UN-Kaufrecht: Ab 1. Oktober 2021 in Portugal in Kraft

Un-Kaufrecht

Endlich ist es soweit: Die United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods aus 1980 (CISG), im deutschen Sprachgebrauch auch UN-Kaufrecht und Wiener Kaufrecht genannt, tritt ab dem 1. Oktober 2021 in Portugal in Kraft. Im internationalen Handel ist das UN-Kaufrecht von erheblicher Bedeutung. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau, erläutert.

Der Beitritt Portugals zum UN-Kaufrecht war lange überfällig, da mittlerweile alle führenden Wirtschaftsnationen das Übereinkommen ratifiziert haben, darunter wichtige Handelspartner Portugals wie Spanien (1991), Deutschland (1991), Frankreich (1981), Brasilien (2014) und China (1988).

Das UN-Kaufrecht ist ab sofort Teil der portugiesischen Rechtsordnung und verdrängt im Rahmen seines Anwendungsbereichs die nationalen Rechtsvorschriften des portugiesischen Código Civil und anderer Rechtsquellen. Es handelt sich um ein Gesetzeswerk mit insgesamt 101 Artikeln. Mit dem UN-Kaufrecht existiert eine international vereinheitlichte und von vielen Staaten anerkannte Grundlage für die vertragliche Gestaltung von gewerblichen Warenkaufverträgen.

1. Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts.

Der räumliche Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts ist in erster Linie eröffnet, wenn ein Kaufvertrag zwischen Vertragsparteien geschlossen wird, die ihre Niederlassungen in unterschiedlichen Staaten haben, die jeweils Vertragsstaaten des CISG sind. Das ist ab sofort bei allen nach dem 1.10.2021 abgeschlossenen Warenkaufverträgen der Fall, bei denen einer der Vertragspartner in Portugal und der andere Vertragspartner in Deutschland ansässig ist. Unbeachtlich ist dabei die Staatsangehörigkeit der Vertragspartner, die Frage der Kaufmannseigenschaft oder ob der Vertrag handelsrechtlicher oder bürgerlichrechtlicher Art ist. In sachlicher Hinsicht findet das UN-Kaufrecht Anwendung, wenn Gegenstand des Vertrages der Kauf von Waren ist. Waren im Sinne des UN-Kaufrechts sind lediglich bewegliche Sachen. Kaufverträge über Grundstücke und Rechte werden daher nicht vom UN-Kaufrecht erfasst. Des Weiteren ist das UN-Kaufrecht bei grenzüberschreitenden Verträgen über den Kauf von Waren für den persönlichen Gebrauch nicht einschlägig.

Das UN-Kaufrecht regelt die rechtlichen Aspekte eines Kaufvertrages nicht umfassend. Es enthält beispielsweise keine Vorschriften über die Verjährung von Ansprüchen und über die Produzentenhaftung. In diesen Bereichen bleibt daher das jeweils anwendbare innerstaatliche Recht maßgeblich. Sollte portugiesisches Recht auf den Vertrag Anwendung finden, greift insbesondere das portugiesische Código Civil. Sofern die Vertragsparteien keine Rechtswahl getroffen haben, findet auf Kaufverträge über bewegliche Sachen das Recht des Staates Anwendung, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Als Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes gilt im Falle von juristischen Personen der Sitz der Hauptverwaltung. Haben die Vertragsparteien somit keine Rechtswahl getroffen und hat der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Portugal, findet auf den Warenkaufvertrag portugiesisches Recht Anwendung.

Es ist auf zwei sehr wichtige Aspekte hinzuweisen: I) Die Vertragsparteien können die Anwendung des UN-Kaufrechts im Vertrag ausdrücklich ausschließen, sodass es bei der Anwendung der nationalen Vorschriften des anwendbaren Rechts bleibt. In der Regel erfolgt der Ausschluss zusammen mit einer Rechtswahl, wie z. B. „Dieser Vertrag unterliegt dem portugiesischen Recht mit Ausschluss des UN-Kaufrechts“; II) wenn im Vertrag nur die Anwendung des portugiesischen Rechts vereinbart wurde, führt dies hingegen nicht zum Ausschluss des UN-Kaufrechts, da das UN-Kaufrecht Teil des portugiesischen Rechts, wie das nationale Código Civil, ist.

2. Inhalt des UN-Kaufrechts

a) Vertragsabschluss

Ein Vertrag nach dem UN-Kaufrecht kommt durch Angebot und Annahme zustande. Dafür ist grundsätzlich keine besondere Form vorgeschrieben, somit kann ein Vertrag in der Regel auch mündlich geschlossen werden. In inhaltlicher Hinsicht muss ein Angebot bestimmt genug sein und den Willen des Anbietenden zum Ausdruck bringen, im Falle der Annahme an das Angebot gebunden zu sein. Ein Angebot ist bestimmt genug, wenn es die Ware bezeichnet und ausdrücklich oder stillschweigend die Menge und den Preis festsetzt oder beides aufgrund des Angebotes zumindest bestimmbar ist.

Anders als im portugiesischen Recht kann ein Angebot grundsätzlich widerrufen werden, sofern der Widerruf dem Empfänger zugeht, bevor dieser die Annahmeerklärung abgesandt hat. Eine Erklärung oder ein sonstiges schlüssiges Verhalten des Empfängers, das eine Zustimmung zum Angebot ausdrückt, stellt eine Annahme dar. Schweigen oder Untätigkeit stellen dagegen grundsätzlich keine Annahme dar. Vorsicht geboten ist im UN-Kaufrecht bei einer Willenserklärung, mit der ein Angebot angenommen werden soll, die tatsächlich aber eine Ergänzung oder Abweichung zum Angebot enthält ist. Handelt es sich bei den Änderungen lediglich um solche unwesentlicher Art, ist – anders als im portugiesischen Recht – von einer Annahme und somit vom Zustandekommen des Vertrages zu den Bedingungen des Annehmenden auszugehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vertragspartner unverzüglich widerspricht. Ergänzungen oder Abweichungen, die sich auf Preis, Bezahlung, Qualität und Menge der Ware, auf Ort und Zeit der Lieferung, auf den Umfang der Haftung der einen Partei gegenüber der anderen oder auf die Beilegung von Streitigkeiten beziehen, werden als wesentliche Änderung und damit als ein neues Angebot angesehen.

b) Einbeziehung von AGB

Sämtliche AGB-Bestimmungen, die Bestandteil eines Angebotes sein sollen, müssen dem Vertragspartner tatsächlich übermittelt worden sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass AGB mit dem Angebot körperlich verbunden sein müssen oder die AGB von beiden Vertragsparteien zu unterzeichnen sind. Andererseits kann die Übermittlung von AGB im Einzelfall dann entbehrlich sein, wenn der Vertrag im Rahmen einer von beiden Vertragsparteien kontinuierlich praktizierten Geschäftsbeziehung geschlossen wird und Einvernehmen über die Einbeziehung der AGB besteht. Im Streitfall obliegt jedoch dem Verwender der AGB der Nachweis, dass diese Bestandteil des Vertrages wurden.

c) Pflichten des Verkäufers

Der Verkäufer ist insbesondere dazu verpflichtet, die verkaufte Ware zu liefern, die sie betreffenden Dokumente zu übergeben und das Eigentum an der Ware zu übertragen.

Das UN-Kaufrecht geht grundsätzlich vom Versendungskauf aus. Seiner Pflicht, dem Käufer die Ware zu liefern, ist der Verkäufer nachgekommen, wenn er die Ware dem ersten Beförderer zur Übermittlung an den Käufer übergeben hat. Infolgedessen geht die Gefahr des Untergangs oder der Beschädigung bereits zu diesem Zeitpunkt auf den Käufer über. Im Falle einer vertraglichen Vereinbarung über die Versendung ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln, ob damit lediglich eine Regelung über die Kostentragung oder aber eine regelrechte Bringschuld des Verkäufers geschuldet sein soll. Zur Vermeidung von Unklarheiten bei der Vertragsauslegung empfiehlt es sich, ausdrücklich und eindeutig zu vereinbaren, welche Regelung von den Vertragsparteien tatsächlich gewollt ist. Der Verkäufer hat Ware zu liefern, die in Menge, Qualität und Art sowie hinsichtlich der Verpackung der vertraglichen Einigung entspricht. Haben die Vertragsparteien diesbezüglich nichts vereinbart, sind für die Beurteilung der Frage der Mangelfreiheit allgemeine Maßstäbe zugrunde zu legen. Zudem muss die Ware zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Rechten und Ansprüchen Dritter sein. Voraussetzung einer Haftung des Verkäufers ist eine vorherige Rüge des Käufers. Dieser muss die Ware innerhalb einer so kurzen Frist selbst untersuchen oder untersuchen lassen, wie es die Umstände erlauben. Die Bemessung der Frist ist individuell zu bestimmen. In den meisten Fällen sind dafür ein bis zwei Wochen ausreichend. Im Einzelfall, insbesondere bei verderblichen Waren oder bei offenkundigen Mängeln, kann die Frist aber auch deutlich kürzer ausfallen. Die Frist beginnt mit dem Eintreffen der Ware beim Käufer zu laufen. Hat der Käufer die Mangelhaftigkeit der Ware nicht oder nicht rechtzeitig gerügt, hat er dafür jedoch eine „vernünftige Entschuldigung“, kann er dennoch den Kaufpreis herabsetzen oder Schadensersatz – mit Ausnahme des entgangenen Gewinns – verlangen.

Unabhängig von der Frage einer angemessenen Frist verliert der Käufer seine Gewährleistungsrechte, wenn er die Vertragswidrigkeit nicht innerhalb von zwei Jahren nach tatsächlicher Übergabe der Waren an seine Person anzeigt.

d) Pflichten des Käufers

Der Käufer ist verpflichtet den Kaufpreis zu bezahlen und die Ware abzunehmen. Die Zahlung hat, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, am Sitz des Verkäufers zu erfolgen. Sofern die Zahlung per Überweisung erfolgt, gilt sie somit erst dann als erfolgt, wenn der Kaufpreis auf dem Konto des Verkäufers gutgeschrieben wurde. Kommt der Käufer seiner Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises und Abnahme der Kaufsache nicht nach oder wird eine fehlende Zahlungsfähigkeit bereits vor der Fälligkeit der Zahlung offensichtlich, so stehen dem Verkäufer mehrere Rechtsbehelfe zur Verfügung.

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