Der portugiesische Gesetzgeber hat einen umfassenden Gesetzestext im Rahmen der „Mais-Habitação“-Agenda der Regierung verabschiedet.
Das Ende der Alojamento-Local Vermietungen an Touristen?
Es handelt sich um eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben der letzten Jahre. Im Raum steht u.a. die zwangshafte Vermietung von leerstehenden Gebäuden und ein Verbot von neuen Lizenzen für die Vermietung von Wohnungen an Touristen. Es fehlte nur noch die Verkündung des Gesetzes durch den Präsidenten der Republik Marcelo Rebelo de Sousa bis zum 21.8.2023.
Der Präsident hat die Verkündung allerdings abgelehnt. ESA hat den Experten im Immobilienrecht, Dr. Alexander Rathenau, gefragt, warum der Staatspräsident den Gesetzesentwurf nicht verkündet hat und welche Folgen daraus entstehen.
Lesen Sie auch die vorausgegangen Interviews mit Herrn Dr. Alexander Rathenau zu diesem wichtigen Thema unter https://entdecken-sie-algarve.com/recht/das-ende-der-vermietung-von-apartments-an-touristen und https://entdecken-sie-algarve.com/nachrichten/teil-ii-das-ende-der-vermietung-von-wohnimmobilien-an-touristen.
Hier das Interview:
ESA: Herr Dr. Rathenau, ist es für Sie überraschend, dass der Staatspräsident, den Gesetzesentwurf nicht verkündet hat?
Dr. Rathenau: Für mich war diese Entscheidung überraschend, auch wenn der Staatspräsident in seinen letzten Interviews immer wieder dieses Gesetzespaket kritisiert hat.
Es müssen allerdings zwei Dinge unterschieden werden:
Der Staatspräsident hatte die Möglichkeit, dass Gesetzespaket dem portugiesischen Verfassungsgerichtshof vorzulegen, damit dieser die Verfassungsmäßigkeit des Entwurfes überprüft. Insbesondere stellt sich aus meiner Sicht die Frage, ob die Zwangsvermietung und das Verbot der Vermietung von Wohnungen an Touristen mit der Eigentumsgarantie der Verfassung im Einklang stehen.
Dies hat der Staatspräsident nicht getan, da er die Auffassung vertritt, dass sich keine wichtigen verfassungsrechtlichen Fragen stellen.
Vielmehr hat er von seinem politischen Vetorecht Gebrauch gemacht.
Nach Art. 136 der portugiesischen Verfassung hatte der Präsident innerhalb von 20 Tagen nach dem Zugang des Gesetzespaketes dieses entweder zu verkünden oder sein Vetorecht auszuüben.
Er hat von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht.
ESA: Welche Anforderungen stellt die Verfassung an das Vetorecht und welche Folgen hat es nun für das Gesetzespaket?
Dr. Rathenau: Der Staatspräsident ist nur verpflichtet, sein Vetorecht schriftlich zu begründen. Dies hat er auch getan (Originalschreiben des Präsidenten unter (https://www.presidencia.pt/media/lpfmcgwe/carta_ar_20230820.pdf).
Der Präsident macht in seiner Begründung deutlich, dass er der festen Überzeugung ist, dass dieses Gesetzespaket die Probleme auf dem Wohnungsmarkt nicht lösen wird.
Er geht sogar so weit, dass er die Regierung vorwirft, aus politisch-opportunistischen Gründen ein schnelles Gesetzesvorhaben durchwinken zu wollen, dass kurzfristig eventuell einen bestimmten Erfolg haben könnte, aber weder mittelfristig noch langfristig die Probleme auf dem Wohnungsmarkt lösen wird. Auch weist er darauf hin, dass das Gesetzespaket private Investoren davon abhält, in Portugal zu investieren, um neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Letzteres ist nach Auffassung des Präsidenten sehr wichtig, da der Staat nicht in nur Lage ist, ausreichend Wohnungen zu errichten.
Das Vetorecht des Staatspräsidenten hat zur Folge, dass das Gesetzespaket an das Parlament (Versammlung der Republik) zurückgeht und das Parlament dazu neu beraten muss.
Wenn das Parlament mit der absoluten Mehrheit, der ihr Mandat ausübenden Abgeordneten das Gesetzespaket bestätigt, so hat der Präsident der Republik die Verkündung innerhalb von acht Tagen, nach Erhalt des Entwurfes, vorzunehmen. Da die aktuelle PS-Regierung die absolute Mehrheit im Parlament hat, muss damit gerechnet werden, dass das aktuelle Gesetzespaket in der aktuellen Fassung in Kraft treten wird. Wann dies geschehen wird, steht aber zum jetzigen Zeitpunkt offen. Wir wissen demnach noch nicht, ob und wann dieses Gesetzespaket in Kraft treten wird.
ESA: Welche persönliche Meinung haben Sie zu dem Handeln des Staatspräsidenten?
Dr. Rathenau: Ich stimme dem Staatspräsidenten zu. Ich hätte mir aber gewünscht, dass er dieses Gesetzespaket – bzw. die verfassungsrechtlich zweifelhaften Teile davon – dem portugiesischen Verfassungsgericht vorgelegt hätte, da die beabsichtigten Maßnahmen stark in das Eigentumsrecht eingreifen.
Man kann gespannt sein, was das Parlament nun tut. Ich befürchte, dass die PS-Abgeordneten ihre Macht ausnutzen werden, um das Gesetzespaket in der aktuellen Fassung mit absoluter Mehrheit zu verabschieden und die Zweifel des Staatspräsidenten ignorieren. Dabei ist daran zu erinnern, dass der Staatspräsident der Oppositionspartei PSD angehört, auch wenn der Staatspräsident während seiner Amtsausübung für keine Partei Stellung bezieht.
ESA: Herr Dr. Rathenau, wir bedanken Ihnen für dieses Gespräch.