Gesetzeslage bei Homeoffice

Gesetzeslage bei Homeoffice

Die Pandemie brachte vielerlei Veränderung des täglichen Lebens mit sich. Dazu zählt auch das vermehrte Arbeiten am heimischen Arbeitsplatz, das sogenannte Homeoffice. Um dessen Auswirkungen arbeitsrechtlich ausreichend Rechnung zu tragen, hat das portugiesische Parlament das bestehende Arbeitsrecht modifiziert; dies soll die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben fördern. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau gibt einen Überblick über die seit dem 1.1.2022 geltenden Neuerungen – Die Gesetzeslage bei Homeoffice.

A. Anwendbarkeit

1. Begriff des Homeoffice
Der Begriff des Homeoffice ist hier weit zu verstehen. Ihm unterfällt nicht nur die Arbeit vom heimischen Schreibtisch aus. Erfasst ist jede Art von Arbeit, die an einem nicht allein vom Arbeitgeber bestimmten Ort durch Kommunikations- und Informationstechnologien erbracht werden kann.

2. Betroffene Arbeitnehmer
Auch der Begriff des Arbeitnehmers ist hier weit zu verstehen. Ein Arbeitsverhältnis mit Weisungsgebundenheit ist nicht unbedingt notwendig. Ausreichend ist eine (beruflich bedingte) wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber dem Arbeitgeber.

B. Recht auf Homeoffice

Wenn der Vorschlag für Homeoffice von Seiten des Arbeitnehmers kommt, kann der Arbeitgeber diesen – soweit Homeoffice aufgrund der Art der Tätigkeit und den bereitstehenden Ressourcen möglich ist – nur unter schriftlicher Angabe von Gründen ablehnen.
Schlägt der Arbeitgeber Homeoffice vor, muss der Arbeitnehmer einen Widerspruch nicht begründen. Die Ablehnung kann weder Kündigungsgrund noch Grundlage für die Verhängung einer Sanktion sein.
Bestimmte Arbeitnehmer haben nun ein Recht auf Homeoffice – wieder vorausgesetzt, der betroffene Arbeitsplatz ist dafür geeignet. Dem kann der Arbeitgeber dann nicht widersprechen. Eltern mit Kindern im Alter bis drei Jahren haben durchgehend das Recht auf Homeoffice. Dieses Recht kann auf Kinder im Alter von drei bis acht Jahren ausgeweitet werden, soweit es sich um einen Betrieb mit mindestens zehn Mitarbeitern handelt sowie beide Elternteile homeofficeberechtigt sind, der Arbeitnehmer alleinerziehend ist oder wenn nur ein Elternteil die erforderlichen Voraussetzungen für Homeoffice erfüllt.
Arbeitnehmer, die den Status einer nicht hauptberuflichen Pflegeperson für Angehörige innehaben, haben gleichfalls das Recht auf Homeoffice für einen Zeitraum von höchstens vier (aufeinanderfolgenden oder gesplitteten) Jahren.
Im Zuge des seit 1.12.2021 und bis einschließlich 20.03.2022 geltenden Katastrophenzustands wird das Homeoffice – soweit realisierbar – generell von der Regierung empfohlen.

C. Formelle Anforderungen

1. Vereinbarungsinhalt
Grundsätzlich ist für die Durchführung von Homeoffice – unabhängig von einer Neueinstellung oder einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis – eine Vereinbarung notwendig, welche den bestehenden Arbeitsvertrag entweder ergänzt oder die zusätzlich getroffen wird. Sie hat eine Regelung für die Dauer oder den Wechsel von Homeoffice und Vorortarbeit festzulegen. Inhaltlich notwendig sind darüber hinaus zu benennen: a) Namen, Unterschriften und Wohnsitz oder Sitz der Parteien; b) der Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich sein Homeoffice verrichtet (relevant zur Einbeziehung in insbesondere arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen; er kann nachträglich durch erneute schriftliche Vereinbarung abgeändert werden); c) die tägliche, wöchentliche und insgesamte Arbeitszeit; d) die Art der vertraglich vereinbarten Beschäftigung; e) die dem Arbeitnehmer zustehende Vergütung und sonstige Zusatzleistungen; f) Eigentum an den Arbeitsgeräten sowie der Verantwortliche für die jeweilige Installation, Aufstellung und Wartung; g) Häufigkeit und Art der Durchführung von persönlichen Kontakten.

2. Vereinbarungsdauer
Grundsätzlich kann die Homeoffice-Vereinbarung entweder temporär oder permanent geschlossen werden (siehe aber Zeitanspruch bei Eltern und Pflegenden). Sollte sie temporär gestaltet sein, darf sie die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Gleichwohl wird sie automatisch für die gleiche Dauer verlängert, wenn keiner der Beteiligten 15 Tage vor Ablauf schriftlich kundgetan hat, dass er keine Erneuerung möchte. Sollte sie permanent gestaltet sein, kann jeder Beteiligte schriftlich kündigen; wirksam wird diese dann am folgenden sechzigsten Tag. In jedem Fall kann sie während der ersten 30 Tage nach Beginn von beiden Seiten frei gekündigt werden.
Sollte die Homeoffice-Vereinbarung enden, wandelt sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers automatisch wieder in seine bisherige bzw. eine vergleichbare Vororttätigkeit, ohne dass ihm dadurch Nachteile entstehen dürfen.

D. Bereitstellung von Geräten

1. Bereitstellungsanspruch
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die notwendigen Geräte und Systeme zur Ausführung des Homeoffice bereitzustellen. Diesbe-züglich hat die Vereinbarung auch zu enthalten, ob sie vom Arbeitgeber geliefert oder vom Arbeitnehmer erworben werden sollen, deren Eigenschaften und Preise sowie deren Nutzungsbedingungen. Sollten Letztere nicht aufgeführt sein, sind diese durch Vertragsauslegung zu bestimmen.

2. Kosten
Der Arbeitgeber hat alle zusätzlichen Kosten vollständig zu erstatten, die dem Arbeitnehmer nachweislich als direkte Folge des Erwerbs oder der Nutzung der für die Durchführung der Arbeit erforderlichen Geräte und Systeme nachweislich entstanden sind. Dazu zählen auch zusätzliche Kosten für Energie und Internet sowie Wartungskosten. Die Erstattung ist sofort fällig, nachdem der Arbeitnehmer die Auslagen geleistet hat. Zusätzlich hat der Arbeitgeber die Kostenübernahme der Wartung und Reparatur der Geräte und Systeme zu garantieren – unabhängig davon, in welchem Eigentum diese stehen. Verpflegungskosten werden vom Gesetzestext nicht erwähnt.
Diese Zahlungen sind steuerlich als Kosten des Arbeitgebers zu behandeln und stellen kein Einkommen des Arbeitnehmers dar.

E. Rechte des Arbeitnehmers

1. Verwendung der Arbeitsmittel
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer bzgl. der Nutzung der Gerätschaften und Systeme zu schulen. Eine Sanktionierung des Arbeitnehmers aufgrund der über die vereinbarte Art hinaus erfolgten Benutzung der Gerätschaften und Systeme darf nicht ergehen. Insbesondere dürfen diese zur Teilnahme an kollektiven Arbeitnehmerveranstaltungen verwendet werden.
Gleichwohl muss der Arbeitnehmer die vereinbarten Grenzen der Nutzung sowie Sicherheitsanweisungen respektieren und auch Störfälle umgehend mitteilen; Verstöße können zivilrechtliche Haftung zur Folge haben.

2. Keine Benachteiligung aufgrund von Homeoffice
Darüber hinaus dürfen dem Arbeitnehmer keine Nachteile aus seiner Stellung als Beschäftigter im Homeoffice erwachsen. Dies gilt in Bezug auf Ausbildung, berufliches Fortkommen, Arbeitszeitbegrenzung, Ruhezeiten einschließlich bezahlten Urlaub, Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit, Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, (auch persönlichen) Zugang zu Informationen der Arbeitnehmervertretungsstrukturen und auf mit Vorortmitarbeitern vergleichbarer Entlohnung.

3. Strafrechtliche Sanktionierung des Arbeitgebers
Insbesondere geschützt wird die Privatsphäre des Arbeitnehmers durch eine strafrechtliche Sanktionierung bei Verstößen durch den Arbeitgeber. Dazu zählt gerade die Wahrung der tatsächlichen Arbeits- und Ruhezeit – also das Recht der Nichterreichbarkeit. Ausnahmen bilden hier Fälle höherer Gewalt. Auch verboten ist das Erwachsen von Nachteilen aus der Nichterreichbarkeit.
Gleichfalls darf keine Überwachung des Arbeitnehmers durch unangekündigte und unangemessene Besuche im Homeoffice oder technische Kontrollmittel erfolgen.
Ebenfalls strafrechtlich sanktioniert wird der Arbeitgeber, wenn Besprechungen mit anderen Mitarbeitern außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten stattfinden und nicht rechtzeitig angekündigt werden, eine Teilnahme an Vorortschulungen verweigert bzw. nicht rechtzeitig angekündigt wird. Über die gewöhnlich zwischen Wohnort und Vorortarbeitsplatz anfallenden Fahrtkosten hinaus, hat der Arbeitgeber – ebenfalls unter strafrechtlicher Sanktionierung – die anfallenden Kosten zu erstatten.

4. Maßnahmen gegen Isolationsauswirkungen
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber Anstrengungen zu unternehmen, um die Isolation des Arbeitnehmers zu verringern, indem er, auch soweit nicht vertraglich vereinbart, persönliche Kontakte mit Vorgesetzten und anderen Arbeitnehmern in Abständen von höchstens zwei Monaten fördert.

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