Obwohl Portugal ein laizistischer und nicht konfessioneller Staat ist, sind die starken Bindungen zur katholischen Kirche unbestreitbar. Der Höhepunkt dieser Beziehung sind die Konkordate, die 1940 und 2004 zwischen dem portugiesischen Staat und der katholischen Kirche geschlossen wurden und dieser eine Reihe von Privilegien und Rechten verleihen.
Zwischen dem 1. und 6. August 2023 empfing Portugal die Weltjugendtage, die den Besuch von Papst Franziskus in portugiesischem Gebiet einschlossen, genauer gesagt in der Stadt Lissabon und in Fátima. Aus diesem Anlass und in ähnlicher Weise wie bei anderen Papstbesuchen in Portugal verabschiedete das portugiesische Parlament ein Amnestie- und Straferlassgesetz, das vom Präsidenten der Republik, Marcelo Rebelo de Sousa, gebilligt wurde. Dieses Gesetz wurde bereits im Amtsblatt veröffentlicht und tritt am 1. September 2023 in Kraft.
Dies ist nicht das erste Mal, dass das portugiesische Parlament anlässlich eines Papstbesuchs in Portugal eine Amnestie verabschiedet. Dies war bereits bei dem Besuch von Paul VI. im Jahr 1967 sowie bei den Besuchen von Johannes Paul II. im Jahr 1982 und 1991 der Fall.
Das Gesetz Nr. 38-A/2003 sieht daher in Artikel 2 vor, dass „die strafrechtlichen Sanktionen für Vergehen, die bis 00:00 Uhr des 19. Juni 2023 begangen wurden, von dieser Gesetzgebung erfasst werden, sofern die Personen zum Zeitpunkt der Tat zwischen 16 und 30 Jahren alt sind, wie in den Artikeln 3 und 4 definiert“.
Neben diesen strafrechtlichen Vergehen fallen auch die zusätzlichen Sanktionen für Ordnungswidrigkeiten, die bis zum 19. Juni begangen wurden, unter diese Regelung, ohne dass für letztere eine Altersgrenze festgelegt ist. Hierunter fallen die zusätzlichen Sanktionen („Nebenstrafen“) wie das Fahrverbot bei einer Ordnungswidrigkeit, sofern die zugehörige Geldbuße 1.000 Euro nicht übersteigt. Es ist wichtig festzuhalten, dass sich diese Amnestie auf die „Nebenstrafe“ Fahrverbot bezieht, nicht jedoch auf die Zahlung der Geldbuße an sich.
Von dieser Regelung ausgenommen sind die zusätzlichen Sanktionen für das Fahrverbot, die sich auf die Begehung eines bestimmten rechtlichen Straftatbestandes beziehen (zum Beispiel das Strafvergehen nach Artikel 292 des portugiesischen Strafgesetzbuches, das das Führen eines Fahrzeugs im alkoholisierten Zustand oder unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln oder psychotropen Substanzen betrifft), sowie die zusätzlichen Sanktionen, die sich auf schwerwiegende Verkehrsordnungswidrigkeiten beziehen, wie etwa Geschwindigkeitsüberschreitungen, da die Höchststrafe hierbei 1500 Euro beträgt.
Daher: Falls Sie bis 00:00 Uhr des 19. Juni 2023 einen Bußgeldbescheid mit Androhung eines Fahrverbotes aufgrund einer Verkehrsordnungswidrigkeit erhalten haben, deren abstrakt anwendbare Strafe weniger als 1000 Euro beträgt, sollten Sie sich verteidigen oder dagegen vorgehen, je nachdem, in welcher Phase des Verfahrens des Verfahren Sie sich befinden. Hierbei können Sie die professionelle Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen.