Erwerb der portugiesischen Staatsangehörigkeit (Stand Juli 2020)

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Die Staatsangehörigkeit gehört zum klassischen Nationalstaat. In der Europäischen Union kommt es grundsätzlich nicht mehr darauf an, welche Staatsangehörigkeit man hat. Eine Reihe von Rechten ist in Portugal jedoch weiterhin den Portugiesen vorbehalten. Rechtsanwalt und Advogado Dr. Alexander Rathenau erläutert, um welche Rechte es sich dabei handelt und wie die portugiesische Staatsbürgerschaft erworben werden kann.

Aktualisierter Artikel zum Erwerb der portugiesischen Staatsangehörigkeit (Artikel vom 08/2016)

Wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union hat (sog. Unionsbürgerschaft), besitzt in Portugal grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten, wie ein Portugiese. An die Unionsbürgerschaft sind verschiedene Rechte gekoppelt. Die Personenfreizügigkeit bezeichnet die Freiheit, in einem anderen EU-Land als dem Heimatland zu wohnen und zu arbeiten. Von großer praktischer Bedeutung ist außerdem das Diskriminierungsverbot. Damit ist jegliche rechtliche Schlechterstellung des Unionsbürgers gegenüber Inländern untersagt. Unionsbürger können in Portugal an den Kommunalwahlen aktiv und passiv teilnehmen und besitzen Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament. Zudem stellen die Auslandsvertretungen und Konsulate in Portugal diplomatischen Schutz (auf konsularischer Ebene). Jedoch gibt es immer noch Rechte, die nur Portugiesen zustehen. So ist beispielsweise die portugiesische Staatsangehörigkeit obligatorische Zugangsvoraussetzung für bestimmte Berufsgruppen wie z. B. das Richteramt. Für den Beruf des Notars ist die portugiesische Staatsangehörigkeit infolge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr zwingend. Mit Erwerb der portugiesischen Staatsbürgerschaft hat man zudem die Möglichkeit portugiesisches Recht bei Familienangelegenheiten anzuwenden (Besp. Geburt, Name, Ehe, Erbe). Das sog. Internationale Privatrecht, d.h. die Regelungen, die bestimmen, welches Recht Anwendung findet, stellt vereinzelnd noch auf die Staatsangehörigkeit ab. Aber auch aus nichtjuristischen Gründen kann der Erwerb der portugiesischen Staatsangehörigkeit von Interesse sein. Die Vorlage des Passes („Der Pass ist das edelste Stück des Menschen“) kann etwaigen Diskriminierungen vorbeugen bzw. der Integration in Portugal beitragen. Für tausende von Flüchtlingen, die keine Papiere haben, ist der Erwerb eines Passes von großer Bedeutung.

Die portugiesische Staatsangehörigkeit wird entweder originär oder durch Einbürgerung erworben.

Portugiesen mit originärer Staatsangehörigkeit sind:

a) die auf portugiesischem Staatsgebiet geborenen Kinder eines portugiesischen Vaters oder einer portugiesischen Mutter;

b) die im Ausland geborenen Kinder portugiesischer Eltern, die sich dort im Dients des portugiesischen Staates befinden;

c) die im Ausland geborenen Kinder eines portugiesischen Vaters oder einer portugiesischen Mutter, wenn sie die Erklärung abgegeben haben, Portugiesen sein zu wollen, oder die Geburt in das portugiesische Personenstandsregister eintragen lassen;

d) die im Ausland geborenen Kinder mit mindestens einen portugiesischen Vorfahren 2. Grades in gerader Linie, die erklären Portugiesen werden zu wollen und die Geburt in das portugiesische Personenstandsregister eintragen lassen. Eine effektive Verbindung zu Portugal (zur sog. „comunidade nacional“) muss zudem bestehen;

e) die in Portugal geborenen Kinder ausländischer Eltern, solange ein Elternteil in Portugal geboren wurde und zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes in Portugal seinen gewöhnlichen Wohnsitz hatte;

f) die in Portugal geborenen Kinder ausländischer Eltern, die nicht für ihr Heimatland beruflich tätig sind und zum Zeitpunkt der Geburt mindestens ein Elternteil rechtmäßig seit mindestens zwei Jahren in Portugal seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat (solange die Kinder nicht selber durch Erklärung die portugiesische Staatsangehörigkeit ablehnen);

g) die in Portugal geborenen Kinder, die keine andere Staatsbürgerschaft besitzen.

Ausländer, die mit einem portugiesischen Staatsangehörigen länger als 3 Jahre verheiratet sind, können die portugiesische Staatsbürgerschaft mit Abgabe einer Erklärung erwerben. Der Ausländer, der zum Zeitpunkt der Erklärung seit mehr als 3 Jahre in einer faktischen Lebensgemeinschaft mit einem portugiesischen Staatsangehörigen lebt, kann die portugiesische Staatsangehörigkeit erst nach gerichtlicher Anerkennung erwerben. Wer von einem portugiesischen Staatsangehörigen adoptiert wurde (Volladoption) erwirbt ebenso die portugiesische Staatsangehörigkeit.

Der Erwerb der portugiesischen Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung setzt voraus:

a) die Volljährigkeit,

b) einen rechtmäßigen gewöhnlichen Wohnsitz in Portugal seit mindestens fünf Jahren,

c) den Nachweis, dass man über ausreichende Kenntnisse der portugiesischen Sprache verfügt und

d) den Nachweis, dass man nicht wegen der Begehung einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt wurde.

e) Ferner darf vom Antragsteller keine Gefahr oder Bedrohung für die innere Sicherheit ausgehen.

Minderjährige, die in Portugal geboren wurden und deren Elternteile ausländische Staatsbürger sind, können Portugiesen werden, solange die oben unter c), d) und e) genannten Voraussetzungen vorliegen und eine der nachstehenden Voraussetzungen gegeben ist:
I) eines der Elternteile hatte in Portugal seinen gewöhnlichen Wohnsitz über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren vor dem Zeitpunkt der Antragstellung und/oder
II) der Minderjährige hat in Portugal mindestens die neunte Klasse oder das Abitur absolviert.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass wer nicht kraft Abstammung von einem portugiesischen Elternteil oder Geburt in Portugal im Besitz der originären portugiesischen Staatsangehörigkeit ist, kann diese durch Volladoption durch einen portugiesischen Adoptierenden, Eheschließung oder eine faktische Lebensgemeinschaft mit einem/er Portugiesen/in sowie durch Einbürgerung unter den oben genannten Voraussetzungen erwerben. Die Staatsangehörigkeit kann durch eine portugiesische Geburtsurkunde oder einen auf Antrag vom Zentralregister ausgestellten Staatsangehörigkeitsausweis nachgewiesen werden. Wer die portugiesische Staatsangehörigkeit erwirbt und seine ausländische behält, sollte beachten, dass für alle rechtlichen Zwecke in Portugal seine portugiesische Staatsangehörigkeit der ausländischen vorgeht. Das portugiesische Recht lässt die doppelte Staatsangehörigkeit zu. Der Erwerb der portugiesischen Staatsangehörigkeit führt seit dem 28.08.2007 nicht mehr zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit.

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