Rechtslage verbindlich geklärt: Veräußerung eines Erbanteils unterliegt in Portugal keiner Veräußerungsgewinnsteuer!
Die portugiesische Finanzbehörde (AT) hatte gegen eine Entscheidung eines Schiedsgerichts (CAAD) vom 18.01.2024 Rechtsmittel eingelegt. In dieser Entscheidung war festgestellt worden, dass die Veräußerung eines Erbanteils (quinhão hereditário) an einem ungeteilten Nachlass nicht der Besteuerung nach Art. 10 Abs. 1 lit. a) des portugiesischen Einkommensteuergesetzes (CIRS) unterliegt, da es sich nicht um eine „entgeltliche Veräußerung eines dinglichen Rechts an einer Immobilie“ handelt.
Die AT war gegenteiliger Ansicht und rief zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung den obersten Verwaltungsgerichtshof (STA) an. Es wurde auf eine ältere CAAD-Entscheidung aus 2017 verwiesen, die dieselbe Rechtsfrage gegenteilig entschieden hatte und die Steuerpflicht bejaht hatte.
Zentrale Rechtsfrage:
Ist der Gewinn aus der Veräußerung eines Erbanteils, der sich ausschließlich auf eine Immobilie bezieht und vor erfolgter Erbauseinandersetzung verkauft wird, als steuerpflichtige Veräußerungsgewinn („mais-valia“) nach Art. 10 Abs. 1 lit. a) CIRS zu erfassen?
Ergebnis der Entscheidung des STA:
Der Supremo Tribunal Administrativo hat am 29.04.2025 (Ak. 033/24.1BALSB) den Standpunkt der Finanzbehörde nicht übernommen. Stattdessen wurde die Entscheidung des Schiedsgerichts bestätigt und folgende Grundsatzentscheidung zur einheitlichen Auslegung getroffen:
„Die Veräußerung eines Erbanteils (quinhão hereditário) stellt keine entgeltliche Veräußerung eines dinglichen Rechts an einer Immobilie i.S.v. Art. 10 Abs. 1 lit. a) CIRS dar. Daher unterliegen daraus erzielte Gewinne nicht der Einkommensteuer (IRS).“
Begründung:
- Vor der Erbauseinandersetzung haben Miterben keinen dinglichen Bruchteilseigentum an bestimmten Nachlassgegenständen, sondern lediglich einen ideellen Anteil am Gesamtvermögen der Erbengemeinschaft (património autónomo).
- Erst durch die Teilung (partilha) wird ein konkreter Eigentumsübergang an bestimmten Vermögensgegenständen vollzogen.
- Auch wenn die Erbschaft nur aus einer einzigen Immobilie besteht, ändert das nichts an der zivilrechtlichen Qualifikation: es handelt sich nicht um die Übertragung eines dinglichen Rechts an einem Grundstück.
- Die bloße Abtretung eines Erbanteils (z. B. im Rahmen einer öffentlichen Kaufurkunde) überträgt nur die Position als Miterbe, nicht aber das Eigentum an einer bestimmten Immobilie.
Konsequenz für die Praxis:
Die Finanzbehörde kann bei einem Verkauf eines Erbanteils an einer (nicht geteilten) Erbschaft keine Steuer auf angebliche Veräußerungsgewinne erheben, selbst wenn sich die Erbschaft faktisch nur auf eine einzige Immobilie bezieht. Damit hat der STA steuerliche Planungssicherheit geschaffen.
Diese Entscheidung ist von großer praktischer Bedeutung für die Gestaltung und Abwicklung von Erbfällen mit grenzüberschreitendem Bezug, insbesondere bei deutsch-portugiesischen Nachlässen mit Immobilienvermögen in Portugal.
Die Kanzlei Dr. Rathenau & Kollegen begleitet täglich internationale Erbfälle, bei denen Nachlassvermögen – insbesondere Immobilien – in Portugal betroffen sind. Wir übernehmen dabei sowohl die vollständige rechtliche Nachlassabwicklung als auch die steuerliche Beratung im Zusammenhang mit der Veräußerung von Erbanteilen oder einzelnen Nachlassgegenständen.
Nach der nun gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des Supremo Tribunal Administrativo gilt: Die Veräußerung eines Erbanteils vor erfolgter Teilung (partilha) ist nach derzeitiger Rechtslage nicht als entgeltliche Veräußerung eines dinglichen Rechts an einer Immobilie zu qualifizieren – und bleibt daher von der Besteuerung als Veräußerungsgewinn (mais-valia) befreit.
Gerne stehen wir Ihnen für eine individuelle Einschätzung Ihres Falles zur Verfügung.