Häufige Rechtsirrtümer in Portugal

Häufige Rechtsirrtümer in Portugal.
Das Recht zu verstehen, ist oftmals schon kompliziert. Zusätzlich sehen sich dauerhaft oder zeitweilig in Portugal lebende Personen mit den Rechtssystemen von zwei Staaten konfrontiert. Juristische Laien verlassen sich im Alltag oft auf gefährliches Halbwissen über portugie-sisches Recht. Informationsquellen aus dem Internet und aus Stammtischen sind oftmals trügerisch. Denn viele der juristischen Binsenwahrheiten stellen sich bei genauerem Hinsehen als ungenau oder gar falsch dar. Einige dieser verbreiteten Irrtümer und Volksmythen werden von Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau vorgestellt.

Irrtum Nr. 1:

Ich lebe die meiste Zeit in Portugal und besitze einen deutschen Führerschein. Ich habe gehört, dass ich den Führerschein in einen portugiesischen Führerschein umtauschen muss.

Das stimmt nicht. Führerscheininhaber, die ihren festen Wohnsitz in Portugal begründen, sind jedoch verpflichtet, ihren Führerschein innerhalb von 30 Tagen in der Führerscheindatei der zuständigen Stelle zu registrieren.

Irrtum Nr. 2:

Ich halte mich bereits 4 Monate in Portugal auf. Ich habe gehört, dass man sich erst nach 6 Monaten anmelden muss.

Das stimmt nicht. Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates müssen sich bereits bei einem Aufenthalt, der eine Dauer von 3 Monaten überschreitet, bei der Gemeindeverwaltung anmelden. Davon zu unterscheiden sind die steuerrechtlichen Folgen bei einem Aufenthalt in Portugal von über 183 Tagen im Kalenderjahr.

Irrtum Nr. 3:

Ich halte mich die meiste Zeit im Jahr in Portugal auf und beziehe eine Rente aus Deutschland. Da ich die Rente aus Deutschland beziehe, wird diese in Deutschland besteuert.

Das ist ein Irrtum. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Portugal ist ein Ruhegehalt grundsätzlich in dem Staat zu versteuern, in dem man sich gewöhn-lich aufhält, demnach in Portugal.

Irrtum Nr. 4:

Ich besitze eine Ferienimmobilie und halte mich weniger als 6 Monate im Jahr in Portugal auf. Der Grundsteuerbescheid meiner Immobilie wird mir jedes Jahr an meine Ferienwohnung in Carvoeiro gesendet. Man teilte mir beim Kauf der Immobilie mit, dass ich eine portugiesische Adresse beim Finanzamt hinterlegen muss. Stimmt das?

Nein, das stimmt nicht. Sie sind verpflichtet, Ihre Steueranschrift umgehend zu ändern. Wenn Sie gewöhnlich in Deutschland leben, müssen Sie Ihre deutsche Anschrift beim portugiesischen Finanzamt hinterlegen. Das Finanzamt sendet Ihnen jegliche Korrespondenz nach Deutschland. Tun Sie das nicht, gelten Sie als in Portugal unbeschränkt steuerpflichtig. Das kann weitreichende negative Folgen haben.

Irrtum Nr. 5:

Ich besitze ein Ferienhaus in Lagos. In Portugal halte ich mich weniger als 6 Monate im Jahr auf. Während ich nicht in Portugal bin, wird mein Ferienhaus vermietet. Da ich in Deutschland steuerpflichtig bin und dort meine Steuern zahle, werden diese Mieteinnahmen ebenso in Deutschland versteuert. Trifft das zu?

Nein, das trifft nicht zu. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Portugal werden Mieterträge aus portugiesischem Immobilieneigentum in Portugal besteuert. Beachten Sie außerdem, dass Sie für die Vermietung an Touristen eine Genehmigung benötigen und das Vermietungsgewerbe beim portugiesischen Finanzamt und Sozialversicherungsamt registrieren müssen.

Irrtum Nr. 6:

Ich beabsichtige, ein Haus in Portugal zu kaufen. Damit ich feststellen kann, wer Eigentümer der Immobilie ist, genügt ein Blick in das Grundbuch.

Das ist nur bedingt richtig. Es ist zu beachten, dass in Portugal im Gegensatz zu Deutschland das Eigentum mit Abschluss des Kaufvertrages übergeht. Der Grundbucheintrag dient nur der Publizität. Bei Zweifeln über die Richtigkeit des Grundbucheintrages empfiehlt sich daher die Einsicht in den Vertrag, durch den das Eigentum erworben wurde. Allerdings kann man grundsätzlich auf die Eigentümerstellung im Grundbuch vertrauen.

Irrtum Nr. 7:

Ich beabsichtige, ein Haus zu bauen. Wenn ich erst die Baugenehmigung in den Händen halte, so sind alle behördlichen Hürden überwunden.

Das stimmt so nicht. Neben der Baugenehmigung ist zwingend eine Nutzungsgenehmigung einzuholen. Die Nutzungsgenehmigung wird von der Baugenehmigungsbehörde erteilt. Sie wird nur dann erteilt, wenn festgestellt wird, dass das Gebäude in Übereinstimmung mit dem von der Gemeinde genehmigten Architekturprojekt und sonstigen besonderen Plänen, wie Statik, Schalldämmung und Abwassersystem, errichtet wurde. Die Nutzungsgenehmigung wird durch die Ausstellung einer Bescheinigung bestätigt und muss stets das gesamte Gebäude erfassen. Ohne diese Bescheinigung darf das Haus weder bewohnt, vermietet noch verkauft oder verschenkt werden.

Irrtum Nr. 8:

Ich habe ein Grundstück erworben, worauf sich eine Ruine befindet. Diese Ruine hat auch eine eigene Registernummer beim Finanzamt und ist sogar im Grundbuch eingetragen. Ich bin beim Kauf auch aufgrund der Äußerungen des Verkäufers davon ausgegangen, dass die Ruine wiederaufgebaut werden kann. Zu Recht?

Das Vorhandensein einer Ruine bedeutet nicht, dass diese wiederaufgebaut werden darf. Vielmehr ist hierzu eine Bauvoranfrage zu stellen. Viele Gemeinden gewähren den Wiederaufbau z.B. nur dann, wenn die Ruine noch alle Mauern, inklusive Dach, aufweist. Außerdem darf eine Ruine, die früher z.B. als Schweinestall diente, oftmals nicht zu Wohnzwecken umgewidmet werden.

Irrtum Nr. 9:

Ich beabsichtige, eine portugiesische GmbH (sog.“Limitada“) zu gründen. Ein Bekannter, der bereits eine „Limitada“ hat, hat mir gesagt, dass das Stammkapital mindestens 5.000 € betragen muss.

Da liegt er falsch. Seit April 2011 muss die Limitada kein Mindestkapital mehr aufbringen. Das Kapital ist in Anteile (quotas) aufgeteilt und die Gesellschafter haften solidarisch für die Leistung der Einlagen. Die Einlagen müssen jeweils mindestens 1,- € betragen.

Irrtum Nr. 10:

Ich habe vor einem portugiesischen Gericht obsiegt. Nun habe ich einen Anspruch gegen die unterliegende Partei auf Erstattung meiner Anwaltskosten.

Sie liegen falsch. Zwar hat die obsiegende gegen die unterliegende Partei einen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Gerichtskosten und der Kosten, die an den Vollstreckungsgehilfen gezahlt wurden. Die Rechtsanwaltskosten muss jede Partei im Gegensatz zu deutschem Recht jedoch grundsätzlich selbst tragen.

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