Das portugiesische Grunderwerbsteuergesetz erfasst nicht nur den direkten Verkauf eines Grundstücks (Asset-Deal ), sondern auch die Übertragung von Anteilen an Gesellschaften (Share-Deal ), die Grundstücke in ihrem Vermögen halten.
Der Experte im Steuerrecht, Dr. Alexander Rathenau, erläutert die aktuelle Rechtslage, die seit dem 1.1.2021 gilt.
Anders als beim klassischen bzw. direkten Immobilienkauf fällt bei einem Kauf eines Anteils einer Gesellschaft, die Immobilieneigentum besitzt, nur unter bestimmten Voraussetzungen Grunderwerbsteuer an. Mit einem Share-Deal kann demnach ganz legal die Grunderwerbsteuer vermieden werden. Seit dem 1.1.2021 gelten in Portugal neue Voraussetzungen, die es möglich machen, Immobilien indirekt im Wege eines Anteilskaufes zu erwerben, ohne dass Grunderwerbsteuer anfällt. Zum besseren Verständnis der bisherigen und der neuen Rechtslage, wird zunächst die alte Rechtslage erläutert.
Der bisherige Wortlaut des Gesetzes lautete sinngemäß:
„Die Grunderwerbsteuer findet auf entgeltliche Übertragungen des Eigentumsrechts oder eigentumsähnlicher Rechte über Immobilien, die in Portugal belegen sind, Anwendung.“ „Für die genannten Zwecke gilt als Übertragung von Immobilien: (…) d) Der Erwerb von Anteilen von Personengesellschaften, Kommanditgesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die Immobilieneigentum besitzen und wenn infolge dieses Erwerbs (…) ein Gesellschafter über mindestens 75 % des Stammkapitals verfügt oder sich die Anzahl der Gesellschafter auf zwei reduziert, die miteinander verheiratet sind oder eine faktische Lebensgemeinschaft bilden.“
Demnach mussten folgende Voraussetzungen bei einem Share-Deal vorliegen, damit Grunderwerbsteuer anfiel:
(1) Eine Personengesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (sociedade por quotas, auch limitada genannt);
(2) Die Gesellschaft besitzt Immobilieneigentum, das sich in Portugal befindet;
(3) Es findet eine Übertragung von Anteilen dieser Gesellschaft statt;
(4) Infolge der Anteilsübertragung erwirbt ein Gesellschafter mindestens 75 % des Stammkapitals der Gesellschaft oder die Anzahl der Gesellschafter reduzierte sich auf nur zwei Gesellschafter, die entweder miteinander verheiratet sind (unabhängig vom ehelichen Güterstand; vor geraumer Zeit unterschied das Gesetz noch nach der Art des ehelichen Güterstandes) oder faktisch zusammenleben.
Unter der bisherigen Rechtslage fiel auf, dass Anteilsübertragungen (bzw. Aktien) einer Aktiengesellschaft (sociedades anónimas), die Immobilieneigentum in Portugal besitzt, von vornherein nicht der Grunderwerbsteuer unterlagen.
Die neue Rechtslage, die seit dem Inkrafttreten des Staatshaushaltsgesetzes 2021 gilt, geht aus dem neuen Gesetzeswortlaut hervor:
„(…) d) Der Erwerb von Anteilen von Personengesellschaften, Kommanditgesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaften, solange folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
I) Mehr als 50 % des Wertes des Gesellschaftsvermögens ergibt sich direkt oder indirekt aus Immobilienvermögen, das sich in Portugal befindet, wobei für diese Feststellung der Bilanzwert oder, falls dieser höher ist, der steuerliche Vermögenswert maßgeblich ist;
II) Diese Immobilien stehen nicht in direktem Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen, industriellen oder kommerziellen Tätigkeit, wobei der Kauf und Verkauf von Immobilien ausgeschlossen ist und
III) Ein Gesellschafter infolge der Übertragung über mindestens 75 % des Stammkapitals verfügt oder die Anzahl der Gesellschafter auf zwei sinkt, die miteinander verheiratet sind oder eine faktische Lebensgemeinschaft bilden; Anteile, die durch die Gesellschaft gehalten werden, werden den Gesellschaftern im Einklang mit ihren Anteilen am Stammkapital proportional zugewiesen.“
Demnach müssen folgende Voraussetzungen vorliegen, damit Grunderwerbsteuer anfällt:
(1) Eine Personengesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder Aktiengesellschaft;
(2) Die Gesellschaft besitzt Immobilieneigentum, das sich in Portugal befindet;
(3) Dieses Immobilieneigentum repräsentiert – gem. dem Bilanzwert oder, falls höher, gem. dem Steuerwert der Immobilien – mehr als 50 % des Vermögens der Gesellschaft;
(4) Die Immobilien werden von der Gesellschaft nicht direkt für landwirtschaftliche, industrielle oder kommerziellen Zwecke genutzt (nicht ausreichend dafür ist, dass sich die Gesellschaft dem Kauf und Verkauf dieser Immobilien widmet);
(5) Es findet eine Übertragung von Anteilen dieser Gesellschaft statt;
(6) Infolge der Anteilsübertragung erwirbt ein Gesellschafter mindestens 75 % des Stammkapitals der Gesellschaft oder die Anzahl der Gesellschafter reduzierte sich auf nur zwei Gesellschafter, die entweder miteinander verheiratet sind (unabhängig vom ehelichen Güterstand) oder faktisch zusammenleben (sollte die Gesellschaft selbst Anteile halten, werden diese proportional auf die Gesellschafter im Verhältnis zu ihren Anteilen am Stammkapital verteilt).
Die neue Rechtslage umfasst nunmehr auch Aktiengesellschaften.
Das ist eine wichtige Änderung. In der Vergangenheit wurden Gesellschaften mit beschränkter Haftung vor einem Anteilskauf regelmäßig in Aktiengesellschaften umgewandelt, damit keine Grunderwerbsteuer anfiel. Hier stellte sich das portugiesische Finanzamt die Frage, ob eine unzulässige Gesetzesumgehung vorlag.
Während der Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer durch die Aufnahme von Aktiengesellschaften erweitert wurde, wurde gleichzeitig der Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer für die im Gesetz genannten Gesellschaften eingeschränkt. Unter der alten Rechtslage kam es nämlich weder darauf an, ob das Immobilieneigentum der Gesellschaft mehr als 50 % ihres Vermögens repräsentiert, noch spielte es eine Rolle, ob die Immobilien von der Gesellschaft für landwirtschaftliche, industrielle oder kommerzielle Zwecke genutzt werden.
Der Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer bei Share-Deals wurde insbesondere dadurch eingeschränkt, dass dem Wortlaut des Gesetzes nach nur noch dann Grunderwerbsteuer anfallen kann, wenn die jeweilige Immobilie der Gesellschaft für private Zwecke genutzt wird, etwa als Wohnung für den Geschäftsführer. Der Gesetzgeber möchte mit dieser Einschränkung anscheinend erreichen, dass nur solche Rechtsgeschäfte mit der Grunderwerbsteuer belastet werden, die in Wahrheit nur Immobilien (unter dem Deckmantel Gesellschaft) und nicht eine Gesellschaft zum Gegenstand haben.
Diese Einschränkung ist zwar grundsätzlich positiv zu bewerten, wirft aber einige Fragen auf. Fraglich ist, was genau unter Immobilien zu verstehen ist, die direkt für landwirtschaftliche, industrielle oder kommerziellen Zwecke genutzt werden. Erfüllt z. B. die bloße Vermietung einer Wohnimmobilie diese Voraussetzung? Oder die zeitweise Übertragung des Betriebes eines Hotels an einen Dritten? Unbeschadet der Auslegung durch die Gerichte, sollte sich das Finanzamt sobald wie möglich im Wege einer Verwaltungsvorschrift dazu äußern, um Rechtssicherheit zu schaffen. Zu kritisieren ist außerdem, dass der Gesetzgeber für die Ermittlung des Wertes des Immobilienvermögens auf den Bilanzwert verweist. Die Einführung des Steuerwertes (Einheitswert) von Immobilien verfolgte gerade den Zweck, Immobilien gerecht anhand eines feststehenden Referenzwertes zu besteuern.
Die Bezugnahme auf den Bilanzwert führt ein unerwünschtes Zufall-Element ein, da dieser je nach Anschaffungsdatum der Immobilie und der jeweiligen Abschreibungs- und Bilanzierungspolitik variiert. Ferner ist fraglich, ob die Grunderwerbsteuer bei der Übertragung von Anteilen an Gesellschaften unabhängig davon ausgelöst wird, ob es sich bei den beteiligten Gesellschaften um in- oder ausländische juristische Personen handelt. Der Wortlaut des Gesetzes lässt dies offen. Jedenfalls spielt es keine Rolle, ob die den Rechtsträgerwechsel auslösenden Rechtsgeschäfte im In- oder Ausland abgeschlossen werden.
Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer bei einem Share-Deal ist der Käufer der Anteile.
Die Höhe der Steuer beträgt 6,5 %. Die Grunderwerbsteuer ist – wie beim klassischen Asset-Deal – vor dem Abschluss des Rechtsgeschäftes zu entrichten bzw. die beurkundende Person (Notar, Rechtsanwalt) hat vor dem Abschluss des Geschäftes sicherzustellen, dass die steuerlichen Pflichten
erfüllt wurden.