Wohnungseigentum – Neue Rechte und Pflichten in Portugal

Wohnungseigentum – Neue Rechte und Pflichten in Portugal

Im April traten neue Regelungen zum portugiesischen Wohnungseigentum (propriedade horizontal) in Kraft.

Die Änderungen betreffen die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer und des Verwalters. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, Experte im Immobilienrecht, zeigt ausgewählte Änderungen auf.

A. Inkrafttreten

Alle Änderungen traten am 11.4.2022 in Kraft, mit Ausnahme der Vertretungsbefugnisse des Verwalters sowie dessen Befugnisse zur Stellung von Strafanzeigen. Letztere sind bereits seit dem 11.1.2022 in Kraft.

I. Jahreshauptversammlung
Die Einberufung der jährlichen Wohnungseigentümerversammlung kann nun elektronisch per
E-Mail an Eigentümer erfolgen, die in der vorangegangenen Versammlung dies kommuniziert haben. Die E-Mailadressen der Eigentümer sind im Protokoll festzuhalten. Die Eigentümer haben eine Empfangsbestätigung zu senden. Soweit am Tag der Versammlung die Beschlussfähigkeit nicht erreicht wird, kann nunmehr die Einberufung dreißig Minuten später am selben Ort erfolgen, wenn ein Viertel des Gesamtkapitals anwesend oder vertreten ist.

Die Beschlüsse der Versammlung können den abwesenden Eigentümern per E-Mail zugesandt werden, sofern die Eigentümer dem zustimmen. Anderenfalls gilt weiterhin die Zustellung per Einschreiben mit Rückschein. Es gilt eine maximale Frist von 30 Tagen für den Versand. Die Wohnungseigentümerversammlung hat grundsätzlich in der ersten Januarhälfte stattzufinden. Dabei ist der Jahresabschluss des vergangenen Jahres zu erörtern und zu genehmigen sowie der neue Haushaltsplan zu verabschieden. Das Gesetz sieht nun jedoch vor, dass die Versammlung ausnahmsweise im ersten Quartal eines jeden Jahres abgehalten werden kann. Diese Möglichkeit muss aber in der Gemeinschaftsverordnung vorgesehen sein oder sich aus einem Beschluss ergeben, der von der Mehrheit der Wohnungseigentümerversammlung angenommen wurde.

Unbeschadet der bereits während der Covid-19-Pandemie in Kraft getretenen Regelungen, die vorübergehend die Abhaltung von Versammlungen der Anteilseigner über Fernkommunikationsmittel erlaubten, ist diese Möglichkeit nun dauerhaft gegeben. Der Verwalter oder die Mehrheit der Eigentümer können die Abhaltung der Versammlung per Videokonferenz wirksam beschließen. Sollten Eigentümer nicht in der Lage sein, per Fernkommunikation an der Versammlung teilzunehmen, und dies der Verwaltung mitgeteilt haben, obliegt es derselben, die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Anderenfalls kann eine digitale Abhaltung nicht durchgeführt werden.

II. Pflichten der Wohnungseigentümer
Am 16.6.2021 gab die Kommission Portugal grünes Licht für dessen Aufbau- und Resilienzplan. Dieser umfasst 83 Investitionen und 32 Reformen. 38 % des Plans unterstützen Klimaziele und 22 % des Plans fördern den digitalen Wandel. Der Umsetzung ist ein enger Zeitrahmen gesetzt: Sie muss bis August 2026 abgeschlossen sein.

  • 1. Kosten für Gemeinschaftseigentum
    Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass die notwendigen Ausgaben für die Instandhaltung und Nutzung der Gemeinschaftsflächen und der gemeinschaftlich zu tragenden Dienstleistungen in der Verantwortung der Eigentümer stehen, die zum Zeitpunkt der jeweiligen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft Eigentum hatten. Sie sind von diesen im Verhältnis zum Wert ihrer Anteile zu zahlen.

    Darüber hinaus wird die erforderliche Mehrheit für Beschlüsse bzgl. Kosten von gemeinschaftlich zu tragenden Dienstleistungen, die von den Eigentümern zu gleichen Teilen oder im Verhältnis zur jeweiligen Nutzung zu tragen sind (unter der Voraussetzung, dass die Kriterien für die Aufteilung dieser Kosten ordnungsgemäß festgelegt und begründet wurden) auf die widerspruchslose Zustimmung der Mehrheit der Eigentümer, die die Mehrheit des Gesamtwerts des Gebäudes vertreten, geändert. Zuvor war die widerspruchslose Zustimmung einer Mehrheit von 2/3 notwendig.

    Kosten, die für die ausschließliche Nutzung gemeinschaftlicher Teile des -Gebäudes anfallen, sind nur von den Eigentümern zu tragen, die sie ausschließlich nutzen. Diese haben aber nun nur die entsprechenden Reparaturkosten im Verhältnis zum Wert ihrer Einheit zu tragen, wenn der negative Zustand dieser Flächen den Zustand oder die Nutzung der anderen gemeinsamen Gebäudeteile beeinträchtigt. Dies gilt nicht, wenn sich der negative Zustand aus einem den ausschließlichen Nutzern zurechenbaren Umstand ergibt. Bei notwendigen Bauarbeiten, die zwangsweise durchgeführt werden müssen, ist jeder Anteilseigner für die Kosten der Arbeiten im Verhältnis zu seiner Quote verantwortlich.

  • 2. Informationspflichten
    Das Gesetz sieht nun ausdrücklich vor – was nach einigen Gemeinschaftsverordnungen bereits Praxis war –, dass die Eigentümer der Hausverwaltung ihre Steuernummer, Anschrift, Telefonnummer und E-Mailadresse mitteilen und diese Angaben bei jeder Änderung aktualisieren müssen. Es ist nun auch vorgesehen, dass der Verkauf einer Einheit dem Verwalter per Einschreiben innerhalb von 15 Tagen nach dem Verkauf vom Verkäufer gemeldet werden muss, und dass diese Information den vollständigen Namen und die Steueridentifikationsnummer des neuen Eigentümers enthalten muss.

    Meldet sich der Verkäufer nicht, so trägt er die Kosten für die Ermittlung des neuen Eigentümers und die Kosten für etwaige verspätete Zahlung der nach dem Verkauf fälligen Kosten.

III. Verwalter

Neue Verpflichtungen (Überblick)
Für den Verwalter gelten folgende neue Verpflichtungen:
I) Die Überprüfung des Vorhandenseins der Rücklagen;

II) Die Einforderung der ausstehenden Schuldbeträge hinsichtlich genehmigter Ausgaben (einschließlich gesetzlicher Zinsen) und der in der Gemeinschaftsverordnung oder durch Beschluss festgelegten Strafgelder;

III) Ausführung der (nicht angefochtenen) Beschlüsse innerhalb einer Frist von höchstens 15 Arbeitstagen oder innerhalb der von der Versammlung gesetzten Frist (außer bei Unmöglichkeit, was ordnungsgemäß begründet werden muss);

IV) Information der Wohnungseigentümer bzgl. Beteiligung der Gemeinschaft in einem Gerichtsverfahren bzw. halbjährige Information über deren Stand (schriftlich oder per E-Mail; Ausnahmen bei Schweigepflicht oder sonstigen Vertraulichkeitsgründen);

V) Interventionsrecht in dringenden Fällen mit anschließendem Recht zur außerordentlichen Einberufung der Eigentümerversammlung (zur Bestätigung der Intervention) und

VI) Einholung von drei Kostenvoranschlägen (im Voraus) bei außergewöhnlichen oder neuartigen Instandhaltungsarbeiten (sofern die Gemeinschaftsverordnung nichts anderes vorsieht).

Der Verwalter hat Sorge zu tragen, dass die Vorschriften über die Sicherheit des Gebäudes oder der Gebäudegruppe und insbesondere über die Sicherheit der gemeinsam genutzten Anlagen veröffentlicht werden. Ebenfalls sollte die Identität des derzeitigen oder des vorübergehenden Verwalters am Eingang des Gebäudes oder der Gebäudegruppe oder in den Gemeinschaftsräumen der Eigentümer ausgehängt werden.

Relevant ist weiterhin, dass der Verwalter bei Schulden einzelner Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft innerhalb von 90 Tagen nach dem ersten Zahlungsverzug ein gerichtliches Verfahren zur Eintreibung einleiten muss, es sei denn, die Versammlung hat etwas anderes beschlossen, und vorausgesetzt, dass der geschuldete Betrag gleich oder höher ist als der Betrag des IAS (indexante dos apoios sociais) des jeweiligen Kalenderjahres (e 443,20 im Jahr 2022).

Wichtig ist außerdem, dass der Verwalter die Ausstellung einer Erklärung über Schulden(freiheit) bzgl. des Wohnungseigentums auf Antrag des Eigentümers innerhalb von 10 Tagen (insbesondere zum Zweck der Veräußerung der Wohnung; s. dazu unten) vorzunehmen hat. Im Falle einer Pflichtverletzung haftet der Verwalter zivilrechtlich für seine Unterlassung, unbeschadet einer etwaigen strafrechtlichen Haftung.

B. Verpflichtung zur Erklärung über Schulden(freiheit) des Wohnungseigentums

Bei Veräußerung einer Wohneinheit war es bisher üblich, von der Verwaltung eine Erklärung zu verlangen, dass keine Schulden gegenüber der Gemeinschaft bestehen. Dieses Dokument war jedoch nicht zwingend erforderlich, um den Verkaufsprozess durchzuführen. Nunmehr muss der Verkäufer vom Verwalter eine schriftliche Erklärung verlangen, in der die Höhe aller für die Einheit geltenden Wohnungseigentumslasten unter Angabe ihrer Art, der jeweiligen Beträge und der Zahlungsfristen sowie ggf. die bestehenden Schulden, deren Art, Beträge, Entstehungsdaten und Fälligkeit aufgeführt sind. Diese hat der Verwalter innerhalb von zehn Tagen auszustellen. Diese Erklärung muss nun beim Verkauf zwingend vorgelegt werden.

Der Abschluss des Kaufvertrages ohne dieses Dokument ist ab sofort nur möglich, wenn der Käufer im Kaufvertrag über die Wohnung ausdrücklich erklärt, dass er auf die Erklärung des Verwalters verzichtet und folglich die Verantwortung für alle (Alt-)Schulden des Verkäufers gegenüber der Eigentümergemeinschaft übernimmt.
Es wurde klargestellt, dass die Beträge, die nach der Übertragung der Wohnung fällig werden – unabhängig von ihrer Art – zu Lasten des neuen Wohnungseigentümers gehen. Die Parteien können selbstverständlich eine anderslautende Vereinbarung zu der Kostentragung treffen, etwa wenn nach dem Verkauf außergewöhnliche Ausgaben zu erwarten sind, die von der Versammlung vor dem Verkauf genehmigt wurden.

C. Vertretung der Anteilseigner

Nunmehr wird klargestellt, dass vor Gericht der Verwalter die Gesamtheit der Eigentümerschaft vertritt oder (soweit beschlossen) als Vertreter der Eigentümerversammlung vor Gericht handelt. Er klagt in ihrem Namen und wird in ihrem Namen verklagt. Gleichwohl ist auch ausdrücklich festgelegt, dass der Verwalter ohne Zustimmung der Versammlung Strafanzeige im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentum stellen kann.

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