Der Vorvertrag beim Immobilienkauf – Teil 1: Die Abgrenzung zu anderen Vertragsarten

Vorvertrag beim Immobilienkauf - Teil 1

Der portugiesische Kaufvorvertrag entspricht funktionell dem deutschen Kaufvertrag; beide Institute nehmen bei der Abwicklung eines Immobilienkaufs dieselbe vorrangige Stellung ein. Durch einen Vorvertrag können sich sowohl Verkäufer als auch Käufer binden (zweiseitiger Vorvertrag) oder nur einer von ihnen (einseitiger Vorvertrag).

Durch einen Kaufvorvertrag verpflichten sich die Vertragsparteien zu einem späteren Zeitpunkt den Hauptvertrag abzuschließen. Üblicherweise wird eine Frist vereinbart, innerhalb derer der Hauptvertrag zu beurkunden ist. Hauptvertrag ist der Kaufendvertrag, mit dem das Eigentum auf den Käufer übergeht.

Anders als im deutschen Recht geht das Eigentum an der Immobilie auf den Käufer mit dem Abschluss des Kaufendvertrages über: Dingliches und schuldrechtliches Rechtsgeschäft fallen zusammen. Die Registereintragung (Grundbuch) ist nur für die Rechtssicherung von Bedeutung. Zusammen mit dem Eigentum geht bei der Beurkundung des Kaufendvertrages in aller Regel auch der Besitz (die Schlüsselgewalt) auf den Käufer über.

Mit dem Abschluss des Vorvertrages nimmt der Käufer in aller Regel eine Anzahlung auf den Kaufpreis vor, die gleichzeitig als Reugeld (sog. sinal) gilt. Möglich und je nach Transaktion ratsam ist der Abschluss eines dinglichen Kaufvorvertrages, der im Grundbuch eingetragen wird und ähnlich wie eine Auflassungsvormerkung im deutschen Recht wirkt.

Der Kaufvorvertrag ist insbesondere von folgenden anderen Rechtsinstituten abzugrenzen:

1. Vorkaufsrecht (direito de preferência)

Bei der sog. Präferenzvereinbarung handelt es sich um einen Vertrag, in dem sich jemand verpflichtet, bei der Veräußerung einer bestimmten Sache diese zunächst dem Vorkaufsberechtigten anzubieten bzw. ihn zu informieren. Dieses Recht muss, soweit nicht anders vereinbart, innerhalb von acht Tagen ausgeübt werden, sonst verfällt es. Da sich beim Vorkaufsrecht nur ein Vertragsteil verpflichtet, muss nur dieser Teil den Vertrag unterzeichnen. Anders als beim Vorvertrag geht das Vorkaufsrecht weder von Todes wegen über, noch ist es durch Vertrag übertragbar.

Die Präferenzvereinbarung begründet grundsätzlich nur schuldrechtliche Ansprüche; im Falle einer vorkaufswichtigen Verfügung bleiben dem Vorkaufsberechtigten nur Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen den anderen Teil. Durch Parteivereinbarung kann dem Vorkaufsrecht dingliche Wirkung verliehen und im Grundbuch eingetragen werden.

2. Wiederkaufsrecht (venda a retro)

Durch die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts wird dem Verkäufer das Recht eingeräumt, innerhalb von in der Regel 2-5 Jahren den Vertrag aufzulösen und die von ihm veräußerte Sache zurückzukaufen. Die Ausübung des Wiederkaufsrechts bedarf der anwaltlichen oder notariellen Beurkundung. Dabei hat der Verkäufer den ursprünglichen Kaufpreis zu zahlen und gegebenenfalls Verwendungen des Käufers zu ersetzen. Wird eine Immobilie entgegen der Wiederverkaufs-vereinbarung an Dritte verkauft, steht dem Wiederkaufsberechtigten die Herausgabeklage gegen den Dritten zu, sofern die Wiederkaufsvereinbarung im Grundbuch registriert wurde.

Dieser Vertrag ähnelt wie die Präferenzvereinbarung der Konstellation eines einseitigen Vertragsversprechens. Im Gegensatz zum Vorvertrag kann der Wiederkaufsberechtigte sein Recht durch bloße Bekanntgabe ausüben. Der Käufer muss also nicht wie beim Vorvertrag eine rechtsgeschäftliche Erklärung zum Abschluss eines zweiten Vertrages abgeben.

3. Optionsvertrag (pacto de opção)

Beim Optionsvertrag gibt eine Partei das Angebot zum Abschluss eines Vertrages ab, während die andere Partei sich die Entscheidung vorbehält, innerhalb einer bestimmten Frist das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Bei Annahme kommt der Vertrag ohne weitere Erklärung des anderen Teils zustande. Im Gegensatz dazu ist bei einem einseitigen Vorvertrag erforderlich, dass ein weiterer Vertrag geschlossen wird. Während der Käufer beim Vorvertrag das Recht hat, den Abschluss des versprochenen Hauptvertrages zu fordern, gewährt das Optionsrecht ein Gestaltungsrecht, wonach der Vertrag durch die Annahme des Vertragsangebotes zustande kommt.

4. Vertragsangebot (proposta contratual)

Auch beim Vertragsangebot ist, im Gegensatz zum Vorvertrag, eine weitere Willenserklärung des Versprechensgebers entbehrlich. Es besteht zudem keine Verpflichtung, einen weiteren Vertrag, den Hauptvertrag, abzuschließen. Zwar ist das Vertragsangebot im Grundsatz unwiderruflich, jedoch sieht das Gesetz Ausnahmen vor. So ist ein Widerruf wirksam, wenn dieser gleichzeitig mit dem Angebot bei dem Empfänger eingeht und in der entsprechenden Form vorgenommen wurde.

Unterschiede zwischen Vertragsangebot und Vorvertrag zeigen sich schließlich auch bei der Regelung der Annahmefrist und der Tatsache, dass die Rechte des Empfängers der Willenserklärung bei dessen Tod nicht auf die Erben übergehen.

5. Vertrag mit der Abrede späterer Beurkundung (contrato de pacto de reprodução formal)

Kaufvertrag über eine zukünftige Sache (compra e venda de bem futuro), Verkauf unter einer Bedingung (venda condicional) und Terminverkauf (venda a termo).

Bei einem Vertrag mit der Abrede späterer Beurkundung treffen die Parteien eine Abrede, dass der Vertrag später beurkundet werden soll. Ein Kaufvertrag über eine zukünftige Sache betrifft eine Sache, über die der Verkäufer noch nicht verfügt.

Diesen Fällen sowie bei dem Verkauf unter eine Bedingung und dem Terminverkauf kann für die Abgrenzung auf den bereits beim Optionsvertrag und Vertragsangebot angeführten Aspekt verwiesen werden: Während beim Vorvertrag der Abschluss eines weiteren Vertrags und eine damit verbundene Abgabe von Willenserklärungen erforderlich ist, bedarf es eines derartigen Vorgehens in den hier genannten Fällen nicht. Enthält ein Vertrag die Abrede einer späteren Beurkundung, stellt diese spätere Beurkundung keinen zweiten Vertragsabschluss dar; es gilt die Vermutung, dass die Parteien bis zur Beurkundung keine vertragliche Verpflichtung eingehen möchten.

Weiterhin sind Fälle denkbar, in denen nach der Parteivereinbarung oder nach dem Parteiwillen der Eintritt der (Vor-) Vertragswirkung durch diese Formvereinbarung hinausgeschoben werden soll oder dass der Vertrag bis zur Beurkundung gar nicht wirksam sein soll. Auch dann liegt entweder ein (Haupt-)Vertrag oder gar kein Vertrag vor. Sind jedoch bestimmte Nebenpunkte offengelassen oder Modifikationen vorgesehen, ist der sonstige Vertragsinhalt aber hinreichend bestimmt, dann kann ein Vorvertrag vorliegen, da erst mit der Beurkundung der vervollständigte Hauptvertrag geschlossen wird. In diesem Fall sind die Vorschriften über den Vorvertrag anzuwenden, einschließlich der entsprechenden Formvorschriften.

Wie in dieser Beitragsreihe noch zu lesen sein wird, unterliegt der Vorvertrag über den Kauf eines bereits errichteten oder sich noch im Bau befindlichen Gebäudes der besonderen Form der anwaltlichen oder notariellen Beglaubigung der Unterschriften der Vertragsparteien.

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