Miteigentum an Immobilien in Portugal: Fragen und Antworten.

Miteigentum an Immobilien in Portugal: Fragen und Antworten.
Wenn mehrere Personen gleichzeitig Eigentümer derselben Immobilie sind, stellen sich ähnliche Fragen wie bei einer Ehe. Wie kann die Aufhebung des Miteigentums erreicht werden? Wer darf die Immobilie nutzen? Wer kommt für die laufenden Kosten auf? Wie kann ein Verkauf erfolgen? Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau beantwortet die wichtigsten Fragen.

1. Wie entsteht Miteigentum an einer Immobilie?
Miteigentum (compropriedade) ist vom Gesamthandseigentum (comunhão de bens) zu unterscheiden. Gesamthandseigentum liegt vor, wenn Eigentum mehreren Personen gemeinsam zusteht, d.h. jede Person ist für sich Eigentümer der ganzen Sache. Beim Miteigentum sind die Miteigentümer hingegen jeweils Eigentümer eines ideellen Bruchteils an der Sache.
Beispiel: Anna und Karl sind beide ledig und erwerben, jeweils zu 50 %, ein Haus in Lagos. Durch den Erwerb werden Anna und Karl jeweils Eigentümer eines ideellen Bruchteils in Höhe von 50 % an dem Gebäude. Gesamthandseigentum entsteht vor allem bei einer Erbengemeinschaft.
Beispiel: Anna und Karl erben eine Immobilie. An der Immobilie entsteht Gesamthandseigentum. Erst im Falle einer Erbteilung (partilha da herança) kann Miteigentum an der Immobilie entstehen.

2. Entsteht Miteigentum, wenn Ehegatten zusammen eine Immobilie kaufen?
Besaßen beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eingehung der Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit oder hatten sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Eingehung der Ehe in Deutschland, findet in Portugal das deutsche eheliche Güterrecht Anwendung. Haben die Ehegatten keinen anderslautenden Ehevertrag abgeschlossen, sind sie im deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet.
Beispiel: Anna und Anton sind beide deutsche und haben keinen (vor oder nach Eingehung der Ehe) Ehevertrag abgeschlossen. Anna und Anton unterschreiben einen Kaufvertrag über ein Haus in Lagos. Mit dem Vertragsabschluss sind Anna und Anton jeweils zu 50 % Miteigentümer des Hauses geworden. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn Anna und Anton im ehelichen Güterstand der Gütertrennung verheiratet wären. Das deutsche Recht kennt auch noch den ehelichen Güterstand der Gütergemeinschaft, der aber nur sehr selten vertraglich vereinbart wird. Dies hat zur Folge, dass in über 95 % aller Fälle, in denen nur ein Ehegatte den Kaufvertrag über die portugiesische Immobilie unterschreibt, nur dieser Ehegatte Eigentümer wird. Die falsche Wiedergabe des ehelichen Güterstandes in der Kaufurkunde oder im portugiesischen Grundbuch ändert nichts daran, dass nur der Ehegatte Eigentümer der Immobilie wurde, der den Kaufvertrag unterschrieben hat. Somit ist festzustellen, dass nahezu stets Miteigentum entsteht, wenn deutsche Ehegatten portugiesisches Immobilieneigentum gemeinsam erwerben.

3. Muss in der Erwerbsurkunde stehen, welchen Anteil der jeweilige Erwerber erwirbt?
Nein, nicht unbedingt. Beispiel: Schließen Anna, Anton und Christine eine Erwerbsurkunde (Kaufvertrag, Schenkungsvertrag, o.Ä.) über ein Gebäude in Lagos ab und steht in ihr nicht ausdrücklich, dass sie jeweils ein Drittel erwerben, so wird gesetzlich vermutet, dass jeder ein Drittel erwarb. Sie hätten vereinbaren können, dass z. B. Anna 25 %, Anton 25 % und Christine 50 % erwerben. Letzteres hätten sie aber ausdrücklich erklären müssen.

4. Wer darf die gemeinschaftliche Immobilie nutzen?
Wurde keine abweichende Vereinbarung zwischen den Miteigentümern getroffen, steht jedem Miteigentümer das Recht zu, die Immobilie zu nutzen. Die Nutzung unterliegt allerdings zwei Einschränkungen: (1) Die Immobilie muss zweckbestimmt genutzt werden (z.B. darf ein Wohnhaus nicht als Arztpraxis genutzt werden) und (2) die anderen Miteigentümer dürfen nicht an der Nutzung ausgeschlossen werden. Letzteres setzt voraus, dass die Miteigentümer die Immobilie gleichzeitig nutzen können oder zu unterschiedlichen Zeiten bzw. Zeiträumen.

5. Welche Rechte stehen dem einzelnen Miteigentümer gegenüber Dritten zu?
Befindet sich die Immobilie im Besitz eines Dritten (z.B. eines Hausbesetzers), steht jedem Miteigentümer das Recht zu, die Herausgabe der (ganzen) Immobilie zu verlangen. Der Dritte kann somit nicht wirksam vortragen, dass der Miteigentümer nur Eigentümer eines ideellen Bruchteils des Ganzen ist.

6. Kann der Miteigentümer seinen Eigentumsanteil veräußern?
Der Miteigentümer kann über seinen ideellen Bruchteil verfügen (verkaufen, verschenken, usw.). Auch kann er seinen Anteil belasten, etwa mit einer Hypothek. Beabsichtigt ein Miteigentümer seinen Anteil zu verkaufen, wird er in der Regel keinen Käufer finden. Ein Käufer ist in aller Regel nur daran interessiert, die ganze Immobilie zu kaufen und nicht nur einen ideellen Bruchteil am Ganzen.

7. Haben die anderen Miteigentümer bei einem Verkauf ein Vorkaufsrecht?
Verkauft ein Miteigentümer seinen ideellen Bruchteil, steht den anderen Miteigentümern ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu. Der beabsichtigte Verkauf muss den anderen Miteigentümern angezeigt werden. Die Miteigentümer können sodann innerhalb einer Frist von acht Tagen bekunden, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Werden die anderen Miteigentümer über den beabsichtigten Verkauf nicht informiert, können sie innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Kenntniserlangung über die Veräußerung Klage (gegen den Verkäufer
und den Käufer) erheben.

8. Welche Pflichten haben die Miteigentümer untereinander?
Die Miteigentümer müssen sich an den laufenden Kosten in Höhe ihrer Eigentumsanteile beteiligen. Unter laufende Kosten fallen solche Ausgaben, die für den Erhalt und die Nutzung der Immobilie notwendig sind. Die Miteigentümer können natürlich eine abweichende Vereinbarung treffen. Ein Miteigentümer kann durch ein Verzicht auf sein Recht erreichen, dass er sich nicht an den laufenden Kosten beteiligen muss.

9. Wer verwaltet die gemeinschaftliche Immobilie?
Den Miteigentümer steht es frei, eine Vereinbarung über diese Frage zu treffen. Wurde keine abweichende Vereinbarung getroffen, sind alle Miteigentümer dazu berufen, die Immobilie zu verwalten. Jeder Miteigentümer kann Verwaltungsmaßnahmen ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer vornehmen. Allerdings können die anderen Miteigentümer der jeweiligen Maßnahme widersprechen. Über den Widerspruch entscheidet die Mehrheit. Bereits 50 % der Eigentumsanteile bilden eine Mehrheit im Sinne des Gesetzes. Kann keine Mehrheit gebildet
werden, kann jeder Miteigentümer die Frage vor Gericht klären lassen.

10. Wie kann das Miteigentum an der Immobilie aufgehoben werden?
Das Miteigentum an der Immobilie erlischt, sobald ein Miteigentümer alle Anteile der anderen Miteigentümer erworben hat oder die Miteigentümer ihre Anteile vollständig an einen Dritten veräußert haben. Denkbar ist auch die Aufteilung der Immobilie in Wohnungseigentum.
Beispiel: Ein Gebäude mit zwei selbständigen Wohnungen, die jeweils getrennte Eingänge und Zugang zum öffentlichen Weg haben, steht im Miteigentum von Anna und Anton. Es wird eine Urkunde über die Aufteilung der Immobilie in zwei selbständige Wohnungen beurkundet, mit der Folge, dass Anna die linke Wohnung und Anton die rechte Wohnung erhalten. Dadurch werden Anna und Anton jeweils Alleineigentümer ihrer Wohnungen.

11. Was passiert, wenn die Miteigentümer sich nicht über die Aufhebung des Miteigentums einigen können?
Können sich die Miteigentümer nicht außergerichtlich über die Aufhebung des Miteigentums an der Immobilie einigen, kann jeder Miteigentümer die Aufhebung gerichtlich durchsetzen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Miteigentümer kein Aufhebungsverbot vertraglich vereinbart haben. Der Zeitraum des Verbots darf laut Gesetz jedoch fünf Jahre nicht überschreiten, kann jedoch immer wieder durch eine neue Vereinbarung verlängert werden.

Wurde ein Antrag auf Aufhebung des Miteigentums vor Gericht gestellt, prüft das Gericht, ob die Immobilie teilbar ist oder nicht. Ist die Immobilie teilbar, d.h. liegen die Voraussetzungen für die Aufteilung der Immobilie in Wohnungseigentum bzw. liegen die Voraussetzungen für die Teilung eines unbebauten Grundstückes vor, wird die Immobilie in der Substanz unter Berücksichtigung der Anteile der Miteigentümer geteilt. Vom Gericht wird regelmäßig ein Gutachten über diese Frage eingeholt. In der Regel ist die Immobilie nicht teilbar. Bei einer Wohnimmobilie scheitert eine Teilung oftmals daran, dass aus ihr keine separaten Wohneinheiten gebildet werden können. Bei einem unbebauten Grundstück scheitert die Teilung regelmäßig daran, dass die Grundstücksparzellen nach der Teilung nicht die gesetzlichen Mindestgrößen einhalten. In der Algarve darf die jeweilige Parzelle grundsätzlich nicht kleiner als 50.000 m² sein.

Ist die Immobilie nicht teilbar und ist kein Miteigentümer bereit, die Anteile der anderen Miteigentümer abzukaufen, wird die Immobilie verkauft. Die Miteigentümer können im Rahmen des Verkaufes mitbieten. Da der Verkauf der Immobilie auf der Grundlage der Vorschriften über eine Zwangsvollstreckung erfolgt, gehen die Miteigentümer ein großes Risiko ein. Dies aus folgenden Gründen: (1) Der Verkauf erfolgt in der Regel im Verschlossenen-Brief-Verfahren. Die Briefe werden geöffnet und derjenige, der das höchste Gebot abgegeben hat, erhält den Zuschlag. Es findet keine öffentliche Versteigerung statt. (2) Das Mindestgebot beträgt nur 85 % des Wertes der Immobilie (wobei das Gericht weiter runter gehen kann, sollte kein Verkauf zustande kommen!). (3) Als Wert der Immobilie wird in der Regel der geringe Steuerwert herangezogen. Zwar zählt laut Gesetz entweder der Steuerwert oder der Verkehrswert, je nachdem, welcher Wert höher ist. Über die Höhe des Verkehrswertes lässt sich aber kräftig streiten! (4) Den Miteigentümern steht bei einem Verkauf der Immobilie an einen Dritten laut ständiger Rechtsprechung kein Vorkaufsrecht im Rahmen des Zwangsverkaufes zu.

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