Portugiesisch – Eine Weltsprache des Rechts

Portugiesisch – Eine Weltsprache des Rechts

Wussten Sie, dass Portugiesisch als Amts- und Rechtssprache in verschiedenen Ländern rund um den Globus verwendet wird? ESA sprach darüber mit Dr. Alexander Rathenau, der diese Länder aus erster Hand kennt.

ESA: Herr Dr. Rathenau, trifft der Satz „Portugiesisch – Weltsprache des Rechts“ zu?

Dr. Rathenau: Etwa 260 Millionen Menschen weltweit sprechen Portugiesisch. Es ist die Amts- und Rechtssprache in Ländern auf vier Kontinenten, darunter Brasilien, Portugal, Angola, Mosambik, Kap Verde, Guinea-Bissau, São Tomé und Príncipe sowie Osttimor. In Äquatorialguinea, einer ehemaligen spanischen Kolonie, ist Portugiesisch seit 2010 neben Spanisch und Französisch die dritte Amtssprache.

Die größte portugiesisch-sprachige Bevölkerung lebt in Brasilien, wo etwa 215 Millionen Menschen die Sprache sprechen. Damit gehört Portugiesisch zu den am häufigsten gesprochenen Sprachen weltweit. Der Begriff Weltsprache bezieht sich auf eine Sprache, die global eine erhebliche Verbreitung und Bedeutung besitzt. Das trifft zwar momentan noch zu, allerdings beobachte ich, dass Portugiesisch in Afrika und Asien allmählich an Bedeutung verliert.

Warum wird die portugiesische Sprache in diesen Ländern immer weniger gesprochen?

In Kap Verde, Guinea-Bissau und São Tomé und Príncipe, die ich kürzlich besucht habe, ist Portugiesisch die einzige Amtssprache und spielt eine zentrale Rolle in Verwaltung, Bildung und den Medien. Allerdings wird Portugiesisch im Alltag oft von Kreolsprachen verdrängt. Auf den Kapverdischen Inseln sprechen die meisten Menschen kapverdisches Kreol, eine Kreolsprache, die auf dem Portugiesischen basiert.

In Guinea-Bissau spricht die Mehrheit der Bevölkerung Kreol,ebenso eine portugiesisch-basierte Kreolsprache, die als lingua franca dient und im täglichen Leben von der überwiegenden Mehrheit als Verkehrssprache verwendet wird. In ländlichen Gebieten wird Portugiesisch weniger gesprochen, während in städtischen Gebieten und unter gebildeten Bevölkerungsgruppen der Gebrauch häufiger ist.

In São Tomé und Príncipe ist Portugiesisch die Sprache, die die meisten Menschen verstehen und sprechen, insbesondere in städtischen Gebieten und unter der jüngeren Bevölkerung, doch auch hier haben Kreolsprachen wie Forro, Angolar und Lung’Ie ihre Bedeutung. Ich war sehr überrascht festzustellen, dass man auf São Tomé und Príncipe sehr gutes Portugiesisch spricht, viel besser als auf Kap Verde und in Guinea-Bissau, obwohl der Inselstaat weit abgelegen im Golf von Guinea vor der Westküste Afrikas liegt.

Und wie ist es in Timor-Leste?

Auf Osttimor ist Portugiesisch neben Tetum eine von zwei Amtssprachen, wird aber vor allem in formellen und offiziellen Kontexten verwendet. Die jungen Menschen berichteten, dass sie gesonderten Unterricht in Portugiesisch nehmen müssen, um sich verständigen zu können. Die Ausbildung in der Schule reiche dafür nicht aus. Interessant finde ich, dass die Alltagssprache Tetum, die zur austronesischen Sprachfamilie gehört und viele Lehnwörter aus dem Portugiesischen enthält, in den letzten Jahrzehnten, insbesondere nach der Unabhängigkeit Osttimors im Jahr 2002, viele englische Begriff aufnahm.

Dies liegt vor allem daran, dass Osttimor enge Verbindungen zu englischsprachigen Ländern wie Australien und Neuseeland unterhält und Englisch in internationalen Kontexten weit verbreitet ist. Während meiner Aufenthalte in diesen Ländern hatte ich den klaren Eindruck, dass die portugiesische Sprache allmählich an Bedeutung verliert.

Was wird unternommen, um sicherzustellen, dass Portugiesisch in diesen ehemaligen Kolonien nicht ausstirbt?

Es gibt zwar Bemühungen, doch realistisch betrachtet hat sich Portugal nach dem Ende der Kolonialzeit rasch aus diesen Regionen zurückgezogen. Der wirtschaftliche Einfluss ist heute entscheidend, auch in Bezug auf den Erhalt der Sprache als Teil der portugiesischen Kultur. In wirtschaftlichen Bereichen haben China und andere Länder inzwischen eine führende Rolle übernommen. Allgemein bin ich besorgt über die Art und Weise, wie diese Beziehungen, insbesondere zu China, gestaltet sind und befürchte langfristig negative Auswirkungen für den afrikanischen Kontinent. Das ist aber ein komplexes Thema, das ich hier nicht weiter vertiefen kann.

Portugal setzt verschiedene Maßnahmen und Programme ein, um die portugiesische Sprache in den ehemaligen Kolonien zu fördern. Darunter fallen Bildungsprogramme mit der Entsendung von Lehrern, Stipendien für Studierende und die Ausbildung von Lehrkräften. Portugal ist ein aktives Mitglied der CPLP, einer internationalen Organisation, die die Zusammenarbeit zwischen den lusophonen Ländern in den Bereichen Bildung, Kultur, Wirtschaft und Politik fördert. Die CPLP spielt eine Schlüsselrolle bei der Koordination von Sprachförderungsprojekten. Osttimor ist allerdings kein Mitgliedstaat der CPLP.

Gilt in den ehemaligen Kolonien portugiesisches Recht?

Man kann von einem lusophonen Rechtssystem sprechen, das sich durch die Verbreitung des portugiesischen Rechts in den ehemaligen Kolonien Portugals entwickelte. In den lusophonen Ländern Afrikas gilt das portugiesische Zivilgesetzbuch von 1966 in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau auch nach der Unabhängigkeit mit Anpassungen weiter. Auch in São Tomé und Príncipe wird das Código Civil verwendet, wobei es an die besonderen Bedingungen des Landes angepasst wurde. Nach der Unabhängigkeit Osttimors im Jahr 2002 wurde das portugiesische Zivilgesetzbuch in vielen Bereichen im Land übernommen. In Macau, einer Sonderverwaltungszone Chinas, wird es ebenfalls weiterhin angewendet, allerdings auch hier angepasst an die lokalen rechtlichen und administrativen Strukturen. Kap Verde ersetzte das Código Civil 1997 durch ein neues Zivilgesetzbuch. In Brasilien wurde das portugiesische Zivilgesetzbuch nach der Unabhängigkeit 1822 zunächst weiterverwendet, doch Brasilien entwickelte später ein eigenes. Das erste brasilianische Zivilgesetzbuch wurde 1916 eingeführt und war stark vom portugiesischen Recht beeinflusst. Auch das aktuelle brasilianische Zivilgesetzbuch aus dem Jahr 2002 spiegelt immer noch den Einfluss des portugiesischen Rechts wider.

Das portugiesische Recht entstand ursprünglich als Teil der kontinentaleuropäischen römischen Rechtsfamilie und wurde bis Ende des 19. Jh. stark vom französischen Recht, danach vom deutschen Recht beeinflusst. Mein sehr geschätzter Mentor, Professor Erik Jayme, der leider vor kurzem verstorben ist, prägte den Begriff „lusitanische Rechtsfamilie“. Es war Erik Jayme, der 1991 die Deutsch-Lusitanische Juristenvereinigung (DLJV) gründete, um die Erforschung dieser Rechtsfamilie zu fördern.

Herr Dr. Rathenau, wir bedanken uns für das Gespräch.

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