Wohnungseigentum in Portugal: Fragen und Antworten

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Dieser Beitrag des Experten im Immobilienrecht, Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, ist für alle Eigentümer von Apartments von Interesse.
Er antwortet auf die häufigsten Fragen von Wohnungseigentümern.

1. Ich bin Eigentümer eines Apartments in Carvoeiro. Wie kann ich feststellen, was mir gehört und welche Gemeinschaftsflächen existieren?

Das Wohnungseigentum (auf portugiesisch: propriedade horizontal) ermöglicht, dass jede Wohnung eine rechtliche Eigenständigkeit erhält und wie jede andere Immobilie verkauft, verschenkt oder belastet werden kann. Dabei muss es sich nicht um den klassischen Fall eines Apartments handeln. Die Regelungen über das Wohnungseigentum können nämlich entsprechend auf eine Ansammlung von (eigenständigen) Gebäuden angewandt werden, die infolge der Existenz von Gemeinschaftsflächen funktionell miteinander verbunden sind. Bei Wohnsiedlungen wird in der Praxis regelmäßig davon Gebrauch gemacht.

Während die jeweilige Wohnung im Alleineigentum des Wohnungseigentümers steht, besteht Miteigentum an den Gemeinschaftsflächen. Die Begründung von Wohnungseigentum setzt voraus, dass die einzelnen Wohneinheiten voneinander unabhängig und isoliert sowie untereinander verschieden sind. Ferner müssen sie einen eigenen Zugang zu den Gemeinschaftsflächen oder zu einer öffentlichen Straße haben. Die Begründung des Wohnungseigentums erfolgt üblicherweise durch ein einseitiges Rechtsgeschäft des Eigentümers des Gesamtgebäudes, d.h. durch die notarielle Beurkundung des Gründungstitels. Im Gründungstitel werden die Einheiten spezifiziert und jeder Einheit ein Wert am Gesamtgebäude zugewiesen. Der Wert wird in der Praxis für die jeweilige Wohneinheit durch eine Promille-Zahl angegeben. Diese Zahl ist von großer Bedeutung, da sich nach diesem Wert u.a. die Verteilung der Kostentragung und das Quorum in der Eigentümerversammlung richten. Sie müssten deshalb den Gründungstitel konsultieren, um genau zu erfahren, welche Flächen zu Ihrem Apartment und welche zum Gemeinschaftseigentum gehören.

Darauf hinzuweisen ist, dass zu den Gemeinschaftsflächen zwingend der Boden, die Säulen und die Wände, welche die Struktur des Gebäudes bilden sowie das Dach, die Ein- und Ausgänge, die Treppen und die allgemeinen Versorgungseinrichtungen (Wasser, Strom, Gas, Klimaanlage etc.) gehören. Auch Terrassen gehören zwingend zum Miteigentum, wenn sie zugleich der Überdachung dienen. Lediglich (widerlegbar) vermutet wird, dass Gärten, Aufzüge und Garagen sowie Parkplätze zu den Gemeinschaftsanlagen gehören. Zwecks Schaffung von Rechtssicherheit werden die Gemeinschaftsflächen regelmäßig bereits im Gründungstitel genau beschrieben. Der Gründungstitel kann übrigens auch festlegen, dass das Nutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche ausschließlich dem Eigentümer einer bestimmten Wohneinheit zusteht!

2. Ist neben der Existenz des Gründungstitels eine Gemeinschaftsverordnung (Hausordnung) Pflicht?

Aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergeben sich Rechte und Pflichten. Neben den genannten Gründungstiteln existiert regelmäßig eine Gemeinschaftsverordnung, welche diese Rechte und Pflichten konkretisiert. Bei Gemeinschaften mit mehr als vier Eigentümern, ist die Erstellung einer Gemeinschaftsverordnung sogar Pflicht!

3. Aus welchen Organen besteht die Gemeinschaft der Eigentümer?

Die Gemeinschaft der Eigentümer besteht aus zwei Organen, namentlich der Wohnungseigentümerversammlung (auf portugiesisch: assembleia dos condóminos) und der Verwaltung (auf portugiesisch: administração de condomínio). Zu den wichtigsten Zuständigkeiten der Versammlung gehören die Genehmigung der Kostenbilanz des zurückliegenden Jahres und die Verabschiedung des Budgets für das bevorstehende Jahr. In der Regel findet die Versammlung während der ersten beiden Januarwochen statt.

4. Wie werden die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung gefasst und welche Aufgaben hat die Verwaltung?

Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung werden durch einfache Mehrheit gefasst, sofern nichts Gegenteiliges bestimmt ist. Erscheinen bei der ersten Einberufung der Versammlung nicht mehr als die Hälfte der Stimmen, die das investierte Kapital repräsentieren, wird die Versammlung ein zweites Mal einberufen. Die Versammlung ist bei ihrer zweiten Einberufung beschlussfähig, wenn mindestens ein Viertel des Kapitals vertreten ist. Zu den Zuständigkeiten der Verwaltung, die durch die Versammlung in der Regel für ein Jahr gewählt wird, gehören u.a. die Einberufung der Versammlung, die Erstellung des Budgets, die Ausführung der Beschlüsse der Versammlung sowie die gerichtliche Vertretung der Eigentümergemeinschaft.

Hervorzuheben ist, dass Umbauten, welche die Gebäudefassade ändern sowie Nutzungsänderungen, der Zustimmung von zwei Dritteln der Eigentümer, die den Gesamtwert des Gebäudes repräsentieren (mindestens 66,6 %), bedürfen.

Die notwendigen Ausgaben für die Pflege und Nutzung der Gemeinschaftsflächen werden anteilig von jedem Eigentümer entsprechend des Promille-Wertes seiner Wohnung gezahlt. Liegt ein berechtigter Grund vor, kann in der Gemeinschaftsverordnung festgelegt werden, dass konkrete Ausgaben nur von bestimmten Eigentümern gezahlt werden. Diese Festlegung setzt allerdings einen Beschluss mit einer Zweidrittelmehrheit voraus. Dienen Gemeinschaftsanlagen ausschließlich bestimmten Eigentümern, beteiligen sich nur diese an den Ausgaben. Eigentümer, die im Erdgeschoss wohnen, müssen sich z.B. nicht an den Wartungsausgaben des Aufzuges beteiligen.

5. Bin ich als Wohnungseigentümer verpflichtet, eine Versicherung abzuschließen?

Jeder Eigentümer ist verpflichtet, eine Feuerschutzversicherung für seine Wohnung und seinen Anteil an den Gemeinschaftsflächen abzuschließen. Tut er dies nicht, muss der Verwalter die Versicherung für ihn abschließen. Er hat sodann einen Regressanspruch hinsichtlich der Versicherungsprämie.

6. Wie kann man einen säumigen Wohnungseigentümer dazu bringen, seinen Kostenbeitrag für die Pflege der Gemeinschaftsflächen zu zahlen?

Zahlt ein Wohnungseigentümer den auf ihn fallenden Kostenbeitrag nicht, der durch einen (wirksamen) Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung festgelegt wurde, kann die Verwaltung ein Vollstreckungsverfahren einleiten. Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung stellt bereits einen Vollstreckungstitel dar. Im Rahmen der Vollstreckung kann seine Wohnung gepfändet und notfalls zwangsversteigert werden.

7. Was kann ich tun, wenn ich mit einem Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung oder einer Handlung der Verwaltung nicht einverstanden bin?

Sie können einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung nur erfolgreich anfechten, wenn dieser gegen das Gesetz oder die Gemeinschaftsverordnung verstößt. In diesem Falle können Sie innerhalb einer Frist von 10 Tagen eine außerordentliche Wohnungseigentümerversammlung zwecks Aufhebung des Beschlusses einberufen, die innerhalb von 20 Tagen stattzufinden hat. Innerhalb der gleichen 10-Tages-Frist können Sie auch vor Gericht die Aussetzung des Beschlusses beantragen, solange der Beschluss Ihre Rechte tangiert. Sie können allerdings nur gegen den Beschluss vorgehen, falls Sie entweder gegen den Beschluss gestimmt oder sich der Stimme enthalten haben. Handlungen der Verwaltung können durch Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung ersetzt bzw. korrigiert werden. Notfalls müssen Sie gegen die Verwaltung vor Gericht ziehen. Dieses Recht steht Ihnen zu.

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