Im Oktober 2023 ist das Mais Habitação-Gesetzespaket in Kraft getreten. In dieser Beitragsreihe kommentiert Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau die neuen Regelungen. Bei der Übersetzung des Gesetzestextes hat Rosa Bauer, Studentin der Übersetzungswissenschaft an der Universität Heidelberg, mitgewirkt.
Artikel 18
Aussetzung neuer Lizenzerteilungen für Alojamento Local-Registrierungen
1 – Die Neuerteilung von Lizenzen für Alojamento Local-Gewerbe in Form von Apartments (apartamentos) und Gästehäusern (estabelecimento de hospedagem) gemäß dem Gesetzesdekret Nr. 128/2014 vom 29. August, in seiner aktuellen Fassung, die eine eigenständige Wohneinheit eines Gebäudes darstellen, werden im gesamten Staatsgebiet, gemäß den nachfolgenden Bestimmungen ausgesetzt. Davon ausgenommen sind die im Landesinneren gelegen Gebiete, die aus dem Erlass Nr. 208/2017 vom 13. Juli hervorgehen.
2 – Die Gemeinden legen in den jeweils genehmigten Kommunalen Chartas für Wohnungswesen gemäß Art. 22 des Gesetzes Nr. 83/2019 vom 3. September, in seiner aktuellen Fassung, ausdrücklich das angemessene Gleichgewicht zwischen dem Angebot an Wohnungen und Studentenunterkünften in ihren Gebieten fest. Dieses Gleichgewicht soll die Aufhebung der im vorherigen Absatz genannten Aussetzungen ermöglichen. Davon unbeschadet bleiben die Regelungen und Beschränkungen über den Betrieb von Alojamento Local-Gewerben in Wohnungen.
3 – Die im Absatz 1 genannte Aussetzung bleibt entweder in ihrer Gesamtheit oder in Teilen des Gemeindegebietes bestehen, wenn gem. Art. 62 des Gesetzes Nr. 83/2019 vom 3. September, in seiner aktuellen Fassung, Wohnungsnot festgestellt wurde.
4 – Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für die Nutzung von Immobilien, die gemäß Gesetzesdekret Nr. 161/2019 vom 25. Oktober, dem Fonds Revive Natureza (Fonds zur Wiederbelebung der ländlichen Gegenden) angehören.
5 – Die Bestimmungen dieses Artikels gelten ebenfalls nicht für die Autonomen Regionen.
Die neuen Regelungen führen zu einem Verbot neuer Alojamento Local-Betriebe. Dieses Verbot unterliegt jedoch folgenden Einschränkungen:
1) Das Verbot gilt nur für AL-Betriebe in eigenständigen Wohneinheiten, d. h. für solche
Einheiten, die dem Wohnungseigentum unterliegen. Darunter fallen Apartments und auch Reihenhäuser, die durch eine Teilungserklärung in eigenständige Wohneinheiten aufgeteilt wurden. Vom Verbot nicht erfasst sind demnach eigenständig nutzbare Wohneinheiten in einem Gebäude, das rechtlich nicht in autonome Einheiten aufgeteilt ist (s. Kommentierung zu Art. 19). Selbstverständlich werden vom Verbot auch keine ganzen Wohnhäuser erfasst;
2) Es handelt sich nach dem Wortlaut des Gesetzes um ein vorübergehendes Verbot, da von einer „Aussetzung“ gesprochen wird; es obliegt nach dem Willen des Gesetzgebers den Gemeinden auf der Grundlage der Vorgaben in ihrer Kommunalen Charta für Wohnungswesen (Carta Municipal de Habitação) zu entscheiden, wann die AL-Lizenzen wieder erteilt werden können (s. Kommentierung zu Art. 17). Bei dieser Entscheidung kommt es auf das „angemessene Gleichgewicht zwischen dem Angebot an Wohnungen und Studentenunterkünften“ im Gemeindegebiet an.
Das ist ein sehr ungenauer Wortlaut, der sicherlich viel Diskussionsbedarf mit sich bringen wird. Auch fehlt eine zeitliche Befristung der Aussetzung der Lizenzvergabe; das ist insoweit zu bedauern und problematisch als die meisten Gemeinden die genannte Charta noch erstellen müssen und niemand voraussehen kann, wann sich die jeweilige Gemeinde mit der wichtigen Entscheidung über die Aufhebung des Verbots, das massiv in die Eigentumsrechte des Bürgers eingreift, befassen wird.
Wurde für das betroffene Gebiet der sog. Wohnungsnotstand auf der Grundlage des „Grundgesetzes zum Wohnungswesen“ (Gesetz Nr. 83/2019 vom 03.09.2019) ausgerufen, bleibt es allerdings bei dem AL-Verbot;
3) Das Verbot erfasst nicht Madeira (mit Porto Santo) und die Azoren. Auf den portugiesischen Inseln ist es demnach grundsätzlich weiterhin erlaubt, klassische Apartments an Touristen zu vermieten. Außerdem werden vom Verbot bestimmte Regionen auf dem portugiesischen Festland, die sich im Landesinneren befinden, ausgenommen. In der Algarve gehören dazu die Gemeinden (concelhos) Alcoutim, Aljezur, Castro Marim, Monchique und Vila do Bispo; ferner folgende Ortsgemeinden (freguesias): Alte, Ameixial, Salir, União de freguesias de Querença, Tôr und Benafim (Gemeinde Loulé), São Marcos da Serra (Gemeinde Silves) und Cachopo und Santa Catarina da Fonte do Bispo (Gemeinde Tavira);
4) Schließlich werden vom Verbot solche Anwesen ausgenommen, deren Errichtung bzw. Renovierung vom Fonds Revive Natureza (Dekret Nr. 161/2019 vom 25.10.2019) profitiert haben.
Artikel 19
Neubewertung der erteilten Alojamento Local-Registrierungen
1 – Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes erteilten Alojamento Local-Registrierungen werden während des Jahres 2030 gemäß den Bestimmungen von Art.6-A des Gesetzesdekrets Nr. 128/2014 vom 29. August neu bewertet.
2 – Die vorher erwähnten Registrierungen sind ab der ersten Neubewertung um Zeiträume von jeweils fünf Jahre verlängerbar.
3 – Von den Bestimmungen in Ab. 1 ausgenommen sind Alojamentos Locais, die eine dingliche Sicherheit für Darlehensverträge darstellen, die bis zum 16. Februar 2023 abgeschlossen und bis zum 31. Dezember 2029 noch nicht vollständig getilgt wurden. Die erste Neubewertung findet erst nach vollständiger Tilgung gemäß des ursprünglich vereinbarten Tilgungsplans statt.
Diese neue Vorschrift bezieht sich auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Mais Habitação-Gesetzespakets wirksam erteilte AL-Lizenzen. Sie erfasst alle Arten von Unterkünften.
Die bereits bestehenden Lizenzen bzw. Registrierungen, die unbefristet erteilt wurden, werden im Jahr 2030 „neu bewertet“, d. h. das jeweilige Gemeindeamt prüft im Laufe des Jahres 2030, ob die Lizenz widerrufen wird. Wird sie nicht widerrufen, so gilt die Lizenz als auf nur fünf Jahre erteilt, d. h. die vormals unbefristete Lizenz wandelt sich in eine befristete um. Die Lizenz ist jeweils um Zeiträume von fünf Jahren verlängerbar. Da Art. 19 Abs. 1. a. E. auf Art. 6-A verweist, kann die Gemeinde die bestehende Lizenz nur widerrufen bzw. den Antrag auf Verlängerung nur mit der Begründung ablehnen, dass entweder die allgemeinen Voraussetzungen für die AL-Bewilligung nicht vorliegen oder eine Verlängerung der Kommunalen Charta für Wohnungswesen widerspricht (s. Kommentierung von Art. 6-A). Die alten Lizenzen werden demnach ab dem Jahr 2030, wie die nach dem Inkrafttreten der neuen Regelungen erteilten Lizenzen behandelt.
Von dieser zeitlichen Einschränkung ausgenommen sind solche AL-Registrierungen, die sich auf Immobilien beziehen, die mit einer Hypothek (das portugiesische Recht kennt nur die Hypothek, nicht hingegen die Grundschuld) zwecks Absicherung einer Darlehensschuld belastet sind. Voraussetzung ist, dass die Darlehensschuld am 31.12.2029 noch nicht vollständig getilgt wurde.
Die „neue Bewertung“ der AL-Registrierung erfolgt hier erst nach der vollständigen Tilgung der Schuld gem. dem ursprünglich vereinbarten Tilgungsplan.
Diese Ausnahmeregelung soll vermeiden, dass Eigentümer, die auf die Einnahmen aus der Vermietung angewiesen sind, um die Darlehensraten bedienen zu können, nicht in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Diese Regelung ist nicht nur ungerecht, sondern sozialpolitisch auch ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man bedenkt, dass Tausende von Eigentümern auf die AL-Einnahmen angewiesen sind, um Lebensmittel zu kaufen, geschweige denn, um Schulden gegenüber der Bank zu bedienen.