Der Vorvertrag beim Immobilienkauf – Teil 2: Die Form des Kaufvorvertrages

Vorvertrag Immobilienkauf Teil 2 - Form des Kaufvorvertrages

In schätzungsweise 70 % der Immobilienkäufe wird in Portugal vor dem eigentlichen Kauf, mit dem das Eigentum übergeht, ein schriftlicher Vorvertrag abgeschlossen. Verbreitet ist die Unkenntnis, dass ein Vorvertrag einer besonderen Form bedarf, um wirksam abgeschlossen werden zu können. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Rathenau berichtet aus seiner Anwaltspraxis und erläutert die neueste höchstrichterliche Rechtsprechung Form des Kaufvorvertrages.

In den beliebtesten Regionen Portugals ist der Markt seit Jahren unter Immobilienmaklern stark umkämpft. Zu diesen Regionen gehören die Algarve, die Region um Comporta südlich vom Tejo-Fluss, die Stadt Lissabon (mit Cascais, Estoril und Sintra), die Silberküste (u. a. bei Nazaré), die Stadt Porto, die Insel Madeira (mit Porto Santo) und einige Regionen der Azoren. Viele Makler setzen Interessenten von Immobilien unter Druck und bewegen sie zum „schnellen“ Abschluss von Vorverträgen, die formunwirksam sind. Es obliegt dem Rechtsbeistand den Käufer darüber aufzuklären, dass der Vorvertrag über ein Gebäude strengen Formvorschriften unterliegt.

Grundsätzlich unterliegt ein Vorvertrag keiner besonderen Form. Das Gesetz verlangt, dass der Vorvertrag (nur) schriftlich abgeschlossen wird, wenn für den Hauptvertrag gesetzlich ein Schriftformerfordernis vorgesehen ist. Das ist bei einem Kaufvertrag über eine Immobilie der Fall, da dieser der anwaltlichen oder notariellen Beurkundungspflicht unterliegt. Daher kann – anders als in Deutschland – eine privatschriftliche Urkunde für den Vorvertrag genügen.

Zu beachten ist jedoch, dass nach Art. 410 Abs. 3 des Código Civil bei Kaufvorverträgen über Gebäude eine anwaltliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschriften erforderlich ist. Diese Vorschrift gilt für Gebäude jeglicher Art. Erfasst sind auch Grundstücke, für die bereits ein Bauvorhaben besteht. Weiterhin muss der Rechtsanwalt bzw. Notar die Existenz einer gültigen Nutzungs- oder Baugenehmigung für das Gebäude, je nachdem, ob der Bau bereits beendet ist oder noch aussteht, verifizieren. Diese Verifizierung muss aus dem Beglaubigungsvermerk ausdrücklich hervorgehen.

Mit dieser Vorschrift soll der Käufer insbesondere vor dem Erwerb von Gebäuden geschützt werden, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden, bzw. vor Bauvorhaben, für die noch keine Baugenehmigung erteilt wurde. Es handelt sich um eine verbraucherschützende Norm.

Was passiert, wenn – wie in der Praxis regelmäßig(!) zu sehen – die Unterschriften der Vertragsparteien unter dem Kaufvorvertrag über ein Gebäude nicht beglaubigt wurden oder aus dem Beglaubigungsvermerk die Verifizierung der Existenz der Nutzungs- bzw. Baugenehmigung nicht hervorgeht?

Behandeln wir zunächst den Fall, in dem die Unterschriften der Vertragsparteien nicht beglaubigt wurden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Verkäufer einen Formverstoß nur bei schuldhafter Verursachung durch den Käufer geltend machen kann. Diese Vorschrift schränkt zum Schutz des Käufers das Recht des Verkäufers ein. Das bedeutet, dass sich der Käufer entweder auf einen wirksamen Vorvertrag stützen, oder die Unwirksamkeit des Vorvertrages geltend machen kann. Der unerfahrene Erwerber, der sich i.d.R. einem erfahrenen Unternehmer gegenübersieht, soll die Möglichkeit haben, den Vertrag zu beseitigen. Obwohl sich der Verkäufer i.d.R. nicht auf die Formnichtigkeit berufen kann, ist dem Käufer dringend zu raten, auf die Beglaubigung der Unterschriften zu achten, um Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. Es kommt sogar vor, dass Verkäufer im Nachhinein bestreiten, dass es sich um ihre Unterschrift unter dem Vorvertrag handelt.

Liegt ein Formverstoß vor und macht der Käufer diesen geltend, ist der Vorvertrag grundsätzlich nichtig. Sehr wichtig ist, dass die übliche Klausel in Vorverträgen, wonach die „Vertragsparteien einvernehmlich auf die Beglaubigung ihrer Unterschriften verzichten und deshalb keine der Vertragsparteien sich auf eine Formnichtigkeit berufen kann“, nichtig ist. In der Literatur war und ist umstritten, ob eine solche „Formausschlussklausel“ rechtsgültig ist. Auch in der Rechtsprechung war diese Frage lange Zeit umstritten.

Die neueste höchstrichterliche Rechtsprechung entscheidet mittlerweile dahingehend, dass eine solche Klausel ungültig ist. Das hat der Oberste Gerichtshof in Lissabon zuletzt am 26. Oktober 2022 (Az. 5261/20.6T8BRG.G1.S1) bestätigt. Die Formvorschrift steht nämlich im öffentlichen Interesse und kann nicht durch die Vertragsparteien abbedungen werden. Sie hat imperativen Charakter. Die Formnichtigkeit des Vorvertrages führt dazu, dass die vom Käufer erbrachte Anzahlung auf den Kaufpreis, die gleichzeitig als Reugeld, sog. sinal, fungiert, vom Verkäufer zu erstatten ist.

Nur im Ausnahmefall kann sich der Käufer nicht auf die Formnichtigkeit des Vorvertrages berufen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dadurch ein Rechtsmissbrauch vorliegen würde. Wurde der Vorvertrag vor einiger Zeit abgeschlossen und hat der Käufer auf der Basis des (eigentlich formnichtigen) Vorvertrages Ansprüche geltend gemacht bzw. wiederholt manifestiert, dass er sich an den Vorvertrag gebunden fühlt, kann ein solcher Rechtsmissbrauch vorliegen, sodass der Käufer sich nicht auf die Formnichtigkeit berufen kann.

Fraglich ist, ob diese Rechtsprechung auch für die weitere Formalie, die Verifizierung der Existenz einer gültigen Nutzungs- bzw. Baugenehmigung, gilt. Vor allem bei der Beglaubigung von Unterschriften durch Rechtsanwälte und sog. Solicitadores kommt dieser Formfehler in der Praxis wiederholt vor. Diese Genehmigungen können nämlich auch einem öffentlichen Interesse dienen, insbesondere der Eindämmung von Schwarzbauten. Auch hier tendiert die Rechtsprechung dazu, dass der Vorvertrag unwirksam und somit gerichtlich annulliert werden kann. Wird die Genehmigung nach dem Abschluss des Vorvertrages erteilt, so gibt es Stimmen der Literatur, wonach eine Heilung des Formmangels eintreten kann. Liegt ein Fall vor, in dem die Nutzungs- bzw. Baugenehmigung aufgrund der entsprechenden Bauvorschriften gar nicht erteilt werden kann, ist die Erfüllung des Vorvertrages unmöglich und der Vertrag bereits deshalb nichtig.

Zu beachten ist, dass die Vertragsparteien dem Vorvertrag dingliche Wirkung verleihen können. Ein solcher Vorvertrag mit dinglicher Wirkung ist funktional mit der Vormerkung des deutschen Rechts vergleichbar. In unterschiedlichen Fällen ist dem Käufer einer Immobilie dringend zu raten, dem Vorvertrag dingliche Wirkung zu verleihen.

Voraussetzung für eine dingliche Wirkung ist die anwaltliche bzw. notarielle Beurkundung des Vertrages und die Eintragung im Grundbuchregister, d. h. eine bloße Beglaubigung der Unterschriften der Vertragsparteien genügt nicht. Die Vertragsparteien müssen ausdrücklich im Vertragstext die Vereinbarung erwähnen, dass sie dem Vorvertrag dingliche Wirkung verleihen möchten. Die Eintragung dieses Vorvertrages im Grundbuch gilt für eine Frist von drei Jahren.

Der Vorvertrag mit dinglicher Wirkung dient insbesondere dazu, die Erfüllung schuldrechtlicher Ansprüche auf Vornahme dinglicher Rechtsänderungen zugunsten des Käufers zu sichern. Bei einem rein schuldrechtlich geschlossenen Vorvertrag kann der Käufer lediglich den Abschluss des Hauptvertrages fordern und gegebenenfalls Schadensersatz geltend machen.

Bei einem Vertrag mit dinglicher Wirkung erwirbt der Käufer hingegen ein absolutes Recht. Dieser dingliche Vorvertrag beschränkt demnach die Befugnisse des Verkäufers, über sein Grundstück entgegen seiner eigenen Verpflichtung zu verfügen: Der registrierte Vorvertrag ermöglicht es dem Käufer, das Eigentum an der Immobilie trotz pflichtwidriger Verfügung des Verkäufers zu erwerben. Dieser Anspruch auf Erwerb des Eigentums kann im Wege einer Zwangsvollstreckung, die auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtet ist, durchgesetzt werden.

Dieser Beitrag macht deutlich, welche Bedeutung der Vorvertrag über den Kauf einer Immobilie in Portugal hat. Jedem Interessenten ist dringend zu raten, anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor er einen Vorvertrag abschließt. Der Vorvertrag wird von dem Rechtsanwalt nach der Prüfung aller relevanten Unterlagen der Immobilie erstellt und unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form in der Regel mit einer Vollmacht seines Mandanten abgeschlossen.

Sehr wichtig ist schließlich die Information, dass weder Immobilienmakler noch von Immobilienmaklern beauftragte Rechtsanwälte einen Vorvertrag erstellen dürfen.

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