Mängelansprüche bei Werkverträgen in Portugal:

Mängelansprüche bei Werkverträgen in Portugal:
Treten nach der Fertigstellung eines Werkes Mängel auf, stellt sich die Frage, welche Rechte der Besteller hat. Anhand typischer Beispiele beantewortet Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau eine Reihe an Fragen zu Mängelansprüchen in Portugal.

Der Werkvertrag (contrato de empreitada) ist ein Vertrag, in welchem ein Unternehmer von einem Besteller zur Herstellung eines Werkes beauftragt wird und der Besteller sich zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Die Errichtung von unbeweglichen (z.B. Wohnhaus) und beweglichen (z.B. Bücherschrank) Sachen gehört zu den klassischen Werkverträgen.

1. Welches Recht findet Anwendung?
Beispiel: Die Eheleute Meyer beauftragen ein in Portimão ansässiges Unternehmen ihr Schwimmbad zu reparieren, das seit geraumer Zeit Wasser verliert. Die Werkleistungen werden aber mangelhaft erfüllt, da das Leck nicht behoben wurde. Das Unternehmen verweigert die Mängel zu beseitigen. Deshalb entscheiden sich die Eheleute Meyer die Leistung einzuklagen. Welche Gerichte sind zuständig und welches Recht findet Anwendung?

International zuständig sind die portugiesischen Gerichte, da das Unternehmen seinen Sitz in Portugal (Portimão) hat und die Verpflichtungen aus dem Vertrag außerdem in Portugal zu erfüllen sind. Aber welches Recht findet Anwendung? Da die Vertragsparteien keine Rechtswahl getroffen haben, findet das Recht des Staates Anwendung, in dem die Partei, welche die Leistung erbringt, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Sitz hat. Da das Unternehmen in Portugal seinen Sitz hat, findet somit das portugiesische Werkvertragsrecht Anwendung. Die portugiesischen Gerichte werden sich somit für international zuständig erklären und ihr eigenes Recht anwenden.

2. Der Werkunternehmer veranlasst eine Abweichung vom Auftrag. Darf er das?
Beispiel: Frau Schmitz will einen neuen Holzboden verlegen lassen und hatte sich bereits für Eichenholz entschieden. Der Werkunternehmer hatte aber nicht mehr ausreichend Eichenholz zur Verfügung und baute das vorrätige Buchenholz ein. Dies wurde mit Frau Schmitz nicht abgesprochen.

Der Unternehmer darf ohne Zustimmung des Bestellers nicht vom vereinbarten Plan abweichen. Wenn er das Werk nichtsdestotrotz verändert, dann gilt es als mangelhaft. Der Besteller kann dann seine Mängelansprüche geltend machen oder das neue Werk annehmen, ohne dass zusätzliche Vergütungen geleistet werden müssen. Hinweis: Der Besteller kann hingegen jederzeit Änderungen bei der Werkherstellung festlegen. Der Unternehmer kann dann eine Erhöhung der vereinbarten Vergütung im Verhältnis zu den Mehrausgaben und der Arbeitskraft verlangen. Außerdem kann er in einem solchen Fall die Verlängerung der Frist zur Fertigstellung des Werkes fordern.

3. Welche Schritte sollte der Besteller beachten, wenn das Werk fertiggestellt ist?
Der Unternehmer ist in der Pflicht das Werk in Übereinstimmung mit dem Vereinbarten und frei von Mängeln herzustellen. Nachdem das Werk fertiggestellt wurde, muss es noch vom Besteller angenommen werden. Vor der Annahme des Werkes, sollte der Besteller überprüfen, ob es mit dem Vereinbarten übereinstimmt und mangelfrei ist. Wenn der Besteller das Werk stillschweigend und ohne Vorbehalt annimmt, obwohl er einen Mangel feststellt, dann ist der Unternehmer nicht mehr für diesen Mangel verantwortlich. Das gilt allerdings nur für anfängliche und offensichtliche (d.h. erkennbare) Mängel. Gewährleistungsansprüche für Mängel, die nach der Annahme auftauchen bzw. sichtbar werden bleiben davon unberührt.

4. Welche Rechte hat der Besteller (der ein Verbraucher ist) bei Mängeln?
Beispiel: Herr Schröder beauftragt einen Bauunternehmer zur Errichtung einer neuen Ferienvilla. Nach drei Jahren treten Feuchtigkeitsschäden auf. Außerdem lässt er sich von einem Schreiner ein Bücherregal bauen. Nach einem Jahr muss er feststellen, dass die Regalböden mit dem Gewicht der Bücher durchhängen und einreißen. Grundsätzlich steht dem Besteller ein gesetzlicher Gewährleistungsanspruch zu. Es muss zwischen unbeweglichen (Gebäude) und beweglichen (Bücherregal) Sachen unterschieden werden. Außerdem muss zwischen Werkverträgen unterschieden werden, die zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer oder zwischen zwei Unternehmern geschlossen werden. Im Unterschied zum Unternehmer schließt der Verbraucher den Werkvertrag nicht in Ausübung seiner gewerblichen und beruflichen Tätigkeit ab. Da Herr Schröder als Verbraucher beide Werkverträge abgeschlossen hat, gelten spezielle Verbrauchsgütervorschriften. Die Frist für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen beträgt bei unbeweglichen Sachen (Ferienvilla) 5 Jahre und bei beweglichen Sachen (Bücherregal) 2 Jahre ab der Abnahme des Werkes. Herr Schröder muss nur beweisen, dass ein Mangel vorliegt. Bei Mängeln, die innerhalb dieser Fristen festgestellt werden, wird nämlich vermutet, dass sie von Anfang an bestanden und somit vom Werkunternehmen zu verantworten sind. Der Werkunternehmen kann sich demnach nur entlasten, wenn er das Gegenteil beweist. Das gelingt ihm so gut wie nie.

Aber welche Rechte hat Herr Schröder? Herr Schröder hat grundsätzlich ein Wahlrecht: Er kann die Mängelbeseitigung, eine angemessene Preisminderung oder den Rücktritt vom Vertrag verlangen bzw. erklären. Die Mängelbeseitigung kann in der Reparatur oder in der Errichtung eines neuen (mangelfreien) Werkes bestehen. Die Kosten, wie Transport, Material und Arbeitskraft für die Beseitigung des Mangels, hat der Unternehmer alleine zu tragen. Vom Vertrag zurücktreten kann der Verbraucher jedoch nur dann, wenn der Rücktritt sich nicht als unangemessen oder rechtsmissbräuchlich darstellt. Dies richtet sich nach dem Einzelfall. Während Herr Schröder vom Vertrag mit dem Schreiner zurücktreten könnte, kann er vom Vertrag mit dem Bauunternehmer hingegen nicht zurücktreten. Der Rücktritt führt nämlich dazu, dass die Leistungen zurückgewährt werden müssen, d.h. der Schreiner erhält den Schrank und Herr Schröder sein Geld zurück. Neben den Gewährleistungsansprüchen, kann der Besteller stets auch Schadensersatz geltend machen, soweit ein Schaden entstanden ist, der auf den Mangel zurückzuführen ist.

Wichtig: Sobald der Besteller Kenntnis über den Mangel erlangt hat, hat er bei beweglichen Sachen 2 Monate und bei unbeweglichen Sachen 1 Jahr Zeit, um die Mängel anzuzeigen.

5. Vom Unternehmen wird eine Zusatzgarantie angeboten. Inwieweit macht sie Sinn?
Beispiel: Im letztgenannten Beispiel bietet der Bauunternehmer Herrn Schröder eine „Zusatzgarantie“ über 10 Jahre an. Wäre Herr Schröder damit besser abgesichert?

Es können zusätzliche gewerbliche Garantien vertraglich vereinbart werden. Sie werden oft im Zusammenhang mit Sachen von höherem Wert angeboten. Sie können durchaus einen besseren oder längeren Schutz sichern, aber sie ersetzen niemals die gesetzliche Mindestgewährleistung, die bei Gebäuden 5 Jahre beträgt. Bestimmungen, die die allgemeinen Rechte des Bestellers, der Verbraucher ist, begrenzen oder aufheben, sind nichtig. Garantien müssen außerdem schriftlich und ausreichend bestimmt abgegeben werden. Es muss stets auf die gesetzlichen Vorschriften verwiesen werden und die Vorteile, Kosten und Fristen müssen konkretisiert sein.

6. Ich verkaufe mein Haus und die Mängel tauchen beim neuen Eigentümer erst auf. Wem stehen welche Rechte zu?
Beispiel: Herr Bauer hat Renovierungsarbeiten an seinem Haus in Lagos am 24.02.2016 fertiggestellt. Im 01.12.2017 verkauft er es an die Eheleute Meyer. Nach dem Kauf stellen die Eheleute Meyer fest, dass in die Wände Feuchtigkeit eindringt. Herr Meyer fragt sich, ob er Mängelansprüche gegen das Bauunternehmen, das Herr Bauer beauftragt hatte, geltend machen kann.

Die Frist der gesetzlichen Gewährleistung beginnt ab der Annahme des Werkes. Wird das Haus innerhalb dieser Frist verkauft, dann schreibt das portugiesische Gesetz ausdrücklich vor, dass die Rechte auf den Dritterwerber übergehen. Die Eheleute Meyer können somit Gewährleistungsansprüche gegen den Werkunternehmer geltend machen, als hätten sie selbst mit ihm den Werkvertrag abgeschlossen.

7. Ich habe den Mangel angezeigt, aber das Unternehmen unternimmt nichts. Wie ist die Rechtslage?
Beispiel: Frau Müller hat sich eine neue Küche einbauen lassen. Der Herd funktioniert nicht. Sie hat den Mangel dem Unternehmer am 2.1.2017 angezeigt, aber es hat bis heute nicht reagiert.

Ab dem Zeitpunkt in dem der Besteller den Mangel dem Werkunternehmer angezeigt hat (s. Punkt 4.), muss dieser bei beweglichen Sachen den Mangel innerhalb von 30 Tage beseitigen. Bei unbeweglichen Sachen muss die Beseitigung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen. Reagiert das Unternehmen einfach nicht oder wird die Mangelbeseitigung verweigert, muss der Besteller seine Ansprüche gerichtlich einfordern. Dafür hat er bei beweglichen Sachen 2 Jahre und bei unbeweglichen Sachen 3 Jahre Zeit. Diese Fristen beginnen mit der genannten Anzeige des Mangels.

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