Nutzungsgenehmigung bzw. Wohnlizenz bei Immobilien in Portugal

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JULI 2010: Nutzungsgenehmigung bzw. Wohnlizenz bei Immobilien in Portugal.
Wohnhäuser und gewerbliche Objekte, für die keine Nutzungsgenehmigung erteilt wurde, dürfen weder verkauft noch vermietet werden. Aus wirtschaftlicher Sicht sind sie wertlos. Rechtsanwalt Dr. Rathenau führt aus, was jeder Immobilieneigentümer wissen sollte.

Die Nutzungsgenehmigung (Licença de Utilização) wird von der Gemeinde als Baugenehmigungsbehörde erteilt. Sie wird nur dann erteilt, wenn festgestellt wird, dass das Gebäude in Übereinstimmung mit dem von der Gemeinde genehmigten Architekturprojekt und sonstigen besonderen Plänen, wie Statik, Schalldämmung und Abwassersystem, errichtet wurde. Die Nutzungsgenehmigung wird durch die Ausstellung einer Nutzungsbescheinigung (Alvará de Licença de Utilização) bestätigt. Die Nutzungsbescheinigung muss stets das gesamte Gebäude erfassen, d.h. wer nach der Fertigstellung eines Neubaus genehmigungspflichtige Änderungen am Haus veranlasst, muss bei der Gemeinde eine neue Nutzungsgenehmigung beantragen, die auch die Änderungen umfasst. Wurden die genehmigungspflichtigen Änderungen ohne Baugenehmigung vorgenommen, muss vorher ein Legalisierungsverfahren, d.h. ein nachträgliches Genehmigungsverfahren, durchgeführt werden.

Nutzungsgenehmigungen sind nach der aktuellen Rechtslage grundsätzlich fristlos gültig. Deshalb ist dem Käufer eines Gebäudes zu raten, anhand der genehmigten Baupläne vor dem Abschluss des Kaufvertrages zu überprüfen, ob die bauliche Anlage im Einklang mit der erteilten Baugenehmigung errichtet wurde. Abschriften der genehmigten Baupläne, die mit einem behördlichen Genehmigungsstempel versehen sein müssen, stellt die jeweilige Gemeinde aus (sog. Telas Finais). Wichtig ist, dass nicht nur der Bau den genehmigten Bauprojekten entsprechen muss, sondern auch die jeweilige Nutzung. Eine genehmigte Garage darf z.B. nicht als drittes Schlafzimmer oder Friseursalon verwendet werden.

Es kommt immer wieder vor, dass Gebäude zwar mit gültiger Baugenehmigung errichtet wurden, jedoch keine Nutzungsbescheinigung besitzen. Es obliegt nämlich dem Bauherrn, nach Fertigstellung des Baus, die Nutzungsgenehmigung bei der Gemeinde zu beantragen. Der Antrag auf Erteilung der Nutzungsgenehmigung kann zusammen mit eidesstattlichen Versicherungen des Architekten und Bauaufsehers (Termos de Responsabilidade) eingereicht werden, worin diese erklären, dass das Gebäude im Einklang mit den genehmigten Baupro-

jekten errichtet wurde. Dann erfolgt in der Regel keine persönliche Begutachtung des Baus durch Bedienstete der Gemeinde. Vielmehr übernehmen in diesem Fall der Architekt und Bauaufseher die persönliche Haftung für die Rechtmäßigkeit des Baus. Wird hingegen die vorgenannte eidesstattliche Versicherung dem Antrag nicht beigefügt oder kommen der Gemeinde aufgrund der eingereichten Unterlagen (z.B. Baubuch) Zweifel über die Legalität des Baus auf, erfolgt eine behördliche Besichtigung durch mindestens drei Personen, von denen mindestens zwei Architekten oder Ingenieure sein müssen. Innerhalb von 10 Werktagen nach Antragstellung muss entweder die Nutzungsgenehmigung erteilt oder die behördliche Besichtigung des Baus anberaumt werden. Die Besichtigung hat innerhalb von 15 Werktagen stattzufinden.

Der Eigentümer eines Gebäudes, für das keine gültige Nutzungsbescheinigung ausgestellt wurde, welche die bauliche Anlage als Ganzes erfasst, darf seine Immobilie weder verkaufen noch vermieten. Nimmt man es genau, darf niemand das Gebäude nutzen. Es ist wirtschaftlich wertlos. Diese strengen Regelungen sollen Schwarzbauten unterbinden. Es dürfen keine Kaufverträge über Gebäude durch Rechtsanwälte oder Notare beurkundet werden, für die keine Nutzungsbescheinigungen vorgelegt werden. Auf die Existenz der Nutzungsbescheinigung muss im Vertragstext ausdrücklich hingewiesen werden. Wurde die Nutzungsbescheini-gung zwar noch nicht von der Gemeinde erteilt, jedoch bereits beantragt, genügt allerdings die Vorlage des Baufreigabescheins (Alvará de Licença de Construção). Der Verkäufer muss aber nachweisen, dass der Bau fertiggestellt, kein Baustopp verhängt, die Baugenehmigung nicht zurückgenommen, der Antrag auf Ausstellung der Nutzungsbescheinigung bereits vor mehr als 50 Tagen beantragt und nicht abgelehnt wurde. Außerdem hat er zu erklären, dass er keinen Gemeindebescheid zwecks Zahlung der Ausstellungsgebühren erhalten hat.

Eine wichtige Ausnahme von der Pflicht, im Besitz einer Nutzungsbescheinigung zu sein, besteht bei Gebäuden, die vor dem 7. August 1951 errichtet wurden. Da das portugiesische Baurecht erst am 7. August 1951 (und auch nur in Bezug auf bestimmte Gemeinden) in Kraft getreten ist, sind Gebäude, die vor diesem Datum errichtet wurden, von der gemeindlichen Nutzungsgenehmigung befreit. In diesem Falle muss das Alter des Gebäudes aber entweder aus dem Katasterauszug hervorgehen oder es muss eine Bescheinigung der Gemeinde vorgelegt werden, worin diese erklärt, dass das Gebäude vor dem 7. August 1951 errichtet wurde.

Das portugiesische Mietrecht, das sehr mieterfreundlich ist, schreibt vor, dass nur solche Gebäude vermietet werden dürfen, die eine gültige Nutzungsbescheinigung besitzen. Der Mietvertrag darf insbesondere auch keine andere Nutzungsart vorsehen als in der Nutzungsbescheinigung attestiert wird. Auch hier gilt aber die o.g. Ausnahme bei vermieteten Gebäuden, die vor dem 7. August 1951 errichtet wurden. Entweder die Nutzungsbescheinigung oder der Nachweis über das Alter des Gebäudes muss dem Mietvertrag angeheftet werden. Wer ein Gebäude ohne Nutzungsgenehmigung vermietet, muss mit einem Ordnungswidrigkeitsgeld in Höhe von mindestens einer Jahresmiete rechnen. Ferner steht dem Mieter in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht und ein Schadensersatzanspruch dergestalt zu, als wäre er von Seiten des Vermieters unrechtmäßig gekündigt worden. Das sind starke Sanktionen.

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