Handelsvertreter in Portugal: Wie deutsche Produkte vor Ort vermarket werden können.
Ein Handelsvertreter in Portugal vermittelt Geschäftsabschlüsse für Produkte im Namen und auf Rechnung des deutschen Unternehmens. Das deutsche Unternehmen kann dadurch seine Produkte in Portugal vermarkten, ohne vor Ort eine Niederlassung oder selbständige Tochtergesellschaft gründen zu müssen. Da der Handelsvertreter als selbständiger Gewerbetreibender agiert, sieht sich das deutsche Unternehmen auch nicht dem arbeitnehmerfreundlichen portugiesischen Arbeitsrecht ausgesetzt. Und der Handelsvertreter kann sich als selbständiger Gewerbetreibender frei entfalten. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert die wichtigsten Regelungen des Handelsvertretervertrages nach portugiesischen Recht.
Der Handelsvertretervertrag ist ein Vertrag, durch den sich der Handelsvertreter verpflichtet, selbstständig und auf Dauer für ein Unternehmen gegen Vergütung Vertragsabschlüsse zu vermitteln. Das portugiesische Recht unterscheidet zwischen dem Handelsvertreter (agente) und dem Handelsvertreter mit Vertretungsmacht (agente com representação). Letzterer vermittelt nicht nur Geschäfte, sondern kann auch im Namen des Unternehmens Geschäfte abschließen. Die Tätigkeit des Handelsvertreters kann auf ein bestimmtes Gebiet begrenzt oder auf einen festgelegten Kundenkreis limitiert sein. Möglich ist auch die Einräumung eines Alleinvertretungsrechts in einem bestimmten Gebiet, das ganz Portugal umfassen kann. Es kann auch vereinbart werden, dass der Handelsvertreter für kein Konkurrenzunternehmen tätig sein darf.
Es ist beiden Parteien zu raten, den Handelsvertretervertrag stets schriftlich abzuschließen. Bestimmte Vertragsklauseln, wie das Alleinvertretungsrecht oder die Inkassovollmacht, müssen schriftlich fixiert werden.
Die wesentlichen Pflichten des Handelsvertreters kann man wie folgt zusammenfassen: Er hat die Weisungen des Unternehmens zu befolgen, solange ihm seine Selbstständigkeit nicht genommen wird (Abgrenzung zum Arbeitsvertrag). Außerdem hat er dem Unternehmen Auskunft zu erteilen, etwa über die Bonität der Kunden. Ferner hat er das Unternehmen über die Marktsituation aufzuklären und regelmäßig Rechenschaft abzulegen. Auch darf er keine Geschäftsgeheimnisse gegenüber Dritte offenbaren. Es kann schriftlich vereinbart werden, dass der Handelsvertreter nach der Vertragsbeendigung einem nachträglichen Konkurrenzverbot unterliegt. Dieses Verbot darf zwei Jahre nicht überschreiten und führt zu einer Ausgleichzahlung durch das Unternehmen.
Das Unternehmen hat dem Handelsvertreter alle Informationen zum Produkt zur Verfügung zu stellen, wie Werbematerial, Handbücher und natürlich Preislisten. Der Handelsvertreter hat einen Anspruch gegen das Unternehmen auf unverzügliche Information über die Annahme oder Ablehnung der durch ihn vermittelten Geschäfte. Damit verbunden ist die Pflicht des Unternehmens, dem Handelsvertreter regelmäßig eine Liste der abgeschlossenen Geschäfte zu übermitteln, da sich danach sein Provisionsanspruch berechnet. Bei Zweifeln über die Richtigkeit der Liste, hat das Unternehmen dem Handelsvertreter Einsicht in die Buchhaltung des Unternehmens zu gewähren. Wurde kein Entgelt vertraglich vereinbart, schuldet das Unternehmen dem Handelsvertreter eine „ortsübliche Vergütung“. In der Regel besteht die vereinbarte Vergütung des Handelsvertreters in einer Provision; die Provision kann aber auch mit einer festen Vergütung (z.B. begrenzt auf die ersten sechs Monate) gekoppelt werden. Der Handelsvertreter hat spätestens dann einen Anspruch auf Zahlung der Provision, wenn der Kunde den Vertrag erfüllt. Es können auch andere Regelungen getroffen werden. Es ist üblich, dass der Anspruch bereits mit Abschluss des Vertrages entsteht, unabhängig davon, ob bzw. wann der Kunde den Preis zahlt.
Von besonderer Bedeutung, da oftmals Quelle von Rechtsstreitigkeiten, sind die Regelungen über die Beendigung des Handelsvertretervertrages. Die praxisrelevantesten Fälle betreffen die Beendigung durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung. Bei einer unbefristeten Vertragslaufzeit betragen die gesetzlichen Kündigungsfristen im ersten Jahr der Vertragsdauer 1 Monat, im zweiten Jahr 2 Monate und ab dem dritten Jahr 3 Monate. Innerhalb bestimmter Grenzen können die Parteien andere Kündigungsfristen vereinbaren. Wird die Kündigungsfrist missachtet, entstehen Schadensersatzansprüche. Eine außerordentliche Kündigung kommt bei einer schweren Vertragspflichtverletzung durch eine Partei in Betracht und muss von Fall zu Fall rechtlich begutachtet werden. Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb eines Monats nach Kenntnis der die Kündigung rechtfertigenden Umstände erfolgen. Mit der außerordentlichen Kündigung können Schadensersatzansprüche einhergehen.
In letzter Zeit mussten sich portugiesische Gerichte wiederholt mit der im Handelsvertretergesetz vorgesehenen „Entschädigung für den Kundenstamm“ (indemnização de clientela) befassen, die bei anderen Vertragstypen, die dem Handelsvertretervertrag ähneln, analog herangezogen wird. Dieser Anspruch steht dem Handelsvertreter zu, a) wenn er für das Unternehmen neue Kunden geworben oder den Umsatz mit vorhandenen Kunden stark gesteigert hat, b) das Unternehmen auch nach der Beendigung des Vertrages hieraus erhebliche Vorteile ziehen kann und c) der Handelsvertreter nach der Beendigung des Vertrages keine Vergütung mehr für die mit diesen Kunden abgeschlossenen Verträge erhält. Die Höhe dieses Anspruchs darf nicht eine nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresvergütung überschreiten. Aufgrund dieser Gefahren, insbesondere für das Unternehmen, ist bei einer bevorstehenden Kündigung anwaltlicher Rat besonders wichtig.