Brachland erhält Internetbörse: Wiederbelebung der portugiesischen Landwirtschaft?

Brachland erhält Internetbörse: Wiederbelebung der portugiesischen Landwirtschaft?
Vor wenigen Tagen hat die portugiesische Regierung eine Internetbörse für landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke gestartet. Die Internetbörse soll der Ankurbelung der Landwirtschaft und dem Kampf gegen die Wüstenbildung dienen. Der Experte im Immobilien- und Steuerrecht, Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, schildert wie dieser Grundstückspool funktioniert.

„Verlassenen Grund zu haben, ist ein Luxus, den sich das Land nicht leisten kann“, führte kürzlich die Landwirtschaftsministerin Assunção Cristas aus. In der Tat ist die landwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Ballungsgebiete beanspruchen nur einen geringen Anteil des portugiesischen Territoriums. Die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des unbauten Grundes ist von großer Wichtigkeit. Die ländlichen Gegenden sind weitgehend für landwirtschaftliche Zwecke geeignet. Dazu gehören auch Grundstücke, die zwar nicht dem klassischen Pflanzenanbau, sondern der Forstwirtschaft und der Viehzucht dienen. Unter https://www.bolsanacionaldeterras.pt/ wird ein nationaler Grundstückspool entstehen, der es Interessenten ermöglicht, ländlichen Grund zu finden. Der Grund kann entweder gekauft oder gepachtet werden. Denkbar ist auch ein „Grundstückstausch“, der zeitlich befristet sein kann. Die meisten Brachgrundstücke gehören Privatpersonen.

Wer sein Grundstück online registriert, zahlt mindestens 50 % weniger Grundsteuer. Die Steuerbegünstigung kann sogar 99 % erreichen, d.h. nach der Registrierung fällt praktisch keine Grundsteuer mehr an. Registrierte Grundstücke werden demnach mit einem Grundsteuersatz von maximal 0,4 % (0,8 % ist der normale Steuersatz) vom Einheitswert besteuert. Nicht nur rein ländliche, sondern auch sog. Mischgrundstücke, die sich aus einer ländlichen und städtischen Parzelle zusammensetzen, können registriert werden. Nicht aufgenommen werden allerdings solche Mischgrundstücke, die als Zeitwohnsitz steuerlich gemeldet sind und deren ländliche Fläche nicht größer als 1 Hektar ist. Brachgrundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand (Staat und Gemeinden) können ebenso registriert werden. Von praktischer Bedeutung ist, dass auch solche Grundstücke an der Onlinebörse teilnehmen, deren Eigentümer unbekannt sind und die nicht landwirtschaftlich genutzt werden. In Portugal gibt es viele Grundstücke, deren Eigentumsverhältnisse ungeklärt sind und Brachland darstellen. Bevor ein solches mutmaßlich herrenloses Grundstück registriert wird, wird das Verfahren auf Anerkennung als “Grundstück ohne bekannten Eigentümer“ öffentlich gemacht. Nach der öffentlichen Bekanntmachung verwaltet der Staat das Grundstück im Rahmen der Internetbörse und kann sodann Pachtverträge mit einer Laufzeit von maximal 1 Jahr abschließen.

Die Registrierung des ländlichen Grundes in der Internetbörse durch den Eigentümer erfolgt nach dem Abschluss eines Vertrages mit der Generaldirektion für Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung (DGADR), welche die Internetbörse betreibt. Die Laufzeit des Vertrages beträgt 1 Jahr, verlängert sich aber automatisch um weitere 1-Jahres-Zeiträume, wenn keine Partei den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von 15 Tagen vor dem Ende der jeweiligen Laufzeit kündigt. Wer sein Grundstück in den kommenden 2 Jahren registriert, zahlt keine Verwaltungsgebühr für die Registrierung. Die DGADR kann den Vertrag außerordentlich kündigen, wenn sie feststellt, dass die vom Eigentümer gemachten Personen- und Grundstückangaben nicht der Wahrheit entsprechen. Der Eigentümer kann den Vertrag selbst – ohne Angabe von Gründen – unter Einhaltung einer Frist von 15 Tagen jederzeit kündigen. Der Vertrag endet auch, sobald das Grundstück verkauft oder verpachtet wurde. Der Eigentümer ist verpflichtet, die DGADR innerhalb einer Frist von 15 Tagen über den Verkauf oder die Verpachtung des Grundstücks – unter Angabe der einzelnen Vertragsbestimmungen – in Kenntnis zu setzen.

Für die Registrierung eines Grundstückes sind anzugeben bzw. vorzulegen: a) die Identifikation des Eigentümers unter Angabe der portugiesischen Steuernummer und seines Wohnsitzes, b) die Beschreibung der Grundstücksparzelle, c) ob das Grundstück zum Verkauf und/oder zur Verpachtung (unter Angabe der Preise) angeboten wird, d) Grundbuchauszug sowie e) steuerlicher Katasterauszug.

Wer sein Grundstück verpachten oder ein Grundstück pachten möchte, hat die Besonderheiten des portugiesischen Pachtrechtes zu beachten. Es werden drei Vertragsarten unterschieden: a) landwirtschaftlicher Pachtvertrag, b) forstwirtschaftlicher Pachtvertrag und c) saisonaler Pachtvertrag (zum Beispiel für die Ernte von Zitrusbäumen während der Saison). Pachtverträge unterliegen zwingend der Schriftform, andernfalls sind sie nichtig. Der Pachtzins muss in Geld bestehen, dessen Höhe bei forstwirtschaftlichen Pachtverträgen aber von dem Ausmaß der Produktion abhängig gemacht werden kann. Die Laufzeit von landwirtschaftlichen Pachtverträgen darf 7 Jahre nicht unterschreiten; es wird vermutet, dass der landwirtschaftliche Pachtvertrag über 7 Jahre abgeschlossen wurde, falls der Vertrag keine Regelung über die Laufzeit enthält. Die Laufzeit von forstwirtschaftlichen Pachtverträgen darf 70 Jahre nicht überschreiten und mindestens 7 Jahre sein. Die Laufzeit von saisonalen Pachtverträgen darf nicht 6 Jahre überschreiten. Es wird vermutet, dass der Vertrag über 1 Jahr abgeschlossen wurde, falls keine Laufzeit vertraglich fixiert wurde.

Wer ein ländliches Grundstück verkaufen oder kaufen möchte, dem ist dringend zu empfehlen, anwaltlichen Rat einzuholen. Bei ländlichen Grundstücken sind die landwirtschaftlichen Mindesteinheiten zu beachten, die unter anderem darüber entscheiden, ob Vorverkaufsrechte bestehen. Außerdem treten oft Probleme mit den Grundstücksgrenzen auf, da es nur alte oder gar keine amtlichen Grundstücksvermessungen gibt.

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