Die wichtigsten Fristen im portugiesischen Recht

Die wichtigsten Fristen im portugiesischen Recht.
Als Frist bezeichnet man in der Regel einen Zeitraum, innerhalb dem eine bestimmte Handlung vorgenommen werden muss. Wird man innerhalb der gesetzlichen Frist nicht tätig, kann man sein Recht oder einen Rechtsbehelf nicht mehr geltend machen. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert die wichtigsten gesetzlichen Fristen im portugiesischen Recht.
Das portugiesische Recht unterscheidet zwischen Ausschlussfristen (caducidade; Verfall) und Verjährungsfristen (prescrição). Bei einer Ausschlussfrist kann das Recht nach Ablauf der Frist allgemein nicht mehr geltend gemacht werden. Nach Ablauf einer Verjährungsfrist steht dem Schuldner eines Anspruchs hingegen (nur) eine dauerhafte Einrede gegen den Anspruch zu, welche ihn berechtigt, die Leistung an den Gläubiger zu verweigern. Die genaue Kenntnis der Fristenregelungen ist ein Muss für jede(n) in Portugal tätige(n) Rechtsanwalt(in). Da viele Menschen sich erst sehr spät anwaltlich beraten lassen, ist die Fristenkenntnis für jedermann alltagsrelevant.

A. Fristen im Straßenverkehrsrecht
Das Recht der Behörde auf Einleitung von Ordnungswidrigkeitsverfahren verjährt innerhalb von zwei Jahren. Die Frist beginnt sobald die Handlung, die eine Ordnungswidrigkeit darstellt, beendet ist. Geldbußen und Nebenstrafen (z.B. zeitweiliger Entzug der Fahrerlaubnis) verjähren ebenso in zwei Jahren ab dem Erlass der endgültigen Entscheidung oder dem Eintritt der Rechtskraft. Die Verjährung von Ordnungswidrigkeitsverfahren wird durch jede Art von behördlicher Bekanntgabe an den Beschuldigten unterbrochen. Kommt es zu einer Unterbrechung, fängt die Verjährungsfrist von neuem an zu laufen. Jedoch tritt stets Verjährung ein, wenn die reguläre Verjährungsfrist und außerdem die Hälfte der Verjährungsfrist abgelaufen ist. Demnach beträgt die maximale Verjährungsfrist drei Jahre (2+1). Diese Fristenregelung gilt auch für Geldbußen und Nebenstrafen. Das Gesetz regelt außerdem, wann es zu einer bloßen Aussetzung der Verjährungsfrist kommt.

B. Fristen im Kaufrecht
1. Verbrauchsgüterkauf
Bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer (Verkäufer) und Verbraucher (Käufer) tritt die Verjährung für die Geltendmachung von Mängeln an der Kaufsache innerhalb von zwei Jahren ein. Bei unbeweglichen Sachen (Immobilien) beträgt die Frist fünf Jahre. Die Frist beginnt mit der Übergabe der Sache. Erhält der Käufer Kenntnis vom Mangel, hat er dies dem Verkäufer innerhalb von zwei Monaten anzuzeigen. Bei Immobilien beträgt die Frist für die Anzeige ein Jahr ab Kenntnisnahme des Mangels. Ferner muss der Käufer seine Rechte nach der Mängelanzeige innerhalb von zwei Jahren bei beweglichen Sachen bzw. innerhalb von drei Jahren bei unbeweglichen Sachen geltend machen.

2. Sonstige Kaufverträge, die keine Verbrauchsgüterkaufverträge sind
Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor, erlöschen Gewährleistungsansprüche des Käufers innerhalb von sechs Monaten bei beweglichen und innerhalb von fünf Jahren bei unbeweglichen Sachen. Die Fristen fangen auch hier ab der Übergabe der Sache an zu laufen. Hat der Käufer den Mangel angezeigt, so erlischt sein Klagerecht innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Anzeige. Erhält der Käufer Kenntnis vom Mangel, hat er dem Verkäufer den Mangel innerhalb von 30 Tagen (bei Immobilien: ein Jahr) ab dem Tag der Kenntniserlangung anzuzeigen. Diese Fristenregelungen gelten nach der portugiesischen Rechtsprechung für alle Arten von Rechten, die der Käufer, je nach Fall, geltend machen kann. Dazu zählen Reparatur, Ersatzlieferung, Preisminderung, Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatz.

3. Werkverträge (Errichtung baulicher Anlagen)
Die Gewährleistungsfrist für Mängel an baulichen Anlagen beträgt fünf Jahre. Die Frist beginnt mit der Übergabe des Werkes durch den Bauunternehmer an den Besteller (Bauherrn). Erhält der Besteller vom Mangel Kenntnis, hat er diesen innerhalb einer Frist von einem Jahr dem Bauunternehmer anzuzeigen. Möchte der Besteller Schadensersatz geltend machen, muss er dies innerhalb von einem Jahr ab den Zeitpunkt der Mängelanzeige tun. Ist der Bauherr ein Verbraucher, d.h. wird das Werk für private Zwecke verwendet, muss er seine Gewährleistungsansprüche innerhalb von drei Jahren ab Erhebung der Mangelrüge geltend machen.

4. Verkauf von belasteten Sachen
Beim Verkauf einer Sache, die mit dem Recht einer dritten Person belastet ist (z.B. einer Hypothek), steht dem Käufer regelmäßig das Recht zu, den Vertrag anzufechten. Diese Anfechtung, welche die Klageerhebung voraussetzt, hat innerhalb von einem Jahr zu erfolgen. Die Frist fängt in der Regel an zu laufen, sobald der Käufer von der Belastung Kenntnis erlangt hat. Andere Rechte, wie die Geltendmachung von Schadensersatz, unterliegen nach jüngster Rechtsprechung der allgemeinen Verjährungsfrist von zwanzig Jahren.

5. Behandlungskosten im öffentlichen Gesundheitswesen
Ärztliche Vergütungsansprüche im öffentlichen Gesundheitswesen verjähren innerhalb von drei Jahren. Die Frist beginnt, sobald die ärztliche Leistung erbracht wurde. Diese Verjährungsfrist gilt auch für die Einforderung der staatlich fixierten Behandlungsgebühren im Gesundheitswesen, die sog. taxas moderadoras.

6. Leistungen der öffentlichen Daseinsfürsorge (Wasser, Elektrizität u.a.)
Forderungen, die durch die Inanspruchnahme von Leistungen der öffentlichen Daseinsfürsorge entstanden sind, verjähren nach der Rechtsprechung innerhalb von sechs Monaten. Die Frist beginnt nach Ende des jeweiligen Monates, in dem die Leistung erbracht wurde. Zu den Leistungen der öffentlichen Daseinsfürsorge zählen: Wasser, Elektrizität, Gas, elektronische Kommunikation (z.B. Telefon, Internet), Postbeförderung, Abwasser und Müllabfuhr. Wichtig ist, dass die Ausstellung einer Rechnung die Verjährung nicht unterbricht! Vielmehr muss der Leitungserbringer (z.B. die EDP) Klage erheben, damit die Frist unterbrochen wird. Der Leistungserbringer kann allerdings die Leistung einstellen (z.B. die Stromzufuhr unterbrechen), wenn die Rechnung nicht innerhalb von zwanzig Tagen bezahlt wird.

7. Nationale und internationale Straßenbeförderung
Kommt es zu einem Schaden während eines Gütertransportes auf Straßen, tritt die Verjährung des Schadensersatzanspruches innerhalb von zehn Monaten ein. Bei einer internationalen Straßenbeförderung beträgt die Verjährung allerdings ein Jahr (oder drei Jahren, falls mit Vorsatz gehandelt wurde). Bestimmte internationale Güterbeförderungen, etwa von Mobiliar bei einem Umzug, unterliegen der allgemeinen Verjährungsfrist von zwanzig Jahren.

8. Gesellschaftsrecht
Innerhalb einer Frist von fünf Jahren verjähren Ansprüche einer Gesellschaft gegen die Gesellschafter, Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder etc. sowie umgekehrt. Der Beginn der Frist hängt vom konkreten Fall ab. Das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Fallgruppen.

9. Steuerrecht
Steuerschulden verjähren, soweit es keine Sondervorschrift gibt, innerhalb von acht Jahren. Bei wiederkehrenden Zahlungen beginnt die Frist ab dem Ende des Jahres, in dem das steuerrelevante Ereignis eintrat. Bei einmaligen Zahlungen beginnt die Frist mit dem Eintritt des steuerrelevanten Ereignisses. Davon zu unterscheiden ist die Ausschlussfrist von vier Jahren für die Zustellung des Einkommenssteuerbescheides an den Steuerpflichtigen. Der Fiskus muss dem Steuerpflichtigen den Steuerbescheid innerhalb von vier Jahren zusenden, anderenfalls die Steuerschuld erlischt.

10. Arbeitsrecht
Die Kündigung eines einzelnen Arbeitnehmers aus berechtigtem Grund (der ein sog. Disziplinarverfahren seitens des Arbeitgebers vorausgeht), die Kündigung wegen mangelnder Anpassung und die Kündigung infolge des Wegfalles des Arbeitsplatzes, kann vom Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von sechzig Tagen ab Erhalt des Kündigungsschreibens gerichtlich angefochten werden. Alle anderen Arten von Kündigungen einzelner Arbeitnehmer können laut Rechtsprechung innerhalb von einem Jahr nach Ende der Laufzeit des Arbeitsvertrages gerichtlich angefochten werden.

11. Strafrecht
Im portugiesischen Recht können alle Arten von Straftaten verjähren. Diese sind wesentlich kürzer als im deutschen Strafrecht. Die höchste Verjährungsfrist beträgt fünfzehn Jahre. Sie gilt für Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht sind. Demnach kann auch der Mord in Portugal verjähren. Die Frist beträgt zehn Jahre bei Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren, aber nicht mehr als zehn Jahren bedroht sind. Sie beträgt fünf Jahre bei Straftaten, die im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, aber nicht mehr als fünf Jahren bedroht sind. Die übrigen Taten verjähren in zwei Jahren. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Minderjährigen verjähren nicht, bis der Verletzte 23 Jahre alt ist.

Wichtig sind auch die Fristen für die Stellung eines Strafantrages. Wird eine Straftat nur auf Antrag verfolgt, erlischt das Antragsrecht nach einer Frist von sechs Monaten ab dem Tag, an dem der Antragsberechtigte von der Tat und ihren Tätern Kenntnis erlangt hat. Ist der Antragsberechtigte noch nicht 16 Jahre alt, wird das Antragsrecht durch seinen gesetzlichen Vertreter ausgeübt. Geschieht dies nicht, kann der Minderjährige abwarten und den Antrag stellen, sobald er das 16. Lebensjahr vollendet hat. In diesem Fall erlischt das Recht nach einer Frist von sechs Monaten ab dem Tag, an dem der Verletzte 18 Jahre alt geworden ist.

12. Sonstige wichtige Verjährungsvorschriften
Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt zwanzig Jahre. In fünf Jahren verjähren Lebensrenten, Miet- und Pachtzahlungen, Zinsen, Gesellschaftsdividenden, Darlehensraten und Unterhaltszahlungen. Eine besondere Verjährungsfrist von drei Jahren besteht bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. Einer Verjährungsfrist von sechs Monaten unterliegen Zahlungsansprüche von Herbergen und Restaurants in Bezug auf die Beherbergung sowie Essen- und Getränkekauf. Schließlich findet eine Verjährungsfrist von zwei Jahren auf folgende Ansprüche Anwendung: Beherbergung von Schülern oder Studenten, Schul- und Hochschuldgeld, ärztliche Versorgung von Schülern und Studenten; Zahlungsansprüche von Gewerbetreibenden im Zusammenhang mit dem Verkauf von Gegenständen an Verbraucher sowie Ansprüche von Freiberuflern in Bezug auf ihre Zahlungsansprüche.

Nach oben scrollen