Grundsteuer – Was alle Immobilieneigentümer wissen sollten

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APRIL 2011: Grundsteuer – Was alle Immobilieneigentümer wissen sollten.

Nahezu jeder Eigentümer oder Nutznießer eines Grundstückes, das sich in Portugal befindet, zahlt jährlich Grundsteuer. Wer ist für die Zahlung der Steuer verantwortlich? Wie wird die Grundsteuer berechnet? Wann hat eine Neubewertung zu erfolgen? Wer kann eine Befreiung beantragen? Rechtsanwalt Dr. Rathenau, Experte für Immobilien- und Steuerrecht, führt aus, was jeder Grundbesitzer wissen sollte.

Die Grundsteuer (Imposto Municipal sobre Imóveis) ist von demjenigen zu zahlen, der am 31. Dezember des jeweiligen Steuerjahres den Nutzen aus der Immobilie zieht. Das ist entweder der Immobilieneigentümer, der Inhaber eines Nießbrauchrechtes oder Erbbaurechtes. Bei einer Vermietung ist der Eigentümer zur Zahlung der Steuer verpflichtet. Die Grundsteuer ist für das zurückliegende Jahr im April des Folgejahres zu zahlen (z.B. ist die Grundsteuer für das gesamte Jahr 2010 im April 2011 zu zahlen). Überschreitet die Höhe der Grundsteuer jedoch 250 €, wird diese in zwei Raten gezahlt: Die erste Rate im April und die zweite im September. Wer eine Immobilie am Ende eines Jahres kauft, sollte deshalb vom Kaufpreis einen Teilbetrag in Höhe der zu erwartenden Steuer zurückbehalten. Andernfalls geht der Käufer die Gefahr ein, im April des Folgejahres die Grundsteuer für das gesamte Vorjahr zahlen zu müssen. Er würde demnach die Grundsteuer für einen Zeitraum zahlen, in dem er noch nicht Eigentümer der Immobilie war und somit auch keinen Nutzen aus ihr ziehen konnte.

Ausschlaggebend für die Höhe der Grundsteuer ist der sog. Einheitswert (valor patrimonial tributário) des Grundstücks, der aus dem Steuerbescheid und aus dem Steuerkataster hervor-geht. Man muss unterscheiden zwischen den Immobilien, die bereits nach dem neuen Grund-steuergesetz bewertet wurden und denjenigen, die noch keinen neuen Einheitswert aufweisen. Das neue Grundsteuergesetz (fortan „CIMI“) ist am 1. Dezember 2003 in Kraft getreten. Vor dem Inkrafttreten des CIMI wurde der Einheitswert durch Gutachter festgelegt. Die meisten Begutachtungen liegen viele Jahre zurück, so dass der Einheitswert der meisten Immobilien nicht auch nur annähernd den Verkehrswert widerspiegelt. Außerdem führte die Begutachtung zu willkürlichen Ergebnissen, da jeder Gutachter andere subjektiven Elemente seiner Begutachtung zu Grunde legte. Der Wert aller städtischen Anwesen (prédio urbano) soll nunmehr gemäß dem CIMI anhand von sechs Koeffizienten bestimmt werden. Dabei handelt es sich um Lage, Qualität, Baukosten, Grundstücksfläche, Nutzungsart und Alter. Da die Finanzverwaltung aufgrund des hohen Aufwandes aber nicht in der Lage ist, alle Immobilien auf einmal neu zu bewerten, wurde gesetzlich festgelegt, dass der Erwerber eines städtischen Anwesens, dessen steuerlicher Einheitswert noch nicht nach dem CIMI geschätzt worden ist, verpflichtet ist, ein Bewertungsverfahren durchzuführen. Eine Ausnahme hiervon besteht seit kurzem unter bestimmten Voraussetzungen bei geerbten Immobilien. Wichtig ist, dass eine Neubewertung auch immer dann vorgenommen werden muss, wenn ein neues Gebäude errichtet oder ein bestehendes Gebäude teilweise verbessert, vergrößert oder wieder aufgebaut wurde. Wird z.B. ein Haus um eine Terrasse vergrößert, ist der Grundbesitzer verpflichtet, dies dem Finanzamt anzuzeigen. Jede werterhöhende Veränderung an der Gebäudestruktur führt zu dieser Anzeigepflicht. Dabei ist irrelevant, ob die Gemeinde eine gültige Baugenehmigung erteilt oder gar eine Bauabnahme vorgenommen hat. Für das Steuerrecht spielt es keine Rolle, ob ein Gebäude baurechtlich legal oder illegal ist. Entscheidend ist nur, ob das Gebäude faktisch existiert. In der Praxis kommt es oft vor, dass vorhandene Schwimmbäder nicht im Steuerkataster eingetragen wurden. Dies stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Spätestens bei einem Verkauf der Immobilie erfährt das Finanzamt davon.

Das Gesetz schreibt vor, dass spätestens bis November 2013 alle städtischen Anwesen neu bewertet sein müssen. Wahrscheinlich wird die Finanzverwaltung im Jahr 2013 alle Grundbesitzer auffordern, die jeweilige Immobilie neu bewerten zu lassen. Für die Durchführung der Neubewertung setzt die Finanzverwaltung auf die Mitwirkung der Grundbesitzer, die insbesondere bei der Finanzverwaltung die genehmigten Architekturpläne einzureichen haben, damit u.a. die Größe der überbauten Flächen festgestellt werden kann. Auch nach der Neubewertung liegt der Einheitswert in der Regel unter dem Verkehrswert. Der Einheitswert darf deshalb nicht mit dem Verkehrswert verwechselt werden. Gegen das Ergebnis der Neubewertung kann Widerspruch eingelegt werden. Das hat zur Folge, dass eine zweite Bewertung vorgenommen wird. Eine Neubewertung, die nicht mehr angefochten werden kann, darf auf An-trag nur alle drei Jahre wiederholt werden.

Bei ländlichen Grundstücken (prédios rústicos) beträgt die Grundsteuer 0,8 % des Einheitswertes. Bei noch nicht neubewerteten städtischen Anwesen beträgt die Grundsteuer zwischen 0,4-0,7 % des Einheitswertes.
Bei neubewerteten städtischen Anwesen beträgt die Grundsteuer zwischen 0,2-0,4 % des Einheitswertes.
Den genauen Prozentsatz legt die jeweilige Gemeinde fest. Die Grundsteuer stellt nämlich eine Gemeindesteuer dar, die der Gemeinde zufließt. Immobilien, die von sog. Offshore-Gesellschaften gehalten werden, unterliegen einer Strafbesteuerung von 5 % des Einheitswertes (dazu ESA 12/10). Strafbesteuerungen unterliegen auch Immobilien, die über ein Jahr unbewohnt sind oder sich in einem zerfallenen Zustand befinden.

Von der Zahlung der Grundsteuer können vor allem Käufer von städtischen Anwesen befreit werden, welche die Immobilie zu eigenen ständigen Wohnzwecken erwerben. Wird ein städtisches Anwesen als eigener und ständiger Wohnsitz für einen Kaufpreis von bis zu 236.250 € erworben, kann eine zeitweilige Steuerbefreiung beantragt werden. Der Zeitraum der Steuerbefreiung variiert, je nach Höhe des Kaufpreises: Bis zu 157.500 € – Befreiung über acht Jahre; von 157.500 € bis 236.250 € – Befreiung über vier Jahre. Eine Befreiung kann auch nach dem Bau eines neuen Gebäudes oder der Durchführung von werterhöhenden Veränderungen an der Gebäudestruktur beantragt werden. Voraussetzung ist aber stets, dass das jeweilige Gebäude zu eigenen und ständigen Wohnzwecken verwendet wird.

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