Prüfen Sie Ihr Testament! – Wichtige Hinweise für deutsche Staatsbürger

Prüfen Sie Ihr Testament! – Wichtige Hinweise für deutsche Staatsbürger
Prüfen Sie Ihr Testament! – Wichtige Hinweise für deutsche Staatsbürger.
Eine letztwillige Verfügung ist ein wesentliches Instrument, um den eigenen Nachlass frühzeitig und nach individuellen Wünschen zu regeln. Eine durchdachte und rechtssichere Gestaltung kann nicht nur Streit unter Erben vermeiden, sondern auch steuerliche Vorteile bieten.
Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau und Frau Stud. iur. Louisa Lübke erläutern, welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten und welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, um Ihren Nachlass bestmöglich zu regeln.
1. Wann findet deutsches Erbrecht auch auf portugiesisches Vermögen Anwendung?

Das deutsche Erbrecht gilt auch für Vermögen in Portugal, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Es gilt ebenfalls, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal hatte und nach dem 17. August 2015 eine wirksame letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) mit einer ausdrücklichen oder konkludenten Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts erstellt hat.

Für Testamente, die vor dem 17. August 2015 erstellt wurden, gilt eine besondere Regel:
Der Nachlass wird nach dem Recht des Staates beurteilt, dessen Staatsbürgerschaft der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes hatte. Das ist eine Rechtswahlfiktion zu Gunsten des deutschen Rechts, wenn der Erblasser Deutscher war.

2. Wann findet deutsches Erbschaftssteuerrecht auch auf portugiesisches Vermögen Anwendung?

Das deutsche Erbschaftssteuerrecht findet auch auf das in Portugal hinterlassene Vermögen Anwendung, wenn eine sog. unbeschränkte Steuerpflicht vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Erblasser oder der Erbe seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers in Deutschland hat. Zudem gilt sie für deutsche Staatsbürger, die sich nicht länger als fünf Jahre ununterbrochen im Ausland aufgehalten haben („Wegzugsregel“). Ebenso unterliegt die Erbschaft der deutschen Steuerpflicht, wenn eine deutsche juristische Person, beispielsweise eine Stiftung, als Erbe eingesetzt ist.

3. Wie kann ich mein Testament bzw. meinen Erbvertrag optimal gestalten?

Der Erblasser kann in seiner letztwilligen Verfügung nach deutschem Erbrecht unabhängig von verwandtschaftlichen Beziehungen frei bestimmen, wer sein Erbe wird. Dabei bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, den Nachlass individuell zu gestalten. Zunächst wird zwischen dem einseitigen Testament, dem gemeinschaftlichen Testament und dem Erbvertrag unterschieden.

a. Einseitiges Testament

Das einseitige Testament ist die häufigste Form der letztwilligen Verfügung. Es kann vom Erblasser allein erstellt und jederzeit ohne Mitwirkung Dritter geändert oder widerrufen werden. Inhaltlich kann der Erblasser:

(1) Erben bestimmen:
Der Erblasser kann eine oder mehrere Personen als Erben mit festgelegten Erbquoten einsetzen. Zudem kann er Vor- und Nacherben bestimmen. In diesem Fall erbt zunächst eine Person als Vorerbe, die das Vermögen verwalten und nutzen kann, aber nicht frei darüber verfügen darf, also bspw. nicht alles verkaufen darf. Erst nach dem Tod des Vorerben oder ab einem bestimmten vorher festgelegten Ereignis geht das Vermögen auf eine andere Person über, den Nacherben. Ein Ersatzerbe kann für den Fall vorgesehen werden, dass der ursprüngliche Erbe wegfällt.

(2) Die gesetzlichen Erben enterben:
Der Erblasser hat die Möglichkeit, entweder durch explizite Enterbung (sog. negatives Testament) oder durch Einsetzung anderer Erben, die gesetzlichen Erben von der Erbfolge auszuschließen. Im Fall der expliziten Enterbung tritt die gesetzliche Erbfolge ein, jedoch ohne den ausgeschlossenen Erben. Pflichtteilsberechtigte Personen, also in der Regel Kinder, Ehegatten oder Eltern des Erblassers, behalten dennoch einen Anspruch auf ihren gesetzlichen Pflichtteil, es sei denn, er wird aus wichtigen Gründen entzogen.

(3) Anordnungen über die Verteilung des Vermögens treffen:
Der Erblasser kann durch Erbquoten die wertmäßige Beteiligung seiner Erben bestimmen. Zudem kann er mit einer Teilungsanordnung festlegen, welche Erben bestimmte Nachlassgegenstände erhalten, ohne die Erbquoten zu verändern. Alternativ ermöglicht ein Vermächtnis die Zuwendung einzelner Vermögenswerte an Nicht-Erben. Ein Vorausvermächtnis gewährt einem Erben zusätzlich Vermögenswerte, ohne Anrechnung auf seinen Erbteil.

(4) Bedingungen und Auflagen formulieren:
Der Erblasser kann in seinem Testament Bedingungen und Auflagen festlegen. Durch sog. Wohlverhaltens- oder Verwirkungsklauseln kann er bestimmen, dass die Erbenstellung erst mit Erfüllung einer Bedingung eintritt oder entfällt, wenn dagegen verstoßen wird. Eine Auflage verpflichtet Erben oder Vermächtnisnehmer zu bestimmten Handlungen, ohne dass ihr Erbanspruch davon abhängt. Eine präzise Formulierung ist entscheidend, um die Umsetzung zu sichern und Streit zu vermeiden.

(5) Einen Testamentsvollstrecker benennen:
Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker zur Nachlassabwicklung einsetzen oder dessen Ernennung einer anderen Person bzw. dem Nachlassgericht überlassen. Dies ist sinnvoll, wenn Erbstreit droht oder die Erben unerfahren in der Nachlassverwaltung sind.

 

b. Gemeinschaftliches Testament

Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern verfasst werden. Es bietet grundsätzlich die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten wie ein einseitiges Testament, kann aber Besonderheiten aufweisen:

(1) Das Berliner Testament:
Eine besonders verbreitete Form ist das Berliner Testament, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig als Erben einsetzen und die Kinder oder Dritte erst nach dem Tod des zuletzt Verstorbenen erben (sog. Schlusserben). Hierbei gibt es zwei Regelungsmöglichkeiten. Nach der Trennungslösung setzt jeder Ehegatte den anderen zum Vorerben ein und den Dritten zum Nacherben, sowie für den Fall, dass der andere Ehegatte zuerst sterben sollte, als Ersatzerben.

Diese Lösung ist vor allem bei größeren Vermögen steuerlich vorteilhafter. Nach der Einheitslösung wird der überlebende Ehegatte Alleinerbe, die Kinder sind somit enterbt und könnten Pflichtteilsansprüche geltend machen. Diese Lösung ist besonders bei kleineren und mittleren Vermögen empfehlenswert, da der überlebende Ehepartner steuerfrei erbt und das Vermögen flexibel nutzen kann. Häufig wird zudem eine Wiederverheiratungsklausel aufgenommen, die bestimmt, dass der überlebende Ehepartner das Erbe an die Schlusserben weitergeben muss, falls er erneut heiratet.

Auch üblich ist eine Pflichtteilsstrafklausel, welche verhindern soll, dass Kinder nach dem ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern. Sie legt fest, dass ein Kind, das seinen Pflichtteil fordert, beim zweiten Erbfall enterbt wird oder lediglich den Pflichtteil erhält. Dies schafft einen Anreiz, die gewünschte Erbfolge zu akzeptieren.

(2) Die wechselbezüglichen Verfügungen:
Ein zentrales Merkmal des gemeinschaftlichen Testaments sind wechselbezügliche Verfügungen, bei denen eine Verfügung nicht ohne die andere getroffen worden wäre. Eine einseitige Änderung ist zu Lebzeiten nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und nach dem Tod eines Ehepartners meist ausgeschlossen. Allerdings kann eine Ausnahmeregelung vereinbart werden, sodass auch hier eine individuelle Beratung empfehlenswert ist.

 

c. Erbvertrag

Ein Erbvertrag ist eine bindende Vereinbarung zwischen dem Erblasser und einer oder mehreren anderen Personen, auch wenn diese nicht miteinander verheiratet sind. Im Gegensatz zum einseitigen Testament kann ein Erbvertrag nicht einseitig widerrufen werden, sondern bedarf der Zustimmung aller Vertragsparteien. Vertragsgemäße Verfügungen sind die Erbeinsetzung, Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Erbrechts. Häufig werden Erbverträge mit Schenkungen kombiniert, um steuerliche Vorteile zu nutzen.

 

4. Welche inhaltlichen Grenzen bestehen bei der Ausgestaltung?

Trotz der zahlreichen Möglichkeiten unterliegt die Gestaltung letztwilliger Verfügungen gewissen gesetzlichen Grenzen. So können Pflichtteilsansprüche naher Angehöriger nicht vollständig ausgeschlossen werden. Auch sittenwidrige oder gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßende Klauseln sind unwirksam. Zudem müssen bestimmte Formvorschriften beachtet werden, insbesondere bei notariellen Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten.

Fazit:
Die Wahl der passenden letztwilligen Verfügung hängt von den individuellen Umständen und Wünschen des Erblassers ab. Während das einseitige Testament maximale Flexibilität bietet, sorgt das gemeinschaftliche Testament für eine verbindliche Regelung zwischen Ehepartnern.

Der Erbvertrag wiederum schafft eine rechtlich bindende und oft mit Gegenleistungen verbundene Nachlassregelung zwischen Personen, die nicht miteinander verheiratet sein müssen. Daher sollte diese Entscheidung wohlüberlegt sein und idealerweise mit juristischer oder steuerlicher Beratung getroffen werden, um die bestmögliche Nachlassregelung für die eigene Situation zu finden.

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