Eintreibung von Forderungen: Wie komme ich in Portugal an mein Geld?

Eintreibung von Forderungen: Wie komme ich in Portugal an mein Geld?
In den letzten Jahren mussten in Portugal immer mehr Forderungen zwangsweise beigetrieben werden. Viele Gläubiger leiden unter unzuverlässigen Schuldnern. Im portugiesischen Recht gelten bei der Durchsetzung von Forderungen einige Besonderheiten gegenüber dem deutschen Recht. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau hat einen Leitfaden zur effektiven Durchsetzung der Rechte der Gläubiger erstellt.

Zahlt der Schuldner nicht freiwillig, kann er zur Zahlung gezwungen werden. Damit der Gläubiger in das pfändbare Vermögen seines Schuldners vollstrecken kann, muss er zunächst einen wirksamen Vollstreckungstitel erwirken. Der wichtigste Titel ist die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung.

Der Gläubiger kann zwischen der Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens (procedimento de injunção) gegen den Schuldner und einer direkten Klage auf Leistung vor den Zivilgerichten wählen.

1. Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens (procedimento de injunção)

Die Möglichkeit, einen Vollstreckungstitel durch den Erlass eines Mahnbescheides zu erlangen, existiert in der gegenwärtigen Form erst seit dem Jahre 1998. Die Durchführung des Verfahrens setzt die Geltendmachung einer vertraglichen Geldforderung voraus. Handelt es sich bei dem Schuldner um einen Verbraucher, so darf die Höhe der Forderung nicht mehr als 15.000,-€ betragen. Für die Einleitung des Mahnverfahrens empfiehlt sich – unabhängig von der Höhe der geschuldeten Geldsumme – einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Der Mahnantrag wird dem Schuldner in der Regel durch das zentrale Amt für das Mahnwesen zuge-stellt. Der Schuldner erhält daraufhin eine Frist von 15 Tagen, in der er entweder die Forderung be-gleichen oder Einspruch gegen den Mahnbescheid einlegen kann. Legt der Schuldner keinen Einspruch gegen den Mahnbescheid ein, so wird dieser automatisch mit einer sog. Vollstreckbarkeitserklärung (formúla executiva) versehen. Anders als im deutschen Recht, besteht somit kein zweistufiges Verfahren aus Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid.

Reagiert der Schuldner innerhalb der genannten 15-Tages-Frist nicht auf den Mahnbescheid, erhält der Gläubiger dadurch kostengünstig und schnell einen Vollstreckungstitel. Bis zur Erbringung der Leistung durch den Schuldner fallen neben den regulären Verzugszinsen, Strafzinsen in Höhe von 5 % an, welche jeweils zur Hälfte dem Staat und dem Gläubiger zustehen.

Legt der Schuldner in der 15-Tages-Frist hingegen Einspruch ein, so wird das Verfahren – anders als in Deutschland – automatisch an das zuständige Zivilgericht verwiesen, ohne dass hierdurch ein weiterer Antrag des Gläubigers notwendig wäre. Ist zu erwarten, dass der Schuldner sich gegen die Forderung zur Wehr setzen wird, weil er sie als unbegründet erachtet, ist in der Regel die direkte Einreichung einer Leistungsklage der effektivere Weg. Im Gegensatz zum Mahnantrag, kann der Gläubiger im Rahmen einer ordentlichen Klageschrift den Sachverhalt und die Rechtslage ausführlicher darlegen.

2. Ordentliches Klageverfahren

Das ordentliche Klageverfahren wird durch Einreichung einer Klageschrift (petição inicial) bei dem örtlich und sachlich zuständigen Gericht eingeleitet. Die Zustellung der Klage an den Schuldner setzt die Zahlung eines sog. Gerichtskostenvorschusses voraus. Im Anschluss wird dem Schuldner Gelegenheit gegeben, auf die Klage zu erwidern. Die Erwiderungsfrist beträgt in der Regel 30 Tage. Ein wichtiger Unterschied zum deutschen Recht besteht darin, dass in Portugal nicht die unterliegende Partei des Rechtsstreits automatisch Gerichtsgebühren, Auslagen sowie Kosten des Gegners zu übernehmen hat. Vielmehr findet nur eine fragmentarische Kostenerstattung statt. Dieser Aspekt sollte vom Gläubiger berücksichtigt werden. Rechtsanwälte bieten hier eine zuverlässige Beratung über die Kosten eines Prozesses und das daraus folgende Prozessrisiko. Ergeht ein vollstreckbares Urteil zu Gunsten des Gläubigers, ist dieser noch nicht am Ziel angelangt. Vielmehr muss er, falls der Schuldner nicht freiwillig zahlt, im Wege der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners vollstrecken.

3. Vollstreckung nach Erwirkung des Vollstreckungstitels

Die Vollstreckung setzt zunächst einen Antrag des Gläubigers voraus, welcher über das Online-Portal Citius bei Gericht eingereicht wird. In den letzten Jahren hat die gerichtliche Kontrolle des Zwangsvollstreckungsverfahrens immer mehr abgenommen. Weite Teile des Verfahrens werden mittlerweise von sog. Vollstreckungsgehilfen (Agentes de Execução) ausgeführt. Leider führte diese Zuständigkeitsübertragung auf die Vollstreckungsgehilfen nicht zu einer Beschleunigung der Verfahren, weshalb mit einer baldigen Reform zu rechnen ist. Ein großes Problem ist hierbei die große Anzahl anhängiger Vollstreckungsverfahren, welche die Vollstreckungsgehilfen nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen mit der gebotenen Sorgfalt und Eile bearbeiten können. Das Gericht und der Rechtsanwalt des Gläubigers haben auf das Verfahren nur begrenzten Einfluss und sind deshalb auf das Handeln des Vollstreckungsgehilfen angewiesen.

Besteht die dringende Gefahr, dass der Schuldner einer Geldforderung sein pfändbares Vermögen beiseiteschafft, kann der Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen bereits vor der Einleitung des Vollstreckungsverfahrens einen Arrest (arresto) beantragen, um die Durchsetzung der Forderung zu sichern.

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