Portugiesisches Mietrecht 2019: Was sich geändert hat

keys, hands, house

Das portugiesische Mietrecht wurde in den Jahren 1990 und 2006 grundlegend reformiert. In den Jahren 2012 und 2015 wurden wichtige Teile des Mietrechts geändert. Im Februar 2019 hat der portugiesische Gesetzgeber erneut Regelungen überarbeitet, die Mieterrechte stärken sollen. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert die wichtigsten Änderungen.

1. Schriftform
Nach den Gesetzesänderungen im Jahre 2012 mussten alle Mietverträge, die Wohn- oder Gewerbeimmobilien zum Gegenstand hatten, schriftlich abgeschlossen werden. Sinn und Zweck war die höhere Rechtssicherheit und die Kontrolle der Mietzinseinnahme durch das Finanzamt. Grundsätzlich besteht dieses Schriftformerfordernis weiterhin, allerdings wird dem Mieter nunmehr die Möglichkeit gegeben den Abschluss eines mündlich geschlossenen Mietvertrages zu beweisen. Demnach kann er sich auf den Bestand des Mietvertrages berufen, wenn und soweit er beweisen kann, dass ihm der Mietraum von dem Vermieter ohne Widerspruch überlassen wurde und er den Mietzins für einen Zeitraum von sechs Monaten entrichtet hat. Die Überlassung des Mietraumes kann z.B. durch Zeugenaussagen und die Zahlung der Miete durch Vorlage der Überweisungsaufträge auf das Konto des Vermieters erfolgen. Aufgrund der hohen Praxisrelevanz ist hervorzuheben, dass für die kurzfristige Vermietung von Wohnraum an Touristen (Alojamento Local) in der Regel kein schriftlicher Mietvertrag in dem oben genannten Sinne erforderlich ist. Es kommt allerdings darauf an, ob ein reiner Mietvertrag oder ein sog. gemischter Vertrag, der nicht nur Nutzung der Wohnung als Solche, sondern auch Dienstleistungsmerkmale, wie Frühstück und Reinigung, umfasst. Liegt schwerpunktmäßig ein gemischter Vertrag vor, kann er auch mündlich abgeschlossen werden. Anderenfalls gilt das genannte strenge Schriftformerfordernis.

2. Laufzeit
Das Mietrecht unterscheidet zwischen befristeten und unbefristeten Wohnraummietverträgen. Aktuelle Änderungen finden sich in beiden Fällen. Die Laufzeit eines Mietvertrages kann grundsätzlich frei vereinbart werden. Allerdings musste vor 2012 ein befristeter Mietvertrag mindestens für fünf Jahre abgeschlossen werden. Mit den Änderungen im Jahre 2012 wurde den Mietparteien mehr Freiraum eingeräumt, sodass keine Mindestlaufzeit für befristete Verträge mehr vorgeschrieben wurde. Nun schränkt der Gesetzgeber diesen Freiraum wieder ein. Nach der geltenden Rechtslage müssen befristete Mietverträge für mindestens ein Jahr und höchstens 30 Jahre geschlossen werden. Außerdem wird der Mietvertrag dieser Regelung automatisch angepasst, wenn eine niedrigere oder eine höhere Vertragsdauer vereinbart wurden oder der Mietvertrag keine Regelung zu der Mietdauer enthält. Außerdem verlängern sich die Verträge automatisch, wenn die Parteien nicht ausdrücklich vertraglich vereinbaren, dass keine automatische Verlängerung erfolgen soll. Bei Schweigen der Mietparteien, verlängert sich der Mietvertrag also um den Zeitraum für den er geschlossen oder um drei Jahre, wenn eine geringere Mietzeit vereinbart wurde. Es besteht außerdem die Möglichkeit, der automatischen Verlängerung zu widersprechen, allerdings wirkt auch diese frühstens nach drei Jahren ab Abschluss des Vertrages. Schier unglaubliche Regelungen, die aber leider so vom portugiesischen Gesetzgeber im Februar 2019 erlassen wurden.
Somit sollte aus der Sicht des Vermieters im Mietvertrag immer einer Regelung enthalten sein, nach der die automatische Verlängerung des Mietvertrages ausgeschlossen wird. Des Weiteren gilt dies nunmehr auch für Verträge, die sich nicht auf Wohnraum beziehen; allerdings mit der Maßgabe, dass sich der Vertrag automatisch um fünf Jahre verlängert. Demnach wird die Privatautonomie auch im Rahmen der gewerblichen Vermietung sehr eingeschränkt.

3. Außerordentliche Kündigung
In Bezug auf die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Zahlungsverzug oder Nichtzahlung des Mietzinses wurde ein neuer Artikel eingeführt, der eine neue Voraussetzung für die Kündigung vorsieht. Grund für die außerordentliche Kündigung muss der Verzug der Zahlung oder die Nichtzahlung des Mietzinses sein. Dabei muss der Mieter den Mietzins vier Mal mindestens mit einer Verspätung von 8 Tagen innerhalb von zwölf Monaten bezahlt haben. Hinzukommt die neue Voraussetzung, dass der Vermieter den Mieter nach dem dritten Monat der Nichtzahlung oder des Verzuges über die Absicht, den Vertrag aus dem Grund zu kündigen, informieren muss und zwar schriftlich per Einschreiben und Rückschein. Falls dies nicht geschieht kann erst zu einem späteren Zeitpunkt gekündigt werden. Wenn demnach der Mieter beispielsweise im Monat Februar, März und Juli jeweils am 13. des jeweiligen Monats (obwohl der Mietzins laut Vertrag am 1. Tag des Monats zu zahlen ist) den Mietzins bezahlt, muss der Vermieter ihn im Juli darüber informieren, dass wenn er den Mietzins noch einmal verspätet oder nicht zahlt, er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen wird.
Der Vermieter hat bei Verzug mit der Zahlung des Mietzinses auch die Möglichkeit, anstatt zu kündigen, Schadensersatz zu verlangen. Dieser lag vorher bei 50 % des geschuldeten Betrages. Nunmehr beträgt der Prozentsatz nur noch 20 %.

In den hier dargestellten Fällen wird durch die Gesetzesänderung auch ein etwaiger Bürge des Mieters stärker geschützt. Denn wenn der Mieter den Mietzins trotz Mahnung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begleicht, muss der Vermieter den Bürgen innerhalb von 90 Tagen nach Ablauf der genannten Frist über den Verzug und die zu zahlenden Beträge informieren. Erst dann kann der Vermieter den Anspruch gegen den Bürgen geltend machen.

Auch die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit des Vermieters wegen Bauarbeiten an dem Mietobjekt wurde erschwert. Demnach kann der Vermieter das Mietverhältnis nur kündigen, wenn die Bauarbeiten den Abriss des Wohnhauses implizieren. Ist dies nicht der Fall, kann der Vermieter das Mietverhältnis nur für den erforderlichen Zeitraum unterbrechen und muss dafür Sorge tragen, dass der Mieter übergangsweise eine andere Wohnung erhält.

4. Mieterrechte
Des Weiteren wurde der Mieterschutz dahingehend verstärkt, dass dem Mieter die Durchsetzung seiner Rechte im Falle von Störungen des Mietverhältnisses oder Mängel der Mietwohnung erleichtert wurde. Beispielsweise kann der Mieter den Vermieter nunmehr bei Lärmbelästigungen im Wohnraum auffordern, diese zu beseitigen. Daraufhin hat der Vermieter 30 Tage um tätig zu werden oder zu erklären, warum er den Zustand nicht verändern oder beheben kann. Bei Schweigen des Vermieters hat der Mieter nicht nur die Möglichkeit den Vermieter zu verklagen, sondern neuerdings auch die Möglichkeit direkt eine gerichtliche Anordnung zu beantragen. Zudem hat der Mieter in diesem Fall auch einen Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter auf Zahlung von 20 € pro Tag solange der bemängelte Zustand nicht behoben wird.

5. Renovierungsarbeiten am Mietobjekt
Nur eine Gesetzesänderung erfolgt zu Gunsten des Vermieters. Diese besteht im Rahmen des Rechts des Mieters in der Mietwohnung Renovierungen vorzunehmen. Grundsätzlich darf der Mieter nur dann Renovierungen vornehmen, wenn dies vertraglich vorgesehen ist oder der Vermieter dem schriftlich zugestimmt hat. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn es sich um dringende und unerlässliche Renovierungen handelt und sich der Vermieter mit diesen im Verzug befindet. Allerdings besteht nunmehr für den Mieter nicht mehr die Möglichkeit die getätigten Aufwendungen mit dem zu zahlenden Mietzins aufzurechnen. Somit muss der Mieter, wenn er für die Renovierung der Mietwohnung Aufwendungen tätigt, diese gesondert gegen den Vermieter geltend machen. Demnach verliert der Mieter mit dieser Änderung eine sehr praktische und effektive Möglichkeit, um nicht auf den Kosten für etwaige Instandhaltungsarbeiten „sitzen zu bleiben“.

6. Fazit
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Mieterschutz auf Kosten des Vermieters weiter ausgebaut wurde. Dies ist sehr kritikwürdig. Denn zum einen schränkt der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit der Parteien ein, indem er imperative Regeln aufsetzt und zum anderen führt dieser übertriebene Mieterschutz dazu, dass die Vermietung für Eigentümer weiter an Attraktivität verliert. Das ist ein schlechtes Signal, da Mietraum knapp ist und sich Familien durch den Kauf von Eigentumswohnungen weiter verschulden. Die neuen Regelungen behindern bereits die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Nach oben scrollen