Portugiesisches Mietrecht – Was jeder Mieter und Vermieter wissen sollte.
Nach Angaben des Statistikamtes waren 2011 in Portugal 772.700 Wohnungen vermietet. Das ist keine hohe Zahl, da 76 % der Portugiesen eine Eigentumswohnung besitzen. Die Vermietung nimmt in den letzten Monaten aber stark zu, weil die Banken im Kontext der Wirtschaftskrise sehr strenge Anforderungen an die Kreditvergabe stellen. Der Experte im Immobilien- und Steuerrecht, Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, erläutert, was jeder Vermieter und Mieter wissen sollte.
Mietverträge, die Wohn- oder Gewerbeimmobilien zum Gegenstand und eine Laufzeit von über 6 Monate haben, müssen zwingend schriftlich abgeschlossen werden. Der Mietvertrag, der gesetzliche Inhaltsanforderungen hat, sollte auf jeden Fall durch einen fachkundigen Rechtsanwalt aufgesetzt werden. Warum das so wichtig ist, lässt sich aus der Sicht des Vermieters an einem einfachen Beispiel illustrieren: Der Mieter stellt die Zahlung des Mietzinses ein. Der Vermieter kann die Wohnung infolge des Zahlungsverzuges grundsätzlich nur (notfalls zwanghaft) räumen lassen, wenn der Mietvertrag wirksam ist. Ist der Mietvertrag hingegen unwirksam, muss er zunächst ein Räumungsurteil erwirken. Bis ein Räumungsurteil ergeht, können Jahre vergehen.
Wichtig ist außerdem, dass ein Gebäude nur im Einklang mit der baurechtlichen Nutzungserlaubnis (Autorização de Utilização) genutzt (vermietet) werden darf. Liegt keine Nutzungserlaubnis vor und ist dieser Umstand vom Vermieter zu vertreten, hat er ein Ordnungswidrigkeitsgeld von mindestens einer Jahresmiete, das der Gemeinde zufließt, zu zahlen. Außerdem ist der Mietvertrag grundsätzlich nichtig. Bei Abschluss eines Mietvertrages besteht zudem die Pflicht zur Aushändigung eines Energieausweises.
Die Höhe der Miete kann frei vereinbart werden. Anstatt eine Kaution im engeren Sinne zu vereinbaren, ist es in Portugal üblich, bis zu drei Monatsmieten im Voraus zu zahlen. Die erste Mietzinsrate wird mit Abschluss des Mietvertrages fällig. Die Folgemieten sind am ersten Werktag des Vormonats für den Folgemonat zu zahlen. Der Mietzins wird jährlich gem. dem amtlich festgelegten Aktualisierungsindex angepasst.
Damit der Vermieter dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch während der Laufzeit des Vertrages sichert, hat er alle dafür erforderlichen Konservierungs- und Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen. Der Mieter hat die Mietsache im Einklang mit dem vertraglich Vereinbarten zu nutzen und sie nach Beendigung des Mietverhältnisses im gleichen Zustand zurückzugeben, wie sie sich bei Übergabe befand. Wurde kein Protokoll über den Zustand der Mietsache bei Übergabe erstellt, wird vermutet, dass die Mietsache sich bei Übergabe in einem guten Wartungszustand befand.
Die laufenden Ausgaben mit Wasser-, Strom-, Gas- und Festnetztelefon werden vom Mieter getragen. Bei Wohnungseigentum trägt der Vermieter die Kosten der Verwaltung und Pflege der Gemeinschaftsflächen. Es handelt sich um dispositive Normen.
Praxisrelevant ist in Portugal das Auftreten von Baumängeln während der Mietlaufzeit, wie z.B. der Eintritt von Feuchtigkeit infolge mangelhafter Isolierung. Der Vermieter hat alle am Gebäude anfallenden Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, die entweder aus dem Gesetz oder Vertragszweck hervorgehen. Führt der Vermieter die Arbeiten nicht aus, kann der Mieter bei eilbedürftigen Arbeiten diese selbst vornehmen, nachdem er den Vermieter in Verzug gesetzt hat. Die angefallenen Kosten kann der Mieter sodann mit dem geschuldeten Mietzins gem. aufrechnen. Nimmt der Vermieter die notwendigen Instandhaltungsarbeiten nicht vor, kann der Mieter vom Vertrag zurücktreten, wenn die Mietsache ohne die Vornahme der erforderlichen Reparaturen nicht mehr vertragsgemäß genutzt werden kann.
Der Mieter ist verpflichtet, den Mietzins zu zahlen. Kommt der Mieter mit der Zahlung des Mietzinses in Verzug, steht dem Vermieter zusätzlich zum regulären ein pauschaler Schadensersatzanspruch von 50 % des geschuldeten Mietzinses zu.
Das portugiesische Mietrecht unterscheidet zwischen befristeten und unbefristeten Mietverträgen. Die maximale Laufzeit von befristeten Verträgen beträgt 30 Jahre. Wurde keine Frist vereinbart, ist der Vertrag unbefristet.
Bei einem befristeten Mietvertrag über Wohnraum muss die Laufzeit mindestens 5 Jahre betragen. Davon ausgenommen sind Mietobjekte, die vom Mieter nicht als ständige Unterkunft, sondern nur vorübergehend, z.B. als Feriendomizil oder Studentenunterkunft, genutzt werden. Nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit verlängert sich das befristete Mietverhältnis automatisch um drei Jahre, wenn keine der Parteien der Verlängerung widerspricht. Der Widerspruch des Vermieters muss, um wirksam zu sein, dem Mieter nach mindestens ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit zugehen. Die Frist für den Widerspruch des Mieters ist kürzer und beträgt 120 Tage. Befristete Verträge kann nur der Mieter durch eine ordentliche Kündigung beenden. Nach sechsmonatiger Vertragslaufzeit kann er den Mietvertrag ohne Angabe eines Grundes mit einer Frist von 120 Tagen zum Monatsende jederzeit kündigen. Dem Vermie-ter steht dieses Recht nicht zu.
Einen unbefristeten Vertrag kann der Mieter ebenso mit einer Frist von 120 Tagen zum Monatsende kündigen. Der Vermieter kann das Mietverhältnis hingegen nur ausnahmsweise wegen Eigenbedarfes, Eigenbedarfes seiner Abkömmlinge ersten Grades oder wegen umfassender Renovierungs- oder Restaurierungsarbeiten kündigen. Ferner kann der Vermieter das unbefristete Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 5 Jahren kündigen.
Eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses ist sowohl durch den Mieter als auch Vermieter innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Kündigungsgrundes möglich. Wann die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung vorliegen, hängt vom Einzelfall ab und bedarf der anwaltlichen Begutachtung.