommensteuergesetz, wird jemand, der über 183 Tage im Jahr in Portugal ansässig ist, als in Portugal unbeschränkt steuerpflichtig eingestuft. Wer unbeschränkt steuerpflichtig ist, ist grundsätzlich verpflichtet, sein gesamtes Welteinkommen in Portugal zu versteuern. Das betrifft auch Rentenbezüge.

Wer sich demnach weniger als 183 Tage im Jahr in Portugal aufhält, sollte darauf achten, dass sein Status als „Nichtresident“ beim Finanzamt eingetragen ist. Die Steuernummer des „Nichtresidenten“ unterscheidet sich zwar nicht von derjenigen eines „Residenten“. Jedoch muss der „Nichtresident“ einen steuerlichen Vertreter (auch Fiskalvertreter genannt) bestellen (representante fiscal). Viele ausländische Mitbürger sind in Portugal als steuerrechtlich „Resident“ eingetragen, obwohl sie sich nur wenige Wochen oder Monate im Jahr in Portugal aufhalten. Das stellt einen Verstoß gegen das Gesetz dar. Die Nichterfüllung der Pflicht zur Bestellung eines steuerlichen Vertreters wird mit einem Bußgeld von € 50,00 bis 5.000,00 geahndet. Außerdem kann dies gefährlich sein, wenn man zwar als „Resident“ eingetragen ist, aber in Portugal keine Steuererklärungen einreicht. Da das Finanzamt früher keinen Aufenthaltsnachweis forderte, wurden Antragsteller fortlaufend als in Portugal steuerrechtlich „Resident“ eingetragen. Mittlerweile wird die Ausstellung einer Steuernummer mit dem Status „Resident“ von der Vorlage der europäischen Aufenthaltsbescheinigung (Certificado de Residência) abhängig gemacht.

Der „Nichtresident“, der sich nicht über 183 Tage im Jahr in Portugal aufhält, muss, wie soeben erwähnt, einen steuerlichen Vertreter benennen. Dieser muss in Portugal gewöhnlich ansässig sein. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die Steuerbescheide in Empfang zu nehmen und an den Steuerpflichtigen weiterzuleiten. In der Praxis werden Steuererklärungen und Wider-sprüche gegen Steuerbescheide hingegen von Buchhaltern und Rechtanwälten veranlasst. In die-sem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es den Beruf des Steuerberaters in Portugal nicht gibt. Der Fiskalvertreter haftet unter bestimmten Umständen gemeinsam mit dem Steuerpflichtigen für Steuerschulden. Außerdem sieht das Gesetz vor, dass sich der „nichtresidente“ Steuerpflichtige sich nicht gegen Akte der Finanzverwaltung wehren kann, wenn er keinen steuerlichen Vertreter benannt hat. Insbesondere aufgrund der genannten Haftungsgefahr, sind in Portugal Fiskalvertretungen üblicherweise kostenpflichtig (ca. 200-350 €/Jahr). Die Fiskalvertretung übernehmen in der Regel Unternehmen, die sich durch ihre Gesellschaftsform selbst haftungsrechtlich gegen Forderungen des Finanzamtes abgesichert haben. Die beschriebene Ver-pflichtung zur Bestellung eines Steuervertreters verstößt nach Auffassung des Verfassers gegen das Europarecht. Zu Recht hat die Europäische Kommission am 15. Juli 2009 gegen die portugiesische Republik eine Klage beim Europäischen Gerichtshof mit dem Antrag eingereicht, fest-zustellen, dass die portugiesischen Regelungen zum Fiskalvertreter gegen die europäische Frei-zügigkeit und den freien Kapitalverkehr verstoßen. Unter mehreren Gründen, die zur Gemeinschaftswidrigkeit der portugiesischen Regelungen führen, ist hervorzuheben, dass bereits eine EG-Richtlinie vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen exis-tiert, die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Einkommensteuern vorsieht. Zu-dem kann die portugiesische Finanzverwaltung gemäß einer weiteren EG-Richtlinie vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern jederzeit z.B. die deutsche Behörde darum bitten, ihr die zur Bekämpfung von Steuerflucht erforderlichen Informationen zu übermitteln. Damit sich Portugal seine Steuereinnahmen sichert, bedarf es demnach in Europa keiner die Freizügigkeit von EU-Bürgern einschränkenden Verpflichtung zur Bestellung von Steuervertretern. Aufgrund des mangelnden europäischen Bewusstseins des portugiesischen Gesetzgebers wurden die gemeinschaftswidrigen Regelungen aber trotz der seit dem 15. Juli 2009 anhängigen Klage und dem vorausgegangenen außergerichtlichen Mahnverfahren noch nicht aufgehoben oder modifiziert. Vielmehr muss Portugal erst verurteilt werden, bis sich die Verantwortlichen rühren. Das Urteil steht noch aus.

Nach oben scrollen