Der steuerliche Wohnsitz ist das wichtigste Kriterium bei der Frage, ob man in Portugal Steuern zahlen muss.
Jedes Land entscheidet selbst darüber, wann ein steuerlicher Wohnsitz in seinem Territorium vorliegt.
Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau beantwortet die häufigsten Fragen.
Weder das EU-Recht noch die bilateralen Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung, die Portugal etwa mit Deutschland, Österreich und der Schweiz abgeschlossen hat, defi-nieren den Begriff des steuerlichen Wohnsitzes. Dieser Begriff wurde durch den portugiesischen Gesetzgeber in den letzten 10 Jahren mehrmals geändert. Die praktische Bedeutung ist enorm. Der Grundsatz lautet, dass derjenige, der in Portugal seinen steuerlichen Wohnsitz hat, in Portugal sein gesamtes Welteinkommen zu versteuern hat. Wer hingegen in Portugal nicht steuerlich ansässig ist, muss nur das Einkommen in Portugal versteuern, dass er in Portugal erzielt.
1. Wann gilt man als in Portugal steuerlich ansässig?
Eine natürliche Person gilt als in Portugal steuerlich ansässig, und damit sog. unbeschränkt steuerpflichtig, a) wenn sie sich mehr als 183 Tage (fortlaufend oder mit Unterbrechungen) während eines fortdauernden 12-Monatszeitraumes mit Beginn oder Ende in dem Jahr, in dem die 183 Tage vervollständigt werden, aufhält (unter Aufenthalt ist hier die Übernachtung in Portugal gemeint) oder b) wenn sie sich über einen kürzeren Zeitraum als 183 Tage (fortlaufend oder mit Unterbrechungen) in Portugal aufhält, aber über eine Wohnung verfügt, die darauf schließen lässt, dass sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort begründen wird. Eine in Portugal ansässige Person hat gem. Art. 13 Abs. 1 CIRS ihr gesamtes weltweit erzieltes Einkommen in Portugal zu versteuern (unbeschränkte Steuerpflichtigkeit). Einzelheiten bzw. Ausnahmen sehen die bilateralen Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung vor.
2. Gilt man stets für das ganze Steuerjahr als steuerlich ansässig?
Das Steuerjahr deckt sich bei der Besteuerung von natürlichen Personen mit dem Kalender-jahr. Bis zum 31.12.2014 galt man als über das gesamte Jahr steuerlich ansässig, wenn man eine der unter Frage 1. genannten Kriterien während dieses Jahres erfüllte. Dieser starre Grundsatz wurde 2015 abgeschafft, in dem der sog. partielle steuerliche Wohnsitz eingeführt wurde. Man kann im selben Steuerjahr zeitweise steuerlich ansässig und zeitweise steuerlich nicht ansässig sein. Der Steuerbürger ist in diesem Falle verpflichtet, zwei Steuererklärungen abzugeben (Art. 57 Abs. 6 CIRS). Damit diese Regelung nicht missbraucht wird, hat der Gesetzgeber aber folgende Schranken eingebaut, die jeweils dazu führen, dass er als im gesam-ten Steuerjahr als ansässig behandelt wird: a) der Steuerbürger galt im Vorjahr als in Portugal steuerlich ansässig, b) sich in Portugal über 183 Tage (fortlaufend oder mit Unterbrechungen) aufhielt und während dieses Jahres und nach dem letzten Tag seines Aufenthalts Einkünfte erzielte, die der Einkommensteuer unterlägen, hätte er seinen Ansässigkeitsstatus in Portugal aufrechterhalten oder c) im Jahr nach der Aufgabe seinen Ansässigkeitsstatus wieder in Portugal steuerlich ansässig wird. Die unter b) genannte Schranke wird aufgehoben, wenn der Steuerbürger nachweist, dass seine Einkünfte in einem anderen Staat besteuert wurden. Um die partielle steuerliche Ansässigkeit und die unter c) genannte Schranke zu verdeutlichen, folgendes Beispiel: Hans hat Lagos am 15. April des Jahr 2019 verlassen und ist nach Ham-burg gezogen. Er gilt somit als in Portugal steuerlich ansässig vom 1.1.-15.4.2019 und nicht steuerlich ansässig vom 16.4.-31.12.2019. Er hat eine Steuererklärung (Modelo 3) in Portugal für sein Einkommen vom 1.1.-15.4.2019 abzugeben. Eine weitere Erklärung muss er nicht abgeben, da er in Portugal kein weiteres Einkommen erzielt hat. Jedoch kehrt er am 10.4.2020 nach Portugal zurück und wird hier steuerlich ansässig. Letzteres führt dazu, dass Hans über das gesamt Jahr 2019 als ansässig gilt und muss deshalb eine neue Steuererklärung über das gesamte Jahr 2019 abgeben, d.h. unter Angabe der in Hamburg im Jahr 2019 erzielten Ein-künfte (seine alte Erklärung wird durch die neue ersetzt). Sollte der deutsche Fiskus sein Ein-kommen, das er in Hamburg erzielt hat, bereits besteuert haben, wird Portugal diese Steuer anrechnen. Im Jahr 2020 wird Hans als über das gesamte Jahr steuerlich ansässig behandelt.
3. Unterscheidet sich der steuerliche Wohnsitz vom einfachen Wohnsitz?
Ja. Der steuerliche Wohnsitz (residência fiscal) darf nicht mit dem einfachen Wohnsitz (domicílio) gleichgesetzt werden. Der einfache Wohnsitz ist allerdings ebenso von Bedeutung. Er ist der Finanzverwaltung stets bekannt zu geben, da er dazu dient, dass der Steuerbürger vom Fiskus benachrichtigt werden kann. Wer seinen Wohnsitz ändert, muss dem Fiskus innerhalb von 60 Tagen den neuen Sitz bekanntgeben. Wird der neue Sitz nicht wirksam angezeigt, kann sich der Steuerbürger später nicht darauf berufen, dass er z.B. den Steuerbescheid nicht erhalten hat. In der Praxis kommt es leider wiederholt vor, dass die Finanzverwaltung den einfachen Wohnsitz mit dem steuerlichen Wohnsitz vermischt. Beispiel: Hans hatte seinen steuerlichen Wohnsitz in Lagos, wo er berufstätig war. Am 2.1.2019 zog er zurück nach Hamburg ohne dem portugiesischen Fiskus innerhalb der genannten 60-Tages-Frist seinen neuen Wohnsitz bekanntzugeben. Obwohl Hans seit dem 2.1.2019 seinen steuerlichen Wohnsitz nicht mehr in Portugal hat, ist es usus der portugiesischen Finanzverwaltung so zu tun, als wäre Hans weiterhin in Portugal steuerpflichtig, da er seinen (einfachen) Wohnsitz in der Datenbank der Finanzverwaltung nicht ändern ließ. Hans hat zwar gegen die Vorschrift verstoßen seinen neuen Wohnsitz anzugeben, jedoch führt dieser Verstoß nicht dazu, dass er weiterhin als in Portugal steuerpflichtig behandelt werden darf.
4. In welchem Verhältnis steht der steuerliche Wohnsitz zum steuerlichen Sonderstatus RNH?
Der steuerliche Sonderstatus „residente não habitual“ setzt gerade voraus, dass man während der letzten 5 Jahre vor der Antragstellung keinen steuerlichen Wohnsitz in Portugal hatte und deren Bewilligung setzt die Begründung des steuerlichen Wohnsitzes in Portugal voraus.
5. Wird mein Ehepartner ebenso als in Portugal steuerlich ansässig behandelt, wenn ich meinen steuerlichen Wohnsitz in Portugal begründe?
Nein. Jeder Ehepartner wird eigenständig behandelt. Die früher geltende Vermutung, dass beide Ehepartner in Portugal steuerlich ansässig sind, wenn zumindest einer von ihnen seinen steuerlichen Wohnsitz im Inland hat, wurde aufgehoben. Auch besteht keine Pflicht mehr zur Angabe einer gemeinsamen Steuererklärung.
6. Braucht jeder, der in Portugal eine Steuernummer hat, einen Steuervertreter?
Nein. Einen Steuervertreter brauchen nur Steuerbürger, die ihren steuerlichen Wohnsitz nicht in einem EU-Staat (einschließlich Island und Norwegen) haben. Wer z.B. steuerlich in Deutschland ansässig ist, benötigt keinen Steuervertreter. Vielmehr sendet die portugiesische Finanzverwaltung jegliche Korrespondenz direkt an die deutsche Anschrift. Wer in Portugal seinen steuerlichen Wohnsitz hat, sich aber über sechs Monate nicht in Portugal aufhält, muss ebenso einen Steuervertreter ernennen. Auch diese Pflicht betrifft aber nicht solche Bürger, die sich während der Zeit der Abwesenheit in einem EU-Staat (einschließlich Island und Norwegen) aufhalten.
7. Wie werde ich in Portugal besteuert, wenn ich meinem steuerlichen Wohnsitz nicht in Portugal habe?
Grundsätzlich wird nur das Einkommen besteuert, dass in Portugal erzielt wird; davon ausgenommen sind Rentenbezüge. Art. 71 CIRS (portugiesisches Einkommensteuergesetz) sieht besondere Abgeltungssteuersätze (taxas liberatórias) vor. Die Steuerschuld wird hier endgültig im Wege der Quellenbesteuerung (retenção na fonte) entrichtet. So unterliegen z.B. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit einem Steuersatz in Höhe von 25 %. Des Weiteren sieht Art. 72 CIRS sog. spezielle Steuersätze (taxas especiais) vor. Im Gegensatz zu den Abgeltungssteuersätzen des Art. 71 CIRS, werden die Steuern für diese Einkünfte nicht mit endgültiger Wirkung an der Quelle erhoben. Darunter fallen z. B. Einkünfte aus Vermietung, die einem Steuersatz in Höhe von 28 % unterliegen. Unionsbürger und Bürger aus dem Europäischen Wirtschaftsraum können statt der Quellenbesteuerung auch, unter Berücksichtigung ihres Welteinkommens (Progressionsvorbehalt), den entsprechenden anzuwendenden portugiesischen Steuersatz nach Art. 68 CIRS wählen (Art. 71 Abs. 10 ff. CIRS). Aus der Summe der inländischen und ausländischen Einkünfte wird der entsprechende Steuersatz für unbeschränkt Steuerpflichtige ermittelt, der dann allerdings nur auf die inländischen Einkünfte angewandt wird. Ein besonderes Optionsrecht für diese beschränkt Steuerpflichtigen sieht außerdem Art. 17-A CIRS vor, wenn mindestens 90 % des Einkommens in Portugal erwirtschaftet wird.