Verschmelzung von Gesellschaften im portugiesischen Recht

Die Verschmelzung ist eine besondere Form der Unternehmensübertragung. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau berät und unterstützt Mandanten bei der Reorganisation von Unternehmen in Portugal.

Die Verschmelzung ist von großer praktischer Bedeutung. Sie ist in der Regel aus wirtschaftlichen oder steuerlichen Gründen motiviert. So kann eine Verschmelzung dazu führen, dass die zuvor einzeln agierenden Unternehmen durch die Verschmelzung eine höhere Marktmacht erzielen oder Synergieeffekte besser nutzen. Auch steuerlich kann eine Verschmelzung sinnvoll sein, da Verlustvorträge durch den aufnehmenden Rechtsträger genutzt werden können.

Die Verschmelzung ist die Auflösung einer Gesellschaft ohne Abwicklung gegen Gewährung von Anteilen an einem übernehmenden Rechtsträger. Es handelt sich um eine besondere Form der Unternehmensübertragung. Bei der Verschmelzung lassen sich zwei verschiedene Möglichkeiten unterscheiden: die „Verschmelzung zur Neugründung″ und die „Verschmelzung zur Aufnahme″. In beiden Fällen wird die übertragende Gesellschaft (Transfergesellschaft) aufgelöst und zwar ohne Abwicklung. Dies erspart eine häufig langwierige und aufwendige Liquidation der Transfergesellschaft.

Bei der Verschmelzung zur Neugründung wird – wie der Name andeutet – eine neue Gesellschaft gegründet und das Vermögen der Transfergesellschaft(en) auf diese Gesellschaft übertragen.

Beispiel: Es existieren drei portugiesische GmbH (Lda.), deren Gesellschafter A und B sind. A und B gründen eine neue Lda. und übertragen das Vermögen der beiden alten Gesellschaften auf die neue Lda. Bei der Verschmelzung zur Aufnahme existiert eine übernehmende Gesellschaft bereits und wird nicht erst im Verschmelzungsprozess neu gegründet. Auch hier wird das gesamte Vermögen inklusive aller Pflichten einer oder mehrerer Transfergesellschaft(en) – in der Regel gegen Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft) – „eingebracht“.

Beispiel: Es existieren drei portugiesische Lda. namens A, B und C und das Vermögen der Gesellschaften A und B wird auf die Gesellschaft C übertragen.
Folge jeder Verschmelzung, gleichgültig ob zur Neugründung oder zur Aufnahme, ist somit, dass der oder die Transfergesellschaft(en) mit allen Rechten und Pflichten im übernehmenden Rechtsträger aufgehen. In der Folge existieren die Transfergesellschaften unmittelbar nach Vollzug der Verschmelzung als solche nicht mehr. Die übernehmende Gesellschaft wird somit zur Rechtsnachfolgerin der Transfergesellschaft(en).

Die Rechte und Pflichten der Transfergesellschaft gehen kraft Gesetzes in ihrer Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung einzelner Vermögensgegenstände ist nicht erforderlich.
Es handelt sich bei der Verschmelzung somit nicht um eine Verfügung im rechtsgeschäftlichen Sinne. Daher greifen etwaige in der Satzung der Transfergesellschaft enthaltenen Beschränkungen bezüglich der Übertragbarkeit von Anteilen an der Transfergesellschaft (sog. Vinkulierung) nicht ein. Die Verschmelzung ist deshalb von einem Unternehmenskauf zu unterscheiden.

Bei einem Unternehmenskauf werden die Vermögensgegenstände (asset deal) oder Gesellschaftsanteile (share deal) nicht als Gesamtheit, sondern im Wege der Einzelrechtsübertragung gegen Entgelt (statt gegen Gewährung von Anteilen) an den Erwerber verkauft und übertragen. Der Unternehmenskauf ist ein Austauschverhältnis und daher wird in einem Kaufvertrag das Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer geregelt. Dazu gehören insbesondere Garantiezusagen, Haftung etc. Demgegenüber ist die Verschmelzung ein gesellschaftsrechtlicher Umwandlungsvorgang, genauer: ein Organisationsakt. Folge dieses Organisationsakts ist eine Beteiligung der Anteilsinhaber der Transfergesellschaft am neuen Rechtsträger.

Der übernehmende Rechtsträger ist infolge der Verschmelzung Rechtsnachfolger der Transfergesellschaft. Das bedeutet, dass infolge der Verschmelzung der übernehmende Rechtsträger sämtliche Rechte und Pflichten der Transfergesellschaft übernimmt und auch in sämtliche Verträge eintritt. Verträge zwischen der Transfergesellschaft und dem übernehmenden Rechtsträger erlöschen mit der Verschmelzung im Wege der Konfusion.

Für die Durchführung der Verschmelzung sind die folgenden Schritte erforderlich:

Die übertragende(n) und die übernehmende Gesellschafter stellen ein gemeinsames Verschmelzungsprojekt. Dieses Projekt bedarf in Portugal nur dann der notariellen Beurkundung, sollten beteiligte Gesellschaften Immobilieneigentum haben. Dieses Projekt ist dem jeweiligen Aufsichtsorgan der Transfergesellschaft, sollte ein solches Organ existieren, zuzuleiten, damit es eine Stellungnahme dazu abgegeben kann. Ferner ist ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer mit einer Stellungnahme zu beauftragen. Auf die vorgenannten Prüfungen kann nur verzichtet werden, sollten alle Gesellschafter bzw. Aktionäre der Gesellschaften, die am Verschmelzungsvorhaben beteiligt sind, auf sie verzichten.

Das Verschmelzungsprojekt wird im Handelsregister eingetragen und veröffentlicht. Dem Projekt sind u.a. Bilanzen der Transfergesellschaften beizufügen (Schlussbilanzen). Diese Bilanzen dürfen nicht älter sein als sechs Monate. Entscheidend ist der Zeitraum zwischen dem Datum des Verschmelzungsprojekts und dem Stichtag der Bilanz.

Die Gläubiger der (nach der Verschmelzung nicht mehr existierenden) Transfergesellschaft(en) sind dabei nicht ohne Schutz. Sie können grundsätzlich innerhalb von einem Monat nach Eintragung des Verschmelzungsprojekts in das Handelsregister der Transfergesellschaft(en) sich gerichtlich gegen die Verschmelzung wenden, es sei denn, die übernehmende Gesellschaft gewährt ausreichende Sicherheiten für Ansprüche, die noch nicht fällig sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die Gläubiger geltend machen können, dass durch die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderungen gefährdet ist.

Frühestens ein Monat nach der Veröffentlichung des Projekts im Handelsregister ist über die Verschmelzung im Rahmen der jeweiligen Hauptversammlung der beteiligten Gesellschaften abzustimmen, d. h. die Gesellschafter des übertragenden und des aufnehmenden Rechtsträgers stimmen dem Verschmelzungsprojekt jeweils durch Gesellschafterbeschluss zu (sog. Verschmelzungsbeschluss). Der Beschluss wird in der Regel durch eine einfache Mehrheit der Stimmen gefasst. Solange kein Gläubiger sich wirksam gegen die Verschmelzung gewandt hat, wird die Verschmelzung nach der positiven Abstimmung im Handelsregister definitiv eingetragen.
Mit dieser Eintragung entfaltet die Verschmelzung ihre Wirksamkeit.

Werden Rechte eines Gesellschafters bzw. Aktionärs durch die Verschmelzung beeinträchtigt, etwa infolge der Beeinträchtigung von besonderen Rechten oder der Erhöhung von Verpflichtungen, bedarf es seiner Zustimmung zur Verschmelzung. Unter Umständen steht dem Gesellschafter bzw. Aktionär, der gegen das Verschmelzungsprojekt gestimmt hat, das Recht zu, aus der Gesellschaft auszuscheiden. Er kann innerhalb eines Monats ab dem Datum des Beschlusses verlangen, dass die Gesellschaft seinen Anteil erwirbt oder den Erwerb veranlasst.

Allgemein kann die Verschmelzung grundsätzlich nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Eintragung im Handelsregister angefochten werden.

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