Die faktische Lebensgemeinschaft im portugiesischen Recht.
Das Gesetz Nr. 7/2001 vom 11.5.2001 zum Schutz der faktischen Lebensgemeinschaften regelt die Rechtsstellung von zwei Personen, die, unabhängig vom Geschlecht, seit mehr als 2 Jahren in einer Gemeinschaft leben, die der ehelichen Lebensgemeinschaft entspricht. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, Experte im Immobilien- und Steuerrecht, berichtet über die Gründung und Auflösung der Gemeinschaft sowie die Rechte und Pflichten der Partner.
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Eine faktische Lebensgemeinschaft (união de facto) kann jeder gründen, der zum Zeitpunkt der Anerkennung der faktischen Lebensgemeinschaft mindestens 18 Jahre alt und zum Zeitpunkt der Begründung der faktischen Lebensgemeinschaft nicht offenkundig Demenzkrank oder infolge psychischer Störung vollständig oder teilweise entmündigt ist. Außerdem darf die Person nicht verheiratet sein, es sei denn, die gerichtliche Trennung von Personen und Gütern wurde ausgesprochen. Ferner dürfen die Personen nicht in gerader Linie oder im zwei-ten Grad der Seitenlinie miteinander verwandt oder in gerader Linie verschwägert sein. Schließlich darf keine der Personen als Täter oder Mittäter aufgrund eines gegen den Ehegat-ten des anderen begangenen versuchten oder vollendeten vorsätzlichen Totschlages verurteilt worden sein.
Der Nachweis der faktischen Lebensgemeinschaft wird in der Regel durch die Vorlage einer Bescheinigung der Ortsgemeinde (freguesia) erbracht. Der Bescheinigung sind außerdem Erklärungen der Partner beizufügen, wonach sie versichern, seit über 2 Jahren zusammen-zuleben. Ferner sind die Geburtsurkunden der Partner vorzulegen. Beabsichtigen die Partner von einer steuerlichen Vorschrift zu profitieren, sollten beide bei derselben Wohnanschrift beim Finanzamt steuerlich registriert sein.
Die Lebensgemeinschaft wird durch Tod, durch Willenserklärung oder durch Eheschließung eines Partners aufgelöst. Die Auflösung durch Willenserklärung eines Partners muss nur dann gerichtlich ausgesprochen werden, wenn von der Auflösung abhängige Ansprüche geltend gemacht werden. Das Recht auf Adoption wird nur Personen unterschiedlichen Geschlechts gewährt.
Im Fall des Todes des Partners der faktischen Lebenspartnerschaft, der Eigentümer der gemeinsamen Familienwohnung und des Wohnungsinventars war, hat der überlebende Partner ein dingliches Wohnrecht für einen Zeitraum von 5 Jahren an dieser Wohnung und für den gleichen Zeitraum ein Recht auf Nutzung des Wohnungsinventars. Bestand die Gemeinschaft länger als 5 Jahre, verlängert sich der genannte 5-Jahres-Zeitraum entsprechend. Die vorgenannten Nutzungsrechte stehen dem überlebenden Partner nicht zu, wenn er eine eigene Wohnung im Gemeindegebiet hat, in dem sich die Familienwohnung befindet. Nach dem Ablauf des bezeichneten Nutzungsrechts, wandelt sich die Nutzung in ein Mietverhältnis um. Dem überlebenden Partner steht während der Zeit der Nutzung außerdem ein Vorkaufrecht zu.
War der verstorbene Partner nicht Eigentümer der Wohnung, erlischt das Wohnraummietverhältnis nicht, wenn die Partner seit über 1 Jahr in dem Mietobjekt zusammen gelebt haben.
Im Falle der Trennung können die Partner mit Wirkung gegenüber dem Vermieter vereinbaren, dass das Mietverhältnis durch einen Partner fortgeführt wird. Steht die Familienwohnung im Eigentum eines Partners, kann die Wohnung im Falle einer Trennung durch das Gericht dem anderen Partner zur Miete unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Partner und der Kinder zugewiesen werden. Zu den besonderen Rechten der Partner zählen außerdem Begünstigungen im arbeits- und sozialrechtlichen Bereich. Im Einkommensteuerrecht werden sie verheirateten Personen grundsätzlich gleichgestellt. Auf Antrag können nichteheliche Lebensgemeinschaften gemeinsam veranlagt werden. Bei Schenkungen zwischen den Partnern kann die Befreiung von der Schenkungssteuer (genauer: Stempelsteuer) beantragt werden. Sie werden dadurch Ehegatten gleichgestellt.
Schließlich kann dem überlebenden Partner ein Anspruch auf Unterhaltszahlung gegen die Erben zustehen. Unterhaltsprüche zwischen den Partnern bestehen nicht. Die Partner haben auch kein gegenseitiges gesetzliches Erbrecht. Vielmehr müssen sie sich testamentarisch (evtl. gegenseitig) als Erben einsetzen, falls der Nachlass auf den überlebenden Partner über-gehen soll.
Mit dem Gesetz 6/2001 vom 11.5.2001 wurde die wirtschaftliche Gemeinschaft (economia comum) eingeführt. Das Gesetz schützt Personen, die unabhängig von ihrem Geschlecht län-ger als 2 Jahre in einer wirtschaftlichen Lebensgemeinschaft leben, ohne dass zwischen ihnen eine faktische Lebensgemeinschaft besteht. Inhaltlich ähnelt es dem Gesetz zum Schutz der faktischen Lebensgemeinschaften und wird in der Praxis durch dieses regelmäßig verdrängt. Die geschützte wirtschaftliche Gemeinschaft bietet sich für homosexuelle Paare an, die sich nicht offen bekennen möchten.