Das Güterrecht befasst sich mit den Vermögensverhältnissen von Ehepartnern.
Der Güterstand wird durch Heirat begründet und durch Scheidung bzw. Tod eines Ehepartners aufgelöst.
Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert.
Seit dem 29.1.2019 gilt – auch in Portugal – die neue EU-Verordnung, die u. a. das auf den ehelichen Güterstand anwendbare Recht bestimmt. Die Verordnung ist in 18 Mitgliedstaaten in Kraft getreten. Sie gilt nicht für Dänemark, Estland, Großbritannien, Irland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei und Ungarn. Sie gilt für die Güterstände von Ehepaaren (oder eingetragenen Partnern) mit grenzüberschreitendem Hintergrund, d. h. Partner, die unterschiedliche EU-Staatsbürgerschaften haben und/oder Güter in einem anderen EU-Mitgliedstaat besitzen. Die Verordnung bestimmt das anwendbare Recht, d. h. ob auf den ehelichen Güterstand etwa portugiesisches oder deutsches Recht Anwendung findet und enthält Vorschriften darüber, welche Gerichte in Fragen im Zusammenhang mit dem Ehegüterrecht (und dem Güterstand eingetragener Partnerschaften) international zuständig sind.
Die Frage, ob deutsches oder portugiesisches Recht auf den ehelichen Güterstand Anwendung findet, ist von großer Bedeutung. Das Güterrecht befasst sich mit den Vermögensverhältnissen von Ehepartnern. Der Güterstand wird durch Heirat begründet und durch Scheidung bzw. Tod eines Ehepartners aufgelöst.
Das deutsche Güterrecht unterscheidet seit dem Gleichberechtigungsgesetz 1957 zwischen den Güterständen der Zugewinngemeinschaft, der Gütertrennung und der Gütergemeinschaft. Haben die Ehepartner vor oder nach der Eheschließung keinen notariellen Ehevertrag abgeschlossen, gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Nach deutschem Recht können die Ehepartner auch nach Eingehung der Ehe ihren Güterstand jederzeit modifizieren.
Das portugiesische Güterrecht unterscheidet hingegen zwischen den Güterständen der Errungenschaftsgemeinschaft (comunhão de adquiridos), Gütertrennung (separação de bens) und Gütergemeinschaft (comunhão geral de bens). Haben die Ehepartner vor der Eheschließung keinen Ehevertrag abgeschlossen, gilt der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Das portugiesische Recht erlaubt eine Änderung des Güterstandes nach der Eheschließung grundsätzlich nicht.
Die Unterschiede zwischen den Güterständen werden bei Kauf einer Immobilie in Portugal deutlich: Hat ein Ehepartner eine Immobilie in Portugal gekauft, hängt die Frage, ob nur er allein oder auch sein Ehepartner Eigentümer der Immobilie wurde, davon ab, in welchem Güterstand er verheiratet ist. Die rechtlichen Unterschiede zwischen dem deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und dem portugiesischen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (comunhão de adquiridos) sind nämlich groß.
Im deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (in dem sich die allermeisten Deutschen befinden) erwirbt nur der Ehegatte Eigentum an der Immobilie, der den Kaufvertrag abschließt. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft unterscheidet sich somit im Hinblick auf das Vermögen der Ehepartner nicht von der Gütertrennung, d.h. vermögensrechtlich verhält es sich so, als wären die Partner nicht miteinander verheiratet! Hat zum Beispiel nur der Ehemann den Kaufvertrag unterschrieben, hat nur er Eigentum erworben. Der unterzeichnende Ehegatte erwirbt auch dann nur allein Eigentum, wenn die Ehepartner im Kaufvertrag (oder im portugiesischen Grundbuch) als in der portugiesischen Gütergemeinschaft lebend (comunhão geral de bens) bezeichnet werden, obwohl dies nicht zutrifft. Dies gilt auch, wenn nur ein Ehepartner als Käufer aufgetreten ist, aber beide Ehepartner als Eigentümer unter Angabe des richtigen Güterstandes im portugiesischen Grundbuch registriert wurden. Vielmehr muss dann das Grundbuch berichtigt werden. Anders als im portugiesischen gesetzlichen Gütertand der Errungenschaftsgemeinschaft (comunhão de adquiridos) entsteht in der deutschen Zugewinngemeinschaft kein Ehevermögen von Gesetzes wegen. Vielmehr bleibt nach deutschem Recht der jeweilige Ehepartner während der Ehe alleiniger Inhaber seines Vermögens und erwirbt das Eigentum an allem, was er während der Ehe erwirtschaftet. Ebenso verwaltet er sein Vermögen selbständig. Erst nach Beendigung der Ehe kann ein Zugewinnausgleich stattfinden. Dieser erfolgt entweder in Form einer Erhöhung des Erbrechts oder durch einen Ausgleichsanspruch desjenigen, der während der Ehe weniger erwirtschaftet hat. In der portugiesischen Errungenschaftsgemeinschaft haben die Ehepartner hingegen ein gemeinsames Ehevermögen, welches sie gesamthänderisch verwalten. Nur an bestimmten Gegenständen kann der jeweilige Ehepartner Alleineigentum besitzen (sog. Eigengut).
Haben die Ehepartner hinsichtlich des anwendbaren Güterrechts keine einvernehmliche Rechtswahl getroffen, unterliegt ihr ehelicher Güterstand nach der Verordnung aus 2019
dem Recht des Staates, in dem die Ehepartner nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Haben sie keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, kommt subsidiär das Recht des Staates zum Zuge, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung besitzen. Wenn die Ehepartner keine gemeinsame Staatsangehörigkeit haben, so gilt das Recht des Staates, mit dem die Ehepartner unter Berücksichtigung aller Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind. Diese Regelungen gelten nur für Ehen, die seit dem 29.1.2019 eingegangen wurden.
Für vor dem 29.1.2019 geschlossene Ehen bleibt die bisherige Rechtslage bestehen.
Danach galt sowohl in Portugal als auch in Deutschland die Regelung, wonach das Recht des Staates Anwendung fand, dessen gemeinsame Staatsangehörigkeit die Ehepartner zum Zeitpunkt der Eingehung der Ehe hatten. Hatten sie keine gemeinsame Staatsbürgerschaft, fand das Recht des Staates auf den ehelichen Güterstand Anwendung, in dem sie zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
Beispiel: Der Deutsche M und die Deutsche F wohnen seit 2005 in der Algarve. 2006 gingen sie wirksam die Ehe in Las Vegas, USA, ein. 2014 wird die Ehe wirksam vor portugiesischen Gerichten geschieden. F macht gegen M einen Anspruch auf Zugewinnausgleich gem. deutschem Recht geltend. Findet deutsches Recht Anwendung? Da M und F eine gemeinsame Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung hatten, kommt es nicht auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Eheschließung an. Somit findet deutsches Recht Anwendung, das einen Anspruch auf Zugewinnausgleich für den Ehepartner vorsieht, der während Ehe weniger erwirtschaftet hat. Hätte die Eheschließung nach dem 29.1.2019 stattgefunden, wäre hingegen portugiesisches anzuwenden, da der erste gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehepartner nach der Eheschließung in Portugal war. Das portugiesische Recht kennt hingegen keinen Zugewinnausgleich.
Ehepartner oder zukünftige Ehepartner, auch solche, die vor dem 29.1.2019 die Ehe eingingen, können ab dem 29.1.2019 eine Rechtswahl treffen. Gewählt werden kann das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes eines oder beider Ehepartner oder das Recht der Staatsangehörigkeit eines oder beider Ehepartner zum Zeitpunkt der Rechtswahl. Die Rechtswahl muss die Schriftform wahren, datiert und von beiden Ehepartnern unterzeichnet sein. Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt. In Portugal und Deutschland muss die Rechtswahl notariell beurkundet werden. Bevor eine solche Rechtswahl getroffen wird, sollten sich die Ehepartner eingehend beraten lassen. Die Rechtswahl kann auch vor der Eingehung der Ehe getroffen werden.
Wie oben bereits aufgezeigt, bleibt bei dem deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft während des Bestehens der Ehe das Vermögen der Ehepartner getrennt. Im Scheidungsfall wird ermittelt, welchen Vermögenszuwachs die Ehepartner während der Ehe jeweils erwirtschaftet haben. Hat ein Ehegatte mehr erwirtschaftet, schuldet er dem anderen Ehepartner ein Ausgleich in Geld (Zugewinnausgleich). Eine Sonderregel besteht im Todesfall, die hier wegen ihrer Bedeutung hervorgehoben werden soll. Nach § 1371 Abs. 1 BGB wird der Zugewinn im Falle des Todes eines der Ehepartner pauschal dadurch ausgeglichen, dass der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners um ¼ erhöht wird. Verstirbt ein Ehepartner, der im deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet war, könnte man meinen, dass sein überlebender Ehepartner einen Anspruch auf dieses ¼ hat. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn auf das Erbrecht deutsches Recht Anwendung findet. Nach neuster Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist nämlich auch der pauschalierte Zugewinnausgleichsanspruch den Nachlassansprüchen zuzuordnen, d. h. der Anspruch wird erbrechtlich qualifiziert. Wenn demnach portugiesisches Erbrecht Anwendung findet, erfolgt keine pauschalierte Erhöhung des Erbanteils, auch wenn die Ehepartner dem deutschen Güterrecht unterfielen und im Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft lebten.